Rund 20.000 Besucher tummelten sich vor einer Woche auf der diesjährigen 9. Bonner Wissenschaftsnacht (auch bei Facebook), die unter dem Titel „Digitale Gesellschaft“ zur Wissenschaftsn@cht wurde. Ob im großen Wissenschaftszelt auf dem Münsterplatz, im Hauptgebäude der Uni Bonn oder anderen Stationen – überall präsentierte sich am 22. und 23. Mai die Bonner Wissenschaftsregion. An zwei Tagen sollte vermittelt werden, welchen bedeutenden Anteil die Wissenschaft und Forschung an der Gestaltung der digitalen Gesellschaft hat. Man kann sich auch anders fragen: Wie hat sich im digitalen Zeitalter die Naturwissenschaft selbst verändert? Dies konnte man z.b. im großen Zelt auf dem Münsterplatz anhand von optischen Datenspeichern erfahren (Bild 1). Passend dazu befand sich wenige Meter entfernt eine Spektroskopie-Station. Hier konnte man nicht nur das Licht von unterschiedlichen Leuchtmitteln spektroskopisch analysieren, man konnte sogar einfach mit Schere, Kleber und einem kleinen CD-Schnipsel sich ein Null-Euro-Spektroskop selber basteln.
Ursprünglich hatte ich sogar an eine öffentliche Sonnenbeobachtung gedacht, die von den Veranstaltern auch angekündigt wurde, wegen der bescheidenen Wetteraussichten fiel sie jedoch aus. Astronomen konnte man im Uni-Hauptgebäude dennoch antreffen. Kinder konnten hier mit Stift und Papier eigene Sternbilder erfinden und astronomische Aufgaben lösen, oder man erfuhr was für seltsame Phänomene eigentlich Gravitationslinsen sind, was zusätzlich auf verzerrte Art und Weise (Bild 4) mit einem Simulations-Tool (läuft nur auf Mac-Rechnern) sehr anschaulich gemacht wurde – ohne gleich die Raumzeit zu stören. Weitere astronomische Stationen zur Bonner Wissenschaftsnacht wurden bereits hier im Bonner-Sterne-Blog erwähnt.
Auf der anderen Seite des Innenhofes, wo sich zwischen Stühlen, Imbissstand und Musikbühne ein riesiger Ballon für eine nächtliche Lichtinstallation befand, gab es noch weitere spannende Wissenschaftsbereiche. Am meisten freute mich die Präsentation des geografischen Instituts, denn hier konnte ich Professor Gunter Menz einige Fragen zu „Columbus Eye“ (Pressemeldungen hier, hier und hier) sowie zur Plattform columbuseye.uni-bonn.de stellen. Dieses neue und interessante Projekt ist Teil von „Fernerkundung in Schulen“ (FIS), einem 2006 von Bonner Geografen gestarteten Bildungsangebot. Über das Thema Fernerkundung und Umweltforschung via Satellitenbildern stehen mit FIS digitale Unterrichtsmaterialien für die Fächer Physik, Mathematik, Geografie, Biologie und Informatik zur Verfügung. „Columbus Eye“ erweitert nun das umfassende Angebot an Lernmodulen und erlaubt die Nutzung von Live-Bildern von neuen an der Raumstation ISS angebrachten – nämlich am europäischen Columbus-Modul – HD-Kameras. Für den Auftraggeber DLR wird seit Oktober 2013 an dem neuen FIS-Projekt gearbeitet, Anfang Juni soll dann auch der für den Schulunterricht relevante interaktive Teil des Webportals verfügbar sein.
„Ich verspreche Ihnen, dass jeder von Ihnen fliegen wird“, sagte der ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain in einer Festansprache im European Astronaut Center (EAC) am DLR-Standort in Köln-Porz. Am 22. November 2010 wurden hier dem Geophysiker und Vulkanologen Alexander Gerst sowie fünf weiteren europäischen Kollegen ihre Ernennungsurkunden zu ESA-Astronauten überreicht. Die ernannten Astronauten hatten die Grundausbildung bestanden und hatten sich damit letztlich gegen insgesamt 8.400 Bewerber durchgesetzt. Dordain weiter: „Unsere Astronauten sind die Botschafter der Menschheit im Weltraum.“ Gerst ist aber nicht bloß im Weltraum ein Botschafter, denn im Zeitalter von Social Media lässt er online schon längst alle an seinen mehrjährigen Vorbereitungen auf drei Kontinenten teilhaben. Alexander Gerst twittert (zu 20.000 Followern), postet bei Facebook und Flickr, bloggt im eigenen Blue-Dot-Missionsblog oder ist in zahlreichen Videos bei Youtube zu sehen, denn der 38-jährige Astronaut aus einer Kleinstadt in Baden-Württemberg „hat noch eine andere, größere Mission: Er soll den 165 Millionen Euro, die Deutschland jährlich für die bemannte Raumfahrt ausgibt, ein Gesicht geben, soll die Menschen überzeugen, dass das Geld gut angelegt ist.“ Besonders in den letzten Wochen konnte man sehen, wie die mediale Aufmerksamkeit um seine Person, seine letzten Vorbereitungen, seine Blue Dot genannte Mission (DLR-Seite, ESA-Seite, Twitter-Hashtag #BlueDot) und selbst um das 100-Milliarden-Dollar-Labor in der Erdumlaufbahn immer weiter zunahm: Neben den üblichen Interviews war von einer einstündigen Pressekonferenz im März in Köln bzw. einem Pressetermin im April in Berlin bis zur einer Weltraum-Ausgabe der „Sendung mit der Maus“ für die Kleinen am letzten Sonntag alles dabei. Eine kleine Plüschmaus wird tatsächlich morgen Abend ebenfalls für sechs Monate zur Raumstation ISS aufbrechen, und man kann sogar Fragen ins All schicken. Gestern stand für Gerst z.b. ein kurzes Skype-Gespräch mit Bundespräsident Joachim Gauck, der mit zahlreichen Diplomaten das ESA-Satellitenkontrollzentrum ESOC in Darmstadt besuchte, auf dem Plan.
Links: Alexander Gerst (GCTC), rechts: Logo zu seiner Mission “Blue Dot” (ESA)
Internationale Raumstation ISS rund 400 Kilometer über der Erde
Jetzt sind es noch genau 35 Stunden bis zum Start der Sojus-Rakete und dem Beginn seiner sechsmonatigen Mission an Bord der ISS. In Baikonur wurde gestern der rund 30 Tonnen schwere und 45 Meter lange Koloss aus der Montagehalle zur Startrampe gefahren und aufgerichtet. Journalisten und Blogger sind für ihre Liveberichte direkt vom Startplatz längst vor Ort (es wird via #AlexTweetup und #SPONbaikonur getwittert), anwesend sind auch Sigmund Jähn und Ulf Merbold, die ersten beiden deutschen Raumfahrer, sowie der Vater des Astronauten Alexander Gerst. Um 21:56 MESZ am Mittwoch ist es dann endlich soweit: Mit 26 Millionen PS und 280 Tonnen Treibstoff wird der Geophysiker mit seinen beiden Kollegen, dem Amerikaner Reid Wiseman und dem Russen Maxim Surajew, in den Nachthimmel donnern. Und während in Kasachstan der Feuerstuhl abhebt und auf dem Weg in den Weltraum ist, wird überall in Deutschland der Start des 11. deutschen Astronauten gefeiert werden. Und das nicht nur alleine am Bildschirm via Livestream, sondern in bester Fußball-WM-Manier beim gemeinsamen Rudelgucken. Die drei offiziellen Veranstaltungen finden in Frankfurt, Oberpfaffenhofen und in Köln statt. Alle Informationen zum Public-Viewing in der Domstadt inkl. einem Talk- und Showprogramm finden sich hier und hier. Der Leiter des DLR in Köln-Porz erklärt: „Hier ist unser Hauptsitz, hier bildet die ESA die europäischen Astronauten aus, und unser Mann im All wohnt in der Domstadt. Was liegt also näher, als dieses Ereignis gemeinsam zu feiern?“ Weitere Public-Viewing-Aktionen soll es noch in Berlin, Bremen, Cottbus, Stuttgart und sogar im vogtländischen Heimatort von Sigmund Jähn geben. Ebenso wird man in der Stadthalle von Künzelsau, Gersts baden-württembergische Heimat, den Start im russischen Baikonur gespannt verfolgen. Vom Bürgermeister heißt es: „Wir in Künzelsau sind stolz auf unseren berühmten Botschafter und gratulieren Alexander Gerst zu seinen herausragenden Leistungen.“ Auch vom singenden Astronauten Chris „Major Tom“ Hadfield gibt’s eine Grußbotschaft und Thomas D wünscht dem deutschen Astronauten Rückenwind für den Start. Außerdem: Eine vollständige Liste mit Sondersendungen im TV (u.a. im Bayerischen Rundfunk, ZDF, N24, N-TV, Phoenix) und mit Webcast-Angeboten (z.b. dlr.de/next (zeigt die NASA-TV-Übertragung), dlr.de) ist hier zu finden.
Alexander Gerst auf Tuchfühlung mit seiner Sojus-Kapsel
Gestern wurde die Sojus-Trägerrakete zum Startplatz gerollt
Die Sojus-Kapsel mit der Kennung TMA-13M und dem Rufzeichen „Kepheus“ soll bereits nach nur vier Erdumkreisungen, also nach etwa sechs Stunden Flugzeit, an der Raumstation ankommen. Zuvor soll übrigens die Sojus bei zwei ISS-Überflügen (um 1:03 MESZ und 02:36 MESZ; für Standort Bonn) über Deutschland sichtbar sein. Das Andocken des Raumschiffs soll um 3:48 MESZ stattfinden, dann ist die ISS für ein halbes Jahr das Zuhause für den Deutschen. Damit erfüllt sich zugleich ein Kindheitstraum. Denn obwohl Gerst letztlich Geowissenschaftler wurde, hatte er doch immer die alte Faszination für den Weltraum im Hinterkopf. Zum wöchentlichen Pflichtprogramm des neugierigen Knripses gehörten die Abenteuer von Captain Future, er war ebenso ein Fan der „Space Night“ im Bayerischen Fernsehen, las „Die Astronauten“ von Stanislaw Lem und stellte am Tag „25 Fragen über Blitze, Stürme und das Weltall“. „Soweit ich mich zurückerinnern kann, hat mich das schon immer fasziniert, Astronaut zu werden“, erzählt der heutige ESA-Astronaut. „Ich war schon immer neugierig und hatte das Glück, dass ich Eltern und Großeltern hatte, die nie versucht haben, mir diese Neugier auszutreiben.“ Schon im Alter von sechs Jahren sendete er seine Stimme zum Mond – und hörte sie zwei Sekunden später verzerrt im Lautsprecher. Mit seinem Opa hatte er den Mond angefunkt und lauschte seiner eigenen Stimme, die von der Mondoberfläche reflektiert wurde. „Ich war fasziniert. Ein kleiner Teil von mir war auf dem Mond gewesen. Unglaublich.“ Und selbst der damalige Betreuer bei Gersts Diplomarbeit über einen neuseeländischen Vulkan erzählt heute: „Was ich aber sehen konnte war, dass er in seiner Arbeit immer ein Stück weiter wollte, als es die eigentliche Aufgabenstellung erfordert hätte. So, als mache ihn das, was jenseits des unmittelbaren Horizonts liegt, besonders neugierig. Als ich das Gutachten zu seiner exzellenten Arbeit schrieb, dachte ich: So einer wäre im 18. oder 19. Jahrhundert ein Entdeckungsreisender geworden und hätte die unbekannten Weiten der Erde erforscht. In moderner Form macht er das ja heute auch.“
Aus dem wissbegierigen Jungen von damals, der mit 21 Jahren nur mit einem Rucksack auf dem Rücken schon die ganze Welt bereiste, wurde ein Vulkanforscher, der im Mai 2008 von einer Ausschreibung für neue ESA-Astronauten las und sich bewarb. Die Zusage erhielt Gerst, als er seine Doktorarbeit abschloss; und heute bezeichnet er nach wie vor das dreimonatige Russischen lernen in der Grundausbildung als die größte Herausfordung der gesamten Ausbildung. Seit seiner Bewerbung sind nun ganze sechs Jahre vergangen und die Erfüllung eines Kindheitstraumes bzw. der Start in sein größtes Abenteuer, die ISS-Expedition 40/41, steht nun unmittelbar bevor. 1,5 Kilogramm an persönlichen Dingen kann der deutsche Astronaut zur sechsmonatigen Blue-Dot-Mission mitnehmen. „Vor allem Fotos von der Familie und Freunden. So ein bisschen als Anker, dass ich weiß, wo ich herkomme.“ Lems „Die Astronauten“ und Carl Sagans vor 20 Jahren erschienenes Buch „Pale Blue Dot“ hat er als Reiselektüre dabei. Außerdem befinden sich unter den Souvenirs u.a. eine Flagge aus Künzelsau, ein kleines Mauerstück des Kölner Doms und eine Kölner Stadtfahne sowie eine Flagge des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), an dem Gerst Geophysik studierte.
Ein halbes Jahr lang wird der deutsche Astronaut auf die eine oder andere Weise an 160 Experimenten auf der ISS beteiligt sein. Einzelheiten zu seinen hauptsächlichen Arbeiten sind ausführlich auf 25 Seiten in der offiziellen Broschüre zur Mission nachzulesen. Dabei geht es aber nicht nur um Materialphysik, Biologie oder Humanphysiologie, denn Gerst wird z.b. auch das letzte ESA-Versorgungsraumschiff ATV-5 in Empfang nehmen und natürlich gibt es selbst 400 Kilometer über der Erde ebenso die ganz normalen All-Tags-Tätigkeiten. Wie das Logo der Blue-Dot-Mission mit der blauen Erde und den schützenden Händen bzw. das dazugehörige Motto „Shaping The Future“ außerdem schon erkennen lassen, will man mit der Langzeitmission zugleich die Aufmerksamkeit der Menschen auf den Schutz unseres zerbrechlichen Heimatplaneten lenken. Auf dem Programm steht auch ein Bildungsprogramm, was etwa ein Zehntel der Zeit in Anspruch nehmen soll. Beispiele für die geplanten Experimente und Vorhaben für die Bildung und Nachwuchsförderung sind „Beschützer der Erde“, „Aktion 42“ oder die Flying-Classroom-Versuche, zudem soll es für Schüler auch direkte Funkkontakte mit dem deutschen ISS-Botschafter geben. Und sicherlich wird sich der Geowissenschaftler auch weiterhin via Twitter und Facebook melden und uns Bilder von der einmaligen Aussicht auf unsere kleine blaue Erde zeigen.
„Siehst du den Horizont? Direkt über’m Boden fängt der Himmel an. Und wär ich dort, dann würd ich wetten, dass ich ihn erreichen kann. Doch hier hat es den Anschein – Bin ich dafür zu klein“ (Prolog zum Song „Rückenwind“ von Thomas D)
27.05.2014
[Nachtrag, 28.05.2014] #GoAlex ist das offizielle Fan-Hashtag bei Twitter zum heutigen Start, und hier gibt’s einen Live-Blog.
Während das erste Bild von 16:15 Uhr noch die Großen an den aufgestellten Teleskopen zeigt, hieß es wenige Minuten später schon Platz machen für die kleinen Sonnenbeobachter. Denn am vergangenen Freitag lockte das Deutsche Museum Bonn in der Ahrstraße mit einer Spezialausgabe von „Pauls Portables Planetarium“: Die beliebte vier Mal im Jahr stattfindene Astrotainment-Reihe mit Hobbyastronom, Improkünstler, Pianist und Moderator Paul Hombach richtete sich zum ersten Mal speziell an Familien und Kinder, weshalb der Vortrag auch schon um 17 Uhr statt 19 Uhr begann. Und wegen des sonnigen Wetters konnten viele interessierte Kinder und Eltern zuvor schon einen Blick auf unseren strahlenden Heimatstern werfen. Verschiedene Sonnenteleskope der Sternfreunde des Köln-Bonner-Astrotreff (KBA) und der Volkssternwarte Bonn (VSB) waren direkt vor der Museumstür aufgebaut, sogar ein Fernglas mit Sonnenfilter gab es und die Sonne in Projektion wurde von Paul Hombach erklärt und gezeigt. Auf die Minute genau begann schließlich „Pauls Portables Planetarium“, das wieder über 100 Besucher zählte. Ganz vorne hockten und lagen fast 20 Kinder auf dem Boden, manche AstroZwerge standen oder saßen mit ihren Eltern sogar auf der Treppe. Und bereits bei der Präsentation des aktuellen Sternhimmels mit der Freeware-Software Stellarium zeigte sich, dass sich einige Kinder schon eifrig am Vortrag beteiligten.
Im Anschluss an diesen hatte man nochmals die Gelegenheit durch ein spezielles Teleskop unsere Sonne mit einigen Ausbrüchen am Rand zu beobachten. Über eine halbe Stunde lang schien die Schlange kein Ende zu nehmen. Viele staunten einfach nur über die Größenverhältnisse der Sonnenflecken und Protuberanzen gegenüber der winzigen Erde, es wurden aber auch einige Fragen beantwortet. Für eine weitere Sonnenbeobachtung ab 18:30 Uhr trafen sich einige Hobbyastronomen noch am Argelander-Institut für Astronomie (AIfA) in Bonn-Endenich. Und die nächste Ausgabe von „Pauls Portables Planetarium“ findet übrigens am 01. Juli statt – dann wieder um 19 Uhr, aber wie üblich wird wieder bei geeignetem Wetter eine Sonnenbeobachtung vor dem Museum angeboten.
Der Komet mit dem unaussprechlichen Namen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko ist derzeit noch 600 Millionen Kilometer (4 AE) von der Sonne entfernt, doch wie aktuelle Aufnahmen zeigen (auch hier) wird das Ziel der europäischen Kometenmission Rosetta langsam aktiver. Wie man anhand der vom 27. März bis zum 04. Mai aufgenommenen Bilder von Rosettas OSIRIS-Kamera sehr schön sehen kann, bildet sich schon eine Koma und ein kurzer Schweifansatz aus; während der Aufnahmen näherte sich die Sonde von 5 auf 2 Millionen Kilometer ihrem Ziel. Neben der nun schon 1.300 Kilometer großen kometaren Gashülle ist außerdem mit im Bild der Kugelsternhaufen M 107 im Frühlingssternbild Schlangenträger. Rosetta wurde im Januar planmäßig nach zweieinhalb Jahren Winterschlaf wieder aufgeweckt, die Landeeinheit Philae wurde zwei Monate später reaktiviert („Live vom Einschalten …“). Wie der Zeitplan zeigt, soll nach Ankunft bei 67P im Sommer mit der Charakterisierung begonnen werden, für die Landung von Philae ist derzeit der 11. November anvisiert. Rosetta in einer Umlaufbahn und Philae auf dem 4 Kilometer großen Kometenkern begleiten dann den Schweifstern ins Innere des Sonnensystems, wodurch zum ersten Mal vor Ort mit zahlreichen Instrumenten untersucht werden kann, wie bei der Annäherung an die Sonne die Entwicklung der Aktivität eines Kometen im Detail abläuft.
Am Samstag war es wieder soweit: Um 10 Uhr wurde in der Essener Gesamtschule Bockmühle der AstroTrödelTreff (ATT) eröffnet, wobei Europas größte Astronomiebörse nun schon zum 30. Mal stattfand. Bis 18 Uhr haben sich über 2.000 Hobbyastronomen bei etablierten Händlern, verschiedensten Unternehmen und kleinen Vereinen über Neuheiten informiert oder haben günstige Schnäppchen mit satten Messerabatten ergattert. Von den üblichen Verdächtigen wie u.a. Baader (mit seiner voll ausgerüsteten Sternwartenkuppel in der Haupthalle), Hofheim, APM, Intercon Spacetec über Astronomie-Tourismus-Unternehmen wie das Bonner Reisebüro Eclipse-Reisen.de oder SaharaSky bis zu neuen (Albireo) sowie längst etablierten Verlagen (Oculum) – auf dem ATT wird man einfach immer fündig, und sei es noch so ein ausgefallenes Randgebiet der Amateurastronomie. Neben den Büchertischen am Stand von Oculum (Bild 6) präsentierte Tom Pfleger seine Deep-Sky-Software „Eye & Telescope“ auf dem großen Bildschirm und zusätzlich stellte Christian Protzel am Tablet die brandneue interstellarum-App (erscheint Ende Mai) vor. Und beim gemütlichen Schlendern über das Messegelände traf man auch viele bekannte Gesichter oder sah man wie im Falle von Blogger-Kollege Stefan Gotthold (clearskyblog.de; Stefans ATT-Rückblick) zum ersten Mal. Zufälligerweise versammelte sich beim Oculum-Stand ein Grüppchen von uns Sternfreunden des Köln-Bonner-Astrotreff (KBA), so dass Daniel Bockshecker direkt ein Foto machte (gleich 5 interstellarum-Autoren nebeneinander!), natürlich mit unserem Berliner Außenposten Stefan (Gottie) Gotthold.
Kürzlich hatte mir der Bonner Sternfreund Martin Neumann in einem Interview verraten, dass er auch auf dem ATT mit einem eigenen Stand dabei sein wird. Und tatsächlich: Nicht weit vom Eingang direkt im ersten Flur hatte er die Möglichkeit seine Erfindung universe2go einem größeren Publikum vorzustellen und auch mit dem Prototypen vorzuführen; die Crowdfunding-Aktion zu seinem innovativen Produkt steht aktuell bei 84 Prozent und noch genau 19 Tage lang kann das interessante Projekt finanziell unterstützt werden. Um 15 Uhr wurde universe2go außerdem noch live im ATT-Studio der interstellarum-Sternstunde präsentiert (ab Minute 1:30). Die jeweils 30-minütigen Aufzeichnungen können übrigens hier (13 Uhr), hier (14 Uhr), hier (15 Uhr) und hier (16 Uhr) abgerufen werden; zahlreiche Fotos zur Sternstunde-Produktion mit Paul Hombach und Daniel Fischer vor der Kamera gibt’s hier sowie dort.
Daniel Fischer
Weil ich mir die falsche Uhrzeit gemerkt hatte, kam ich deutlich zu spät zum Vortrag des ersten deutschen Raumfahrers. Obwohl der heute 77-jährige Sigmund Jähn auf ein ereignisreiches Leben zurückblicken kann, scheint er doch immer noch der bescheidene und zurückhaltene Mann zu sein wie er seit seinem Ausflug zur Raumstation Saljut 6 im August 1978 beschrieben wird. In dem einstündigen Vortrag des deutschen Raumfahrt-Veteranen ging es u.a. natürlich um das Interkosmos-Programm, es wurden Einzelheiten zum anderthalbjährigen Training und der Rakete erläutert und er erzählte lang über seine Erfahrungen im Orbit, sprach sowohl über die durchgeführten Arbeiten als auch über die Freizeit inkl. der Hochzeit des Sandmännchens sowie der einmaligen Aussicht dort oben. Thematisiert wurden auch die Auswirkungen eines Weltraumaufenthalts auf den Menschen und im letzten Abschnitt sprach er über seine langjährige Arbeit bei DLR und ESA; Jähn ging 2005 in den Ruhestand. Ebenso spannend waren auch die Anekdoten, die bei der anschließenden Fragerunde zu hören waren. Beispielsweise konnte er aus erster Hand berichten, wie ein im Orbit entsorgter Behälter mit Abfall zu einer Story über einen begleitenden Außerirdischen wurde. Außerdem erinnerte sich der erste Deutsche im Weltraum an Treffen mit Hermann Oberth, dem Pionier der Raumfahrt und Raketenforschung, sowie an einen Mitte der 1980er Jahre stattgefundenen Kongress der ASE, bei dem der Kosmonaut aus der DDR zum ersten Mal Astronauten aus dem Westen kennenlernte.
Als Abschluss wurden schließlich ab 15 Uhr noch zahlreiche Autogrammwünsche von Jung und Alt erfüllt.
Dieser Meinung ist ein Team aus amerikanischen und russischen Astronomen, das nicht nur nach solaren Zwillingen, sondern nach solaren Geschwistern suchte. Der Unterschied zwischen beiden Begriffen ist einfach der, dass Geschwister in der selben Gaswolke entstanden und zum gleichen Sternhaufen gehörten. Es sind schon einige Sterne bekannt, die einfach der Sonne sehr ähnlich sind und deshalb als Zwillinge bezeichnet werden, nun gelang es aber wohl tatsächlich zum ersten Mal einen Stern zu entdecken, der „almost certainly“ am gleichen Ort wie unsere Sonne entstanden ist. Wie die Forschergruppe berichtet (Pressemitteilung, Fachartikel) war außer einer detailierten chemischen Analyse von 30 Kandidaten eine komplexe Untersuchung von dynamischen Eigenschaften nötig. Bei letzterem Verfahren blieben am Ende lediglich zwei Kandidaten übrig, von denen jedoch nur ein Stern exakt mit der chemischen Zusammensetzung unseres Heimatsterns übereinstimmt: HD 162826. „Only the star HD 162826 satisfies both our dynamical and chemical criteria for being a true sibling of our sun.“ Außerdem konnte mit Beobachtungsdaten von insgesamt 15 Jahren sogar die Anwesenheit eines Hot Jupiter ausgeschlossen werden, auch ein Jupiter-Analogon mit einer Umlaufzeit von 12 Jahren scheint mit einer 2:3-Chance nicht zu existieren.
Der entdeckte „solare Geschwisterstern“ ist mit 1,15 Sonnenmassen etwas massereicher, weshalb er mit 6.200 Kelvin ebenfalls etwas heißer ist. Er steht am Frühlingshimmel gut zu finden zwischen Herkules-Kasten und Sternbild Leier, und trotz seiner Entfernung von 110 Lichtjahren ist der 6,6mag helle Stern an einem äußerst dunklen Standort sogar mit bloßem Auge sichtbar; aber in jeden Fall reicht bereits ein Fernglas für die Beobachtung aus.
Mit diesem Fachartikel berichtete vor einem Monat eine Gruppe Astronomen über die Entdeckung eines erstaunlichen Objekts. Es befindet sich in Richtung des Virgo-Galaxienhaufens und steht 17,6 Bogenminuten nördlich der Galaxie M 87. Optisch ist es scheinbar nur ein stellares Objekt der 19. Größenklasse, spektroskopisch sieht es allerdings hochinteressant aus. Denn wie sein Spektrum verrät besitzt es die größte Blauverschiebung bzw. die größte negative Radialgeschwindigkeit eines astronomischen Objekts überhaupt! Nach Ansicht der Astronomen ist der gemessene Wert von -1.026 km/s nur erklärbar, wenn man annimmt, dass es sich bei dem Fund um einen hyperschnellen Kugelsternhaufen in oder nahe des Zentrums des Virgo-Galaxienhaufens handelt. Es wäre das allererste Objekt dieser Art, weshalb es die Bezeichnung HVGC-1 (Hypervelocity Globular Cluster) erhielt. Zusammen mit der außerordentlich hohen Blauverschiebung des Sternhaufens und der Rotverschiebung von M 87 (+1.307 km/s) ergibt sich dann das Bild, dass die kompakte Sternansammlung sich mit extremen 2.300 km/s von der Zentralgalaxie des Galaxienhaufens entfernt. Des Weiteren werden die Dynamik und die Natur untersucht, um zu verstehen wie ein Objekt wie HVGC-1 überhaupt entstehen kann. Wahrscheinlich ist es tatsächlich ein Überrest einer engen Begegnung mit M 87 selbst, denn nur durch eine starke Wechselwirkung ließe sich eine Sternansammlung auf derartige Geschwindigkeiten beschleunigen. Beispielsweise könnte HVGC-1 ursprünglich ein extrem massereicher Kugelsternhaufen mit über 10 Millionen Sonnenmassen gewesen sein und von der engen Passage mit der Riesengalaxie hat nur der kompakte Kernbereich überlebt.