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14. „Pauls Portables Planetarium“ mit Sonnenbeobachtung

Gestern Abend hat alles gepasst. Zur Sommerausgabe von „Pauls Portables Planetarium“, das 4 Mal im Jahr im Deutschen Museum Bonn stattfindet, wurde zur Einstimmung auf Paul Hombachs Sonnen-Vortrag vor der Museumstür Sidewalk Solar Astronomy geboten. Geplant waren nur 2 Teleskope, doch letztlich wurden 4 Instrumente zur Sonnenbeobachtung aufgebaut; sogar Paul Hombach baute seinen Refraktor mit Sonnenprojektion auf. Unsere sonnige Star-Party war wirklich gut besucht (weitere Fotos der Aktion gibt’s von Daniel Fischer); Jung und Alt staunten am Okular über ein paar gut sichtbare Protuberanzen und zwei erdgroße bipolare Sonnenfleckenpaare (Bild 6, 3 Stunden vor dem Vortrag aufgenommen) auf der Sonne. Unter den interessierten Besuchern waren auch einige Schüler des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums (EMA), die durch ihren Physiklehrer Udo Wernick im Rahmen einer Projektwoche auf den gestrigen Vortrag hingewiesen wurden. Auch die Presse in Form des „General-Anzeiger Bonn“ mischte sich unter die Sonnenbeobachter und warf ebenfalls kurz einen Blick durch’s Okular (Bild 5, ganz links sowie sein Artikel), und wie man sieht, kam sogar eine Finsternisbrille zum Einsatz.

Um 19:00 Uhr begann schließlich der Vortrag, bei dem diesmal sogar Gäste des Deutschen Museums in München im Publikum saßen. Anderthalb Stunden gab’s wieder bestes Astrotainment vor dem Teilchenbeschleuniger (der bald Mittelpunkt einer neuen Ausstellung ist) des Technikmuseums. In dem bunten Sommerspecial fehlte natürlich auch nicht der Hinweis auf die weltweite Aktion am kommenden Freitagabend: „Winkt dem Saturn“. Und auch bei diesem Astroabend hatte Hobbyastronom und Springmaus-Pianist Paul Hombach sein Keyboard dabei (Bild 7) und untermalte mit tollen Syntie-Klangteppichen wunderbare Nachtleuchtende Wolken im Zeitraffer und das Teleskopkarussell von ALMA. „Pauls Portables Planetarium“ gibt’s wieder am 05. November – hoffentlich mit ähnlich gutem Wetter und vielen neugierigen Besuchern.

17.07.2013

Dunkelblaue Farbe von Exoplanet HD 189733b bestätigt

ESA, NASA, Giovanna Tinetti, Martin Kornmesser

„Die Analyse des Lichts des Sterns HD 189733 ergab, dass der ihn umkreisende Exoplanet eine dunkelblaue Version von Neptun sein könnte.“ Das schrieb ich 2010 in einem Artikel, und nach den ersten Hinweisen liegen nun neue Ergebnisse vor, nach denen die 63 Lichtjahre entfernte Welt tatsächlich ein dunkelblau gefärbter Gasplanet sein soll. Eine Forschergruppe stellt dies aktuell in einem Fachartikel („deep, dark blue“) und in einer Presseveröffentlichung („deep, azure blue“) vor. Für die Untersuchung wurde am 20. Dezember 2012 der 7,7mag helle Stern mit dem Hubble-Weltraumteleskop angepeilt, während vier Orbits wurden dann mit dem STIS-Spektrografen 102 Spektren in fast vier Stunden Beobachtungszeit aufgenommen. Beobachtet wurde nicht die Transitphase des (unsichtbaren) Planeten, sondern die sekundäre Bedeckung, wenn also der umkreisende Gasriese fast vom Stern selbst bedeckt wird. Das Spektrum von HD 189733 mit einer zusätzlich Sternlicht reflektierenden Planetenoberfläche sieht anders aus, als ein Spektrum ohne ein begleitendes Objekt im System. Das lässt sich tatsächlich nachweisen, so dass sich HD 189733b im Sternspektrum bemerkbar macht.

Bei der Auswertung der Spektren – aufgenommen zwischen 290 (UV-Bereich) und 570 Nanometer (sichtbares Licht) – fand das Team einen signifikanten Anstieg des Rückstrahlungsvermögens bei kurzen Wellenlängen: Im UV-Bereich liegt die Albedo bei 40 Prozent, während es im grüngelben Teil des Optischen weniger als 12 Prozent sind. Etwas in der Planetenatmosphäre sorgt dafür, dass sie im Ultravioletten viel mehr Sternlicht reflektiert und damit heller erscheint. Glastropfen aus Magnesium-Silikaten, die mit 7.000 Stundenkilometern durch die über 1.000 Kelvin heiße Gashülle getrieben werden, hält man u.a. für wahrscheinlich. Mineralien wie diese sollen das Licht des Heimatsterns so streuen, dass der Gasplanet mit bloßem Auge dunkelblau erscheinen würde. Hell dagegen erscheint temperaturbedingt der Fleck – Hot Spot genannt -, der immer in Richtung Stern weist, da der Planet wie der Mond eine gebundene Rotation hat. „Our best-fit albedo values imply that HD 189733b would appear a deep blue color at visible wavelengths.“ Im Gegensatz dazu entsteht Neptuns blaue Atmosphäre durch Methan, das den Rotanteil des Sonnenlichts absorbiert und das Blau streut.

12.07.2013

Im StarTalk mit … Anna Frebel

Wie man sich über eine Spektrallinie des Elements Europium freuen kann, weiß Astrophysikerin Anna Frebel nur zu gut. Es war gewissermaßen ein besonderes Geschenk zu ihrem 25. Geburtstag, denn während sie noch an ihrer Doktorarbeit schrieb, begann damit im April 2005 die Entdeckungsgeschichte zu ihrem zweiten Rekordstern. Allein über die Analyse des Lichts des 11,1mag schwachen HE 1523-0901 entdeckte sie den bis dato ältesten Stern – mit einem Alter von rund 13,2 Milliarden Jahren. Ebenso spannend war auch ihre Entdeckung des metallärmsten Sterns, die im April 2003 begann.

Und der Zauber der Sterne lässt die als stellare Archäologin oder als „Trulla mit den metallarmen Sternen“ bekannte Sternforscherin immer noch nicht los. So erschien 2012 ihr erstes Buch „Auf der Suche nach den ältesten Sternen“, in dem sie neben viel Theorie auch ganz persönliche Erlebnisse ihrer Arbeit in Australien am Siding Spring und in Chile am Las Campanas schildert. So wird die Astronomie als Beruf nochmal besonders lebendig. Und da mich Sterne aller Art und ihre Entwicklung seit vielen Jahren ebenso völlig begeistern, freue ich mich besonders, dass sich MIT-Astrophysikern Anna Frebel etwas Zeit für einige StarTalk-Fragen genommen hat. Hier bei Youtube oder hier in einem Podcast erfährt man außerdem noch mehr über ihre Arbeit.

13 Fragen an Anna Frebel …

  • Sie widmen Ihr Buch den Frauen in der Wissenschaft. Welche sind Ihre persönlichen Vorbilder?

Generell habe ich mich schon immer für Frauen in der Wissenschaft interessiert, da ich es interessant fand was sie erfoscht haben, aber auch wie sie gelebt haben und wie mit ihnen in der Gesellschaft umgegangen wurde. Da die meisten es zu ihren Zeiten nicht einfach hatten (Caroline Herschel, Lise Meitner, Marie Curie, Annie Jump Cannon, Jocelyn Bell Burnell, etc.), bin ich froh, dass ich heute in einer Welt lebe, in der es etwas einfacher ist, auch wenn Frauen in der Wissenschaft und auch der Gesellschaft oft immer noch benachteiligt werden. Diese Frauen dienen uns deshalb als Vorbild, da sie sich trotz aller Hürden nicht davon abbringen ließen, das zu tun, wozu sie motiviert waren, worin sie gut waren und worin sie ihre Aufgabe sahen: nämlich Forschungsarbeit in den Naturwissenschaften.

  • Welche Frau der Wissenschaftsgeschichte hätten Sie gerne einmal kennengelernt?

Marie Curie auf jeden Fall. Schon als Jugendliche habe ich ihre Biografie gelesen und ich fand ihre Entdeckungen und ihre Lebensgeschichte wahnsinnig spannend. Aber auch mit Annie Jump Cannon hätte ich mich gerne einmal über Sternklassifizierungen unterhalten und wie die Arbeit damals am Harvard College Observatory war (ich war ja von 2009 bis Ende 2011 selbst als Postdoc dort tätig, allerdings heisst das Zentrum dort heute Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics).

  • Heute können Astronomen ihre Beobachtungen vom warmen Büro aus durchführen und haben das Spektrum direkt auf dem Bildschirm. Als vor 100 Jahren die ersten Großteleskope entstanden, wurde noch in kalten Sternwartenkuppeln mit Fotoplatten gearbeitet und Spektren untersuchte man mit einem Mikroskop. 1913 oder 2013: Was wäre Ihre Wahl?

2013 natürlich! Die Teleskope sind ja inzwischen viel größer! Beobachten ist aber auch heute nach ziemlich anstrengend. Im Winter sind die Nächte mehr als 12 Stunden lang und mit Vorbereitungen und Essen bleibt kaum Zeit zum Schlafen. Bei meinem letzten Beobachtungs-Run hatte ich im Schnitt 5 Stunden pro Tag für 5 Tage. Wenn ich dann noch mit Fotoplatten im eiskalten Dom hätte hantieren müssen, wäre ich wohl irgendwann einfach umgefallen.

 

  • Bei Ihren nächtlichen Beobachtungen wird auch schon mal Musik laut aufgedreht. Zum Beispiel?

Inzwischen sind das alle möglichen gesammtelten Werke. Früher habe ich aber immer gern den Amelie-Soundtrack und verschiedene australische Bands gehört.

  • Je metallärmer, desto älter muss ein Stern sein. Das Alter von HE 1523-0901 (Fe/H = -2,95) haben Sie zu 13,2 Milliarden Jahren bestimmt. Wieviel älter wird dann Ihr zweiter Rekordstern HE 1327-2326 (Fe/H = -5,6) sein?

Das Alter für HE 1327-2326 können wir leider nicht bestimmen. Der Stern enthält keine messbaren Mengen von radioaktiven Elementen, da er anscheinend aus einer anderen Gaswolke als HE 1523-0901 entstanden ist. Da bleibt uns nur die Eisenhäufigkeit übrig und das Argument, dass der Stern aufgrund seiner so geringen Eisenhäufigkeit sehr alt sein muss. Diese winzige Menge ist nämlich schon fast mehr als das, was in einer Supernovaexplosion synthetisiert wird. Es ist also durchaus möglich, dass HE 1327-2326 der zweiten Sterngeneration angehört und somit dann wohl 13 bis 13,5 Milliarden Jahre alt ist. Aber messen kann man das leider nicht.

  • Wie beurteilen Sie die aktuelle Arbeit von Bond et al. zu HD 140283 (Fe/H = -2,4), nach der der Stern vermutlich sogar 13,7 Milliarden Jahre alt sein soll?

Den Stern HD 140283 kenne ich sehr gut, denn er wurde schon um 1950 entdeckt und wird von mir und anderen regelmäßig beobachtet und oft als Vergleichs- und Teststern genutzt. Es ist natürlich toll, dass für diesen Stern ein Alter bestimmt werden konnte! Allerdings nicht über die radioaktiven Elemente wie bei HE 1523-0901, sondern über ganz genaue Bestimmungen der stellaren Parameter wie Oberflächentemperatur, Schwerebeschleunigung an der Oberfläche und natürlich die Eisenhäufigkeit. Diese Parameter beschreiben den Stern und seinen Entwicklungszustand. Wenn man die gemessenen Werte mit Modellrechnungen zur Sternentwicklung vergleicht, kann dann das Alter – sprich den ganz genauen Entwicklungszustand – bestimmt werden. Das klappt aber nur für wenige ganz helle Sterne. Da HD 142083 sehr hell ist (7,2mag) war das eben möglich (sonst wäre er kaum schon um 1950 entdeckt worden). Genauso wie wir Messunsicherheiten mit der Vermessung der radioaktiven Elemente in Sternen wie HE 1523-0901 haben, gibt es bei dieser Methode natürlich auch Unsicherheiten, vor allem mit den Modellen. Alles in allem können wir aber annehmen, dass alle diese metallarmen Sterne sehr alt sind, also fast so alt wie das Universum selbst – ganz egal, ob da radioaktives Material im Stern von einer Vorgänger-Supernova ist oder nicht. Diese Bestätigung ist also sehr willkommen und zeigt, dass unsere Annahme, dass metallärmere Sterne äter sind als metallreichere, in der Tat stimmt!

  • Sie haben mal gesagt: „Beim Blick in den Himmel kann man (mit oder ohne Teleskop) unendlich viel staunen!“ Worüber staunt eine Astrophysikerin wie Sie – angesichts von Hitech-Spektrografen, Riesenspiegeln und Algorithmen – beim Anblick des Nachthimmels?

Na, dass es so viele Sterne am Himmel gibt, natürlich! Und dass es einfach so schön ist, die Milchstrasse so prächtig erleben zu können und das galaktische Zentrum direkt über sich zu haben. Das ist so hell, da braucht man keine Taschenlampe mehr!

Spektralanalyse heute: Eine Beobachtungsnacht im September 2012

  • Vor 200 Jahren entdeckte Fraunhofer im Sonnenlicht den Schlüssel zur Astrophysik. Für mich ist es die fantastischste Sache, dass man alles aus den Eigenschaften der Spektrallinien weit entfernter Lichtpunkte ablesen kann – von durch Planetenmaterial verschmutzten Weiߟen Zwergen, über die Verteilung von Sternflecken mit ihren Magnetfeldern, bis zur Charakterisierung von Exoplaneten-Atmosphären.

Genau! Das haben wir der Physik zu verdanken. Sonst wäre ich wohl arbeitslos, denn ich bin ja Spektroskopikerin.

  • Kepler wusste noch nichts von der Analyse von Sternspektren, schrieb aber bereits: „Mir kommen die Wege, auf denen die Menschen zur Erkenntnis der himmlischen Dinge gelangen, fast ebenso bewunderungswürdig vor wie die Natur dieser Dinge selber.“

Ja, es ist schon erstaunlich wie Wissenschaftler Sachen über unsere Welt und den Kosmos herausfinden! Aber das ist ja, was den Spaß an der Forschung bringt, nämlich sich Experimente auszudenken, mit denen etwas Neues gefunden werden kann.

  • Woran arbeiten Sie gerade ganz aktuell?

Verschiedene Sachen: Von Analysen alter Sterne in der Milchstraße und in Zwerggalaxien, über Theorien zur Sternentstehung im frühen Universum und zu kosmologischen Simulationen, um die Lebenswege der 13 Milliarden Jahre alten Sterne nachvollziehen zu können.

Einer von sieben Hauptspiegeln für das GMT (April 2013); Ray Bertram, University of Arizona

Genau! Zumindest planen wir diesen Spektrografen momentan fuer das 25 Meter große Giant Magellan Telescope (GMT) [Bild 1 und 3], welches etwa ab 2020 auch in Chile auf dem Nachbarberg zu den beiden Magellan-Teleskopen stehen soll. Damit können wir dann hoffentlich sehr viel weiter in den Halo der Milchstraße hinausschauen, um unsere Galaxie und ihre Entwicklungsgeschichte noch besser zu verstehen.

  • Welches sind Ihre unvergesslichsten Astroerlebnisse?

Die Entdeckungen und Entdeckungsgeschichten meiner wichtigsten Sterne. Nachts die Milchstraße von der südlichen Halbkugel aus anzuschauen (während langer Belichtungszeiten in Chile). Nach Australien und die USA zu ziehen (für die Astronomie) und alle meine Reisen um den Erball zu Konferenzen und für Beobachtungen.

  • Das Universum in einem Satz:

Ziemlich groß, ziemlich spannend und es gibt noch jede Menge Details zu erforschen!

Vielen Dank für das Interview!

23.06.2013

„Kometenzeit in Bonn“: Zwei Monate für ISON

Wie im Nachbarblog „Bonner Sterne“ schon erwähnt wurde, haben Bonner Profi- wie  Hobbyastronomen für den mit Spannung erwarteten Kometen ISON (C/2012 S1) bereits ein großes Veranstaltungsprogramm unter dem Titel „Kometenzeit in Bonn“ auf die Beine gestellt. Wie diese neuesten Aufnahmen zeigen, hatte der Schweifstern im Frühjahr zwar erst eine Helligkeit von 16,5 bis 15,5mag, doch Ende November soll er dann bis zu 100 Millionen Mal heller am Himmel stehen. Der kurz nach seiner Entdeckung als Jahrhundertkomet beworbene ISON wird nach der aktuellen Datenlage kein vollmondhelles Objekt, aber dennoch ein sehenswertes Objekt für’s bloße Auge bei dunklem Himmel oder Fernglas unter Stadthimmel werden; die derzeit erwartete Spitzenhelligkeit von -3 bis -5,0mag – immerhin Venushelligkeit! – erreicht der Komet direkt neben der Sonne, was nur mit der richtigen Technik zu machen sein wird. Ein so heller Sonnenstreifer (Sungrazer) ist schon was sehr seltenes, aber sicher nur den Profis unter den Astrofotografen vorbehalten.

Für Bonn gibt es außerdem schon einen Fahrplan, eine erste Übersicht zur Sichtbarkeit von ISON. So sind für die „Kometenzeit in Bonn“ natürlich auch öffentliche Beobachtungen geplant und die Termine stehen schon fest: Während seiner hellsten Phase ist ISON leider ein Komet der Morgendämmerung und in der zweiten Dezemberhälfe wird seine Helligkeit wieder abgenommen haben, steht dann aber höher am Abendhimmel. Schauen sie bei klarem Himmel einfach mal vorbei. Aber auch tagsüber gibt es genug über die Welt der Kometen zu entdecken und so bietet der Veranstaltungskalender zur „Kometenzeit in Bonn“ wirklich ein umfangreiches Programm – und bis auf drei Vorträge ist alles kostenfrei! Am 03.11. wird sie mit dem Tag der offenen Tür der Volkssternwarte Bonn (VSB) gestartet, anschließend gibt es zwei Monate lang viele weitere „kometenhafte“ Termine (u.a. „Kinder basteln Kometen“ am 17.11. und 08.12., ein unterhaltsames Science-Café am 03.12., eine Kometenausgabe von „Pauls Portables Planetarium“ am 05.11. und ein Vortrag von Kometen-Autor Uwe Pilz am 14.11.) und am 10.01. folgt schließlich im Rahmen des VSB-Planetenseminars eine Abschlussveranstaltung. Da bleibt mir nur noch zu sagen: Viel Spaß mit der Bonner Kometenzeit bei hoffentlich viel klarem Himmel!

22.06.2013

„Winkt dem Saturn“: Interplanetare Fotosession mit Cassini

Für ein neues Portrait der Erde aus Cassinis Umlaufbahn um Saturn hat sich die NASA einen besonderen Gag einfallen lassen. Wie über eine gestrige Pressemeldung – eine Projektseite und den dazugehörigen Twitter-Hashtag #DayTheEarthSmiled gibt’s auch schon – zu erfahren ist, soll man bei einer weltweiten Aktion dem 1,4 Milliarden Kilometer fernen Saturn zuwinken. Stattfinden soll das am 19. Juli zwischen 23:27 und 23:42 MESZ. Auch die Lichtlaufzeit wurde berücksichtigt und so wird 80 Minuten später Cassini während dieser 15 Minuten ein weiteres Saturnpanorama aufnehmen. Wie die Simulation zeigt, steht der Erdball rechts unterhalb des Ringsystems, vielleicht sind sogar noch Venus und Mars auf dem fertigen Mosaik zu sehen. „It will be a day for people all over the globe to celebrate together the extraordinary achievements that have made such an interplanetary photo session possible“, schreibt Carolyn Porco, Leiterin des Imaging Teams der Cassini-Mission. „Of course Carl would have loved it!“ Gemeint ist natürlich die erst durch Carl Sagan entstandene und als „Pale Blue Dot“ bekannte Aufnahme unseres blauen Heimatplaneten – 1990 fotografiert von Voyager 1 aus 6 Millarden Kilometer Entfernung.

Für den Bonner Raum steht Saturn zum Zeitpunkt der interplanetaren Fotosession zwar nur noch 12 Grad hoch im Südwesten, aber dennoch kam schnell die Idee auf, ob dies Anlass für öffentliche Beobachtungen wäre – sozusagen mit einem Wir-winken-Cassini-Flashmob.

19.06.2013

Arkyd-100: Das „ungewöhnlichste Teleskop der Raumfahrtgeschichte“

Modell des Arkyd-100 neben Peter Diamandis, Gründungsmitglied von Planetary Resources; geekwire.com

Was haben Star Wars bzw. die Klonkriege und das erste Weltraumteleskop für jedermann gemeinsam? Nach Arakyd, einer imperialen Firma für Droiden und Waffensysteme, hat das in Seattle angesiedelte Unternehmen Planetary Resources ihre Projektserie Arkyd benannt. Unter dem Namen Arkyd-100 plant die 2010 gegründete US-Firma ein Billig-Weltraumteleskop für alle per Crowdfunding. Die konkrete Idee wurde Ende Mai mit einem schnell geschnittenen Werbespot vorgestellt und seit dem kamen von 1.000 Enthusiasten schon knapp 900.000 Dollar zusammen (100.000 Dollar allein in den ersten zwei Stunden). Da die Crowdfunding-Aktion noch 16 Tage läuft, kann man schon jetzt davon ausgehen, dass die benötigten eine Million Dollar zusammenkommen werden und das erste Bürger-Weltraumteleskop realisiert wird. Das „ungewöhnlichste Teleskop der Raumfahrtgeschichte“, ein kompaktes Gerät mit 8 Zoll Öffnung, könnte dann vielleicht schon 2015 in eine Erdumlaufbahn starten.

14.06.2013

1971: Die Geburt des Planetarischen Nebels CRL 618

Das kompakte Objekt CRL 618 im Sternbild Fuhrmann stand auch schon mal auf meiner Beobachtungsliste, ohne jedoch wirklich eine Ahnung zu haben, welche Helligkeit es eigentlich haben soll. Mittlerweile weiß ich, dass der 18,0mag schwache Exot sogar mit 20 Zoll Öffnung unsichtbar bleibt und selbst der erfahrene Deep-Sky-Beobachter Reiner Vogel schreibt „tauchte mit 22″ bei 500x indirekt immer wieder am Rand der Wahrnehmung auf“. Da kann ich ja mit dem 14,5-Zöller lange suchen. Manche Objekte – seien sie noch so interessant – bleiben dann doch den Profis oder zumindest den Astrofotografen vorbehalten. Meist wird CRL 618 in der Literatur als Protoplanetarischer Nebel (PPN) klassifiziert, wie nun aber Astronomen aus Schweden und Mexiko mit ihrer Veröffentlichung zeigen, hat die Verwandlung in einen Planetarischen Nebel bereits begonnen – vor nämlich 42 Jahren. Mit diesem Objekt ist somit die „kurze“ Übergangsphase quasi in Echtzeit beobachtbar.

Außer einer bipolaren Stuktur, zeigt das obige HST-Bild einen orangefarbenen Knoten etwa mittig zwischen den länglichen Nebelmassen. Es ist der typische Farbton der H-alpha-Emission (Entstehung durch Anregung des Wasserstoffs), was bereits erkennen lässt, dass hier die Ionisation schon begonnen hat. Mit der Untersuchung von 1982, 1983, 1990, 1992, 1995, 1998 und 2007 mit dem VLA in New Mexico aufgenommenen Radiodaten dieses zentralen Knotens, erhielten die Astronomen einen Einblick in die dynamische Entwicklung von CRL 618. Mit den Daten bei Frequenzen von 22 GHz (1,3cm Wellenlänge) und zusätzlich 5 GHz (6cm Wellenlänge) stellten sie fest, mit welcher Rate die Größe der Quelle zunnimmt, so dass sich daraus als Beginn dieser Entwicklung das Jahr 1971 errechnen ließ. Wie außerdem jüngst eine andere Arbeit zeigte, sind die länglichen Nebelfilamente vermutlich auch erst in einem Zeitraum von 100 bis 200 Jahren entstanden. Und in wenigen Jahrhunderten wird aus dem heutigen Reflektionsnebel, in dem die Ionisation eben erst begonnen hat, ein leuchtender bipolarer Planetarischer Nebel wie der klassische NGC 6302 geworden sein – sichtbar schon in Teleskopen mit mittlerer Öffnung.

23.06.2013

Neueste Darstellung unserer kosmischen Nachbarschaft – in 3D und animiert

Wer sich für Karten unserer kosmischen Nachbarschaft interessiert und wissen möchte, wo wir zwischen all den riesigen Superhaufen, gigantischen Filamenten und den Voids genannten Leerräumen zu Hause sind, der sollte sich unbedingt den oben verlinkten 17-minütigen Clip anschauen. Der „Kosmografie des lokalen Universums“ betitelte animierte Film, der mit französischem Akzent der Erstautorin der Arbeit (Pressemitteilung) gesprochen wird, zeigt diese Strukturen auf unterschiedlichen Skalen bzw. aus wechselnden Perspektiven und in verschiedensten Darstellungsarten (z.b. zeigt Bild 2 wie der Große Attraktor etwa in Richtung Sternbild Zentaur die Bewegungen der Superhaufen beeinflusst). In die 3D-Animation flossen Galaxien mit Geschwindigkeiten von bis zu 8000 km/s ein, die Karte besitzt also einen Radius von rund 370 Millionen Lichtjahren (114 Mpc) ausgehend vom Beobachter in der Milchstraße.

Das Video wurde anlässlich des 70. Geburtstags von Brent Tully veröffentlicht, der ebenfalls an der Arbeit beteiligt war. Tully beschäftigt sich bereits seit den 80er Jahren mit den großräumigen Strukturen und ihren Bewegungen im lokalen Universum und gilt als einer der Begründer der modernen Kosmologie. 1987 entdeckte er einen der ersten Superhaufen-Komplexe, den er Pisces-Cetus-Superhaufen-Komplex nannte.  Diese fast 1 Milliarde Lichtjahre lange und am Himmel sich über 50 Grad erstreckende Struktur umfasst mehrere Superhaufen (u.a. Perseus-Pisces-Superhaufen in Bild 1) und beinhaltet sogar den Virgo-Superhaufen (Lokaler Superhaufen), zu dem auch die Lokale Gruppe mit unserer Milchstraße gehört.

13.06.2013

Erdgroßer und 2.500 Grad heißer Höllenplanet bei 11,7mag-Stern

Auch wenn derzeit die Mission des NASA-Exoplaneten-Suchers Kepler mit ernsten Problemen zu kämpfen hat (neuestes Update: „Kepler remains safe and stable!“), mit der Auswertung der Daten werden die Wissenschaftler noch jahrelang beschäftigt sein. So stellte erst gestern ein Forscherteam ihre Arbeit zu einem neuen interessanten Fund aus den Kepler-Lichtkurven vor. Der entdeckte Planetenkandidat umkreist einen „unusually bright“ Heimatstern in sehr kurzer Zeit, weshalb er keine KOI-Nummer (Kepler Object of Interest) erhielt und nur eine übliche KIC-Kennung (Kepler Input Catalogue) bekam, denn man vermutete hier anfangs eher einen sehr engen Doppelstern.

Doch durch weitere Beobachtungen mit erdgebundenen Teleskopen und einer genauen Analyse der Kepler-Daten ergab sich schließlich ein neues Bild: Um den 11,7mag hellen Stern KIC 8435766, nur 2 Grad von delta Cyg entfernt, muss ein Exoplanet von genau Erdgröße kreisen. Seine Heimatsonne (0,73-facher Sonnendurchmesser, 0,84 Sonnenmassen, 5.100 Kelvin und 750 Millionen Jahre alt) umkreist er in nur 8,5 Stunden(!) auf einer sehr engen Umlaufbahn, wobei der Abstand nur 3 Millionen Kilometer (0,02 AE) beträgt. Das führt zu extremen Temperaturen, so dass man hier ganz klar von der Hölle auf Erden bzw. vielmehr von der Hölle unter den extrasolaren Erden sprechen kann. Die Forschergruppe geht davon aus, dass auf der Tagseite der fernen Planetenwelt Temperaturen von 2.300 bis zu 3.100 Kelvin – Eisen und Platin sind hier längst flüssig – erreicht werden.

Vielleicht ließe sich für die weitere Untersuchung sogar durch die relativ hohe scheinbare Helligkeit des Sterns ein präzises Planetenspektrum erhalten, womit etwas zur Chemie des grillenden und verdampfenden Exoplaneten von Erdgröße zu erfahren wäre.

22.05.2013

Wolkige Aussichten für die „Wasserwelt“ GJ 1214b

Berta et al. (2011): http://arxiv.org/abs/1111.5621

Ein Spektrum eines Exoplaneten schön und gut, doch seit der Veröffentlichung Ende 2011 bereitet das hier gezeigte Transmissionsspektrum von GJ 1214b den Exoplanetenforschern Kopfzerbrechen. Bei dieser Analysemethode fällt Licht des 14,7mag schwachen Heimatsterns durch die 550 Kelvin heiße Atmosphäre der umkreisenden Supererde und je nach ihrer chemischen Zusammensetzung werden unterschiedliche Spektralbereiche blockiert. Der spektrale Fingerabdruck, der  mehr als 40 Jahre lang zu unseren Teleskopen unterwegs ist, konnte aber bislang nicht entschlüsselt werden. Die schwarzen Punkte der ersten Veröffentlichung passten gut zu einem extrasolaren Wasserplaneten bzw. einer „Super-Sauna-Erde“ – mindestens 50 Prozent Wasseranteil -, oder ist GJ 1214b doch wie Uranus und Neptun nur ein kleiner Gasplanet aus Wasserstoff, Helium und einem felsigen Kern?

Neue Vorschläge zur Natur der 6,1 Erdmassen schweren und gut 34.000 Kilometer (2,7x Erde) großen Exowelt werden jetzt in dieser aktuellen Studie vorgestellt. Die Forscher untersuchten hier, ob Wolken und eine Dunstschicht aus Kohlenwasserstoffen das flache Transmissionsspektrum erklären können. Bei ersterem Fall wandten sie Wolkenmodelle von Braunen Zwergen auf die Planetenatmosphäre von GJ 1214b an. Demnach sollten vor allem „salzige“ Wolken aus Kaliumchlorid (ein Geschmacksverstärker) und Zinksulfid in der Hochatmosphäre für das beobachtete Transmissionsspektrum im nahinfraroten Bereich sorgen; auch Natriumsulfid soll auskondensieren, jedoch ohne Auswirkung auf das Spektrum. Die entstehenden Wolken sollen sich wie Stratocumulus-Wolken in der Erdatmosphäre verhalten.

Außerdem wurden Modellspektren einer Dunstschicht aus Kohlenwasserstoffen, vor allem vom Saturnmond Titan bekannt, untersucht. Unter bestimmten Annahmen würde tatsächlich eine Atmosphärenschicht hauptsächlich aus Acetylen und Blausäure (beides Vorstufen zur Rußbildung), Ethylen und Ethan entstehen, aus denen sich durch photochemische Prozesse komplexere Kohlenwasserstoffe bilden. Auf diese Weise ließe sich ebenso das beobachtete Spektrum des Exoplaneten GJ 1214b reproduzieren, doch auch wenn man bislang noch nicht weiß, welches Modell die Natur der fernen Welt richtig beschreibt, gibt das neue Atmosphärenmodell zumindest Anregungen für die weitere Untersuchung. „While we find that with current data, a hydrogen-helium rich model with clouds can fit just as well as a 100% water model, if we can improve the precision in the near-infrared, there are features that allow us to distinguish between these possibilities.“

21.05.2013


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