Archive for the 'Sternenwelten' Category

Extremer Superflare von DG CVn

Auch wenn es nicht den Anschein hat, aber der Auslöser dieser riesigen Coronal Mass Ejection (CME) und des anschließenden Teilchenschauers auf den Kamerachips von SOHO war kein normaler X-Flare. Vielmehr handelt es sich bei der am 04. November 2003 ereigneten Eruption mit einer Stärke von X45 um den energiereichsten solaren Flare überhaupt; in einer ähnlichen Größenordnung soll übrigens das bekannte Carrington-Event von 1859, das allerdings bei Ankunft an der Erde den größten beobachteten geomagnetischen Sturm auslöste, liegen. Doch selbst ein X45 auf der X-Flare-Skala wird von einem noch viel extremeren Röntgenflare in den Schatten gestellt. Dieser stammt vom nahe des Kugelsternhaufens M 3 zu findenden Sterns DG CVn, der mit einer Helligkeit von 12,2mag schon mit kleiner Teleskopöffnung zu sehen ist. Als sog. Flaresterne bezeichnete veränderliche Rote Zwerge sind schon lange bekannt, aber was sich bei jenem schwachen Lichtpunkt im Sternbild Jagdhunde abspielte, überraschte die Astronomen völlig.

Am 23. April 2014 um 23:07 MESZ begann auf ihm eine wahre Flare-Serie ungeahnten Ausmaßes, denn mit gleich sieben großen Eruptionen und einer maximalen Temperatur von 220 Millionen Kelvin ist es definitiv das längste (erst nach zwei Wochen beruhigte sich das Aktivitätsgebiet und der Stern kehrte zu seinem normalen Level zurück) und heißeste (solare Flares erreichen nur bis zu 30 Millionen Kelvin) Ereignis dieser Art. Auch ihre Stärke übertraf solare Events und selbst den X45-Flare um viele Größenordnungen, und das schon allein mit dem stärksten Energieblitz, mit der die energiereiche Kaskade ihren Anfang nahm. Gemessen an der bekannten Flare-Skala, so schätzten die Wissenschaftler ab, hat man auf DG CVn einen X100.000-Superflare beobachtet. Noch dazu wurde die gigantische Eruption nicht nur im Röntgenbereich detektiert, denn währenddessen wurde der Stern im Visuellen um 2,5mag und im UV-Bereich um 5,0mag heller. Auf dem nur 60 Lichtjahre fernen aktiven Roten Zwerg hätte man also tatsächlich schon mit einem Fernglas einen Weißlicht-Flare beobachten können.

01.10.2014

Ursprünglichster (= ältester) Stern am Südhimmel entdeckt

Kurz und knapp formuliert passt die großartige neue Entdeckung sogar in eine Twitter-Nachricht von Astrophysikerin Anna Frebel: „no iron lines visible there! just H, together with CH (carbon), a calcium and a magnesium line. that’s it! :)“ Zusammen mit australischen Kollegen hat sie den ursprünglichsten und damit ältesten derzeit bekannten Stern entdeckt. Die ungefähr 6.000 Lichtjahre ferne Sonne befindet sich im Halo unserer Milchstraße in Richtung des Südhimmel-Sternbildes Kleine Wasserschlange und ist derart metallarm, dass man nicht einmal das Alter dieses 14,7mag-Sterns genau bestimmen kann; es wird auf 13,6, 13,7 Milliarden Jahre geschätzt. Neben Wasserstoff verrät das Spektrum von SMSS J031300.36-670839.3 nur Kohlenstoff, Kalzium und Magnesium. Denn die große Überraschung ist nämlich, dass bei der Spektralanalyse keinerlei Eisen nachgewiesen werden konnte, obwohl in den Supernova-Explosionen der allerersten Sterngeneration auch Eisen in großen Mengen produziert worden sein müsste. Dies macht diese ferne Sonne nun zum eisenärmsten Stern überhaupt, da man ohne Anzeichen von Eisenlinien nur eine Obergrenze für seinen Eisengehalt angeben kann: Er muss weniger als 10 Millionstel des solaren Eisengehalts besitzen bzw. der Fe/H-Wert muss kleiner als -7,1 sein. Der bisherige Rekordhalter HE 1327-2326 besitzt 30x mehr Eisen (Fe/H = -5,6).

Dies ist zugleich auch ein Schlüsselfund für die Chemie des ganz frühen Universums bzw. für das Verständnis der Natur der sog. Population-III-Sterne. Waren sie gar nicht so supermassereich bzw. ihre Supernovae nicht so superexplosiv, wie die gängige Lehrbuchmeinung vorgibt? Um die Metallizität (ohne nachweisbares Eisen) des entdeckten Sterns zu erklären, würde eine einzelne und noch dazu äußerst eisenarme Supernova eines 60-Sonnenmassen-Sterns ausreichen. Die Entdeckung wird am Donnerstag in der Fachzeitschrift „Nature“ erscheinen, aber auch ein Preprint als PDF soll noch diese Woche folgen; Pressemeldungen gibt’s vom MIT und ANU. Anna Frebel über ihre Mitentdeckung: „Das Glück bevorzugt den, der vorbereitet ist.“ Ist es tatsächlich Glück oder doch zum Großteil Fleißarbeit, denn immerhin wurde  SMSS J031300.36-670839.3 im Oktober 2012 aus 60 Millionen Sternen des SkyMapper-Teleskops rausgefischt, wobei anschließend im Januar und Februar 2013 dann mit zwei weiteren Teleskopen die einzigartige Natur des neuen Uralt-Rekordsterns bestätigt wurde.

[Nachtrag] Anna Frebel berichtet in einem 9-minütigem Video über die Entdeckung des bislang ältesten Sterns, und außerdem ist bereits der Fachartikel online verfügbar: A single low-energy, iron-poor supernova as the source of metals in the star SMSS J 031300.36-670839.3

10.02.2014

Es geht immer noch exotischer: Neutronenstern in Riesenstern entdeckt?

Astrophysiker haben vermutlich ein fehlendes Verbindungsstück, ein Missing Link, für die Untersuchung der energiereichsten Sternexplosionen im Universum entdeckt. Nach heutigem Verständnis sollen die hochenergetischen Gammastrahlenausbrüche, sog. Gamma-Ray Bursts (GRBs), durch eine Hypernova (langer Gammablitz) bzw. die Kollision von zwei Neutronensternen (kurzer Gammablitz) entstehen. Nur mit diesen Modellen ist es möglich, einen Mechanismus für die unvorstellbare Energiefreisetzung zu finden. Doppelsternsysteme aus zwei Neutronensternen (etwa ein Dutzend sind bisher bekannt) gelten als potentielle Kandidaten, für die Erklärung von kurzen Gammastrahlenblitze, und eine neue Entdeckung eines exotischen Sterns in der Kleinen Magellanschen Wolke am Südhimmel könnte ein weiteres Puzzlestück darstellen.

1974 haben die Theoretiker Kip Thorne und Anna Zytkow einen theoretisch denkbaren Riesenstern berechnet, in dessen Inneren sich ein Neutronenstern befindet. Dieser exotische Sterntyp wird heute als Thorne-Zytkow-Objekt (TZO) bezeichnet. Bereits 1994 vermutete man, dass der veränderliche Stern U Aqr so ein theoretischer Exot sein könnte, und auch bei dem Zentralstern des Supernovaüberrests RCW 103 hielt man es für möglich. Doch als nun bester Kandidat für ein TZO gilt ein kürzlich am 06. Januar von Astrophysikerin Emily Levesque neu vorgestellter Riesenstern. Auf das exotische Objekt stieß sie bei Beobachtungen von 22 Überriesen in der Kleinen Magellanschen Wolken mit einem der 6,5m-Magellan-Teleskope. Das Spektrum verriet dabei sehr ungewöhnliche chemische Auffälligkeiten, die sich als Überschuss von Lithium, Rubidium und Molybdän darstellten. Das Ergebnis dieser ersten spektroskopischen Analyse passt sehr gut in die TZO-Theorie von Neutronensternen im Inneren von Riesen- und Überriesen, so dass man bereits jetzt von einem „excellent candidate“ spricht. Mehr wurde bei der Ankündigung auf der AAS-Tagung allerdings nicht verraten und auch eine eigene Anfrage zu Details wurde mit dem Hinweis auf ein Presse-Embargo beantwortet.

Falls der exotische TZO-Überriese bestätigt werden sollte, dann wäre das eine wichtige Entdeckung für die Entstehung von Neutronenstern-Doppelsystemen und damit zur Theorie von Gammastrahlenausbrüchen. Denn denkbar ist folgender Entwicklungsweg: Ein Partner eines massereichen Doppelsternsystems explodiert als Supernova und hinterlässt einen Neutronenstern, der schließlich vom anderen Überriesen verschluckt und sich dessen Kern immer weiter annähern wird. Wenn der Riesenstern dann ebenfalls als Supernova explodiert, ist nur noch ein enges Paar aus zwei Neutronensternen übrig, dass letztlich in einem ungeheuren Gammastrahlenblitz verschmelzen wird.

Übrigens wird der Name Kip Thorne dieses Jahr noch öfters im Zusammenhang mit dem neuen Science-Fiction-Film „Interstellar“ zu hören sein.

26.01.2014

Kepler-System mit 7 Planeten innerhalb von 1 AE!

Diese Grafik soll die Kepler-Entdeckung dieser Woche verdeutlichen: Ein fernes Planetensystem mit sieben neuen Kandidaten, die alle innerhalb von 1 AE (Abstand Erde-Sonne) ihren Stern umkreisen. Nebst vorläufiger Nummerierung (KIC = schwarz, KOI = rot) sind in der Abbildung die Größen- und Abstandsverhältnisse zu unserem Planetensystem dargestellt. Normalerweise wird in einem solchen Fall noch von Planetenkandidaten gesprochen, allerdings erschienen jetzt direkt hintereinander zwei Arbeiten zweier unabhängiger Gruppen. Zuerst erschien gestern ein Paper, in dem von den Amateurforschern der Planet Hunters neu analysierte Archiv-Daten des mittlerweile aufgegebenen Kepler-Weltraumteleskops veröffentlicht wurden. Wenn es um mehrere Transitmerkmale bei einem Stern geht, scheint der übliche Suchalgorithmus der Kepler-Forscher fehlerhaft zu arbeiten, so dass man jetzt mit einer Neuauswertung auf ein siebtes Signal (KOI 351.07) aufmerksam wurde. Heute folgte schließlich ein zweiter (unabhängiger) Fachartikel, an dem mit 6 Autoren maßgeblich das Institut für Planetenforschung des DLR in Berlin beteiligt war. Auch mit dieser Untersuchung gelangt man zur Entdeckung des ersten Sternsystems mit sieben extrasolaren (Transit-)Planeten. Weiterhin wurde darin die dynamische Entwicklung eines derart kompakten Planetensystems analysiert, um so auf die einzelnen Massen schließen zu können; auch ein Signal in der Lichtkurve von KOI 351.02 (PDF-Seite 27) lässt sich als möglicher Exomond noch nicht ausschließen.

Die Heimatsonne KOI 351 ist ein rund 2.500 Lichtjahre entfernter 14,1mag-Stern im Sternbild Drache. Es handelt sich dabei um einen sonnenähnlichen Stern mit 1,1-facher Sonnenmasse sowie Sonnendurchmesser, die Temperatur liegt bei etwa 6.100 Kelvin. Die Planetengrößen liegen zwischen 10-fachem Erddurchmesser (äußerster Planet) und Erdgröße (innerster Planet), wobei ihre Abstände zum Stern nur zwischen 0,075 und 1 AE variieren, und ihre berechneten Massen sollen bei 3 Erdmassen (Planet b, c), 10 Erdmassen (Planet d, e, f) sowie für die Gasriesen bei 1,7-facher Neptunmasse (Planet g) bzw. 0,8 Jupitermassen (Planet h) liegen.

24.10.2013

GD 61: Neues Spektrum bestätigt wasserreichen Asteroiden

Bereits in einem im Januar 2011 veröffentlichten Artikel wurde die Vermutung geäußert, dass der u.a. mit Sauerstoff, Magnesium und Silizium kontaminierte lichtschwache Weiße Zwerg GD 61 durch Material eines wasserreichen Asteroiden „verschmutzt“ wurde. In den Spektren wurde damals ein Überschuss an Sauerstoff nachgewiesen, welcher von Metalloxiden und noch eher von Wasser stammen könnte. Dazu hieß es: „The potential for excess O in GD 61 is of interest because the most natural explanation would be that extra O was originally bound in water ice representing a significant fraction of the total mass of the minor planet; 25% to 35% …“ So ging das Team um Astrophysiker Jay Farihi, damals an der University of Leicester, von einem differenzierten und zum Teil aus Wassereis bestehenden Asteroiden aus, doch eine genaue Aussage ließen die damals ermittelten Elementverhältnisse noch nicht zu.

Vergangene Woche wurde nun über neue Ergebnisse (Fachartikel) Farihis, jetzt an der University of Cambridge, berichtet. Neue Spektren der 14,8mag hellen Sternleiche wurden mit dem Hubble Space Telescope aufgenommen und scheinen die Hinweise von damals zu bestätigen. Damit ist GD 61 der erste Weiße Zwerg in dessen Oberfläche sich tatsächlich akkretiertes Gesteinsmaterial eines wasserreichen Asteroiden mittels Spektroskopie nachweisen ließ. Der Mantel des durch Gezeitenkräfte zerstörten großen Asteroids (über 100 Kilometer) bestand zu 26 Prozent aus Wassereis, was zahlenmäßig sogar mit dem Wassergehalt des Zwergplaneten Ceres übereinstimmt. „The white dwarf GD 61 contains the unmistakable signature of a rocky minor planet analogous to Ceres in water content, and probably analogous to Vesta in mass.“

Der massereiche Weiße Zwerg GD 61 ist der Überrest eines 8-Sonnenmassen-Sterns und besitzt nach seinem Ausbrennen vor 200 Millionen Jahren nur noch 0,7 Sonnenmassen. Er hat sich bereits auf 17.000 Kelvin abgekühlt und befindet sich etwa 160 Lichtjahre entfernt im Sternbild Perseus ganz in der Nähe des 4,3mag-Sterns 58 Per. Übrigens soll nach einer weiteren Untersuchung von 2010 die „Verschmutzung“ durch den Asteroidenstaub erst 150.000 Jahre zurückliegen; der Kleinkörper soll mindestens 100 Kilometer groß gewesen sein.

14.10.2013

KOI 1843.03: Höllenplanet mit kürzester Umlaufzeit

MIT

Könnte so der Kepler-Planetenkandidat KOI 1843.03, der lediglich 4,2 Stunden(!) für einen Umlauf braucht, aussehen? Ein Exoplanet mit Gesteinsschweif oder ein neuerer Höllenplanet sind nur zwei Kandidaten für extreme Welten in den Daten des Mitte August aufgegebenen Weltraumteleskops. Wie 2012 entdeckt wurde, wird ein schwacher 15,2mag-Stern (etwa 0,5 Sonnenmassen und 0,5-fache Sonnengröße) in der nördlichen Leier (nicht weit entfernt von Wega und epsilon Lyr) vermutlich von 3 Exoplaneten umkreist, wobei das innerste Exemplar, wenn es sich bestätigen würde, einen neuen Rekord aufstellt: Auf KOI 1843.03 dauert ein Jahr nur 4,2 Stunden! Der Kandidat steht so dicht an seinem 3.600 Kelvin heißen Heimatstern, dass die Tagseite des Planeten mit 2.600 Kelvin gegrillt wird. Die Oberfläche dort wäre geschmolzen und würde vielleicht verdampfen, so dass ein Gesteinsschweif sichtbar wäre.

Besonders interessant ist außerdem die Frage: Wie kann ein kleiner Höllenplanet mit 4,2 Stunden Umlaufzeit eigentlich überleben, denn durch die Gezeitenkräfte hätte er sich normalerweise längst aufgelöst. Mit diesem Problem beschäftigt sich ein im Juli eingereichter Fachartikel, in dem zu KOI 1843.03, der einen rund 0,6-fachen Erddurchmesser besitzt, einige Modelle durchgespielt wurden. Die Analyse ergab als wahrscheinlichstes Ergebnis: Ein kompakter und eisenreicher Geteinsplanet (70 Prozent Eisen als Planetenkern, 30 Prozent Silikatmantel) mit etwa 0,5 Erdmassen und einer Dichte von rund 7 g/cm³.

09.10.2013

Kepler: Erster Kandidat einer habitablen Exoerde

Auch wenn zwischenzeitlich nach einigen Tests ein wenig Hoffnung bestand, der NASA-Planetensucher Kepler wäre noch zu retten, kam am vergangenen Donnerstag die Meldung, in der schließlich die Hauptmission für beendet erklärt wurde. Zwei von vier Schwungrädern, die für die präzise Ausrichtung im Raum notwendig sind, sind einfach zu kaputt, weshalb man nun nach neuen Aufgaben für das Weltraumteleskop sucht. Kepler hinterlässt nach aktuellem Stand 135 bestätigte Exoplaneten und man hofft, dass von den jetzigen 3.548 Kandidaten sich noch 90 Prozent als Planeten herausstellen werden. Doch diese Analyse wird noch Jahre in Anspruch nehmen. Wie man zudem seit Ende Juli im „Habitable Exoplanets Cataloge“ sieht, kam nun der erste Kandidat – von tausenden(!) – einer potentiell habitablen Welt von Erdgröße hinzu. Mittlerweile sind zwar 12 habitable Planeten bekannt, allerdings handelt es sich dabei allesamt um Supererden. Mit 1,4-facher Erdgröße und 2,6 Erdmassen gehört selbst der kleinste Planet, Gliese 581g, zu den Supererden.

Doch mit dem Kepler Object of Interest KOI-571.05 (Stern: KOI-571 bzw. KIC 8120608) hat man in der wahren Datenflut nun den ersten habitalen Kandidaten von Erdgröße entdeckt. Der Kandidat mit 1,1-facher Erdgröße (14.000 Kilometer) und 1,3 Erdmassen umkreist seine Sonne in 130 Tagen. Diese ist ein kleiner orange-roter Zwergstern (3.900 Kelvin heiß und 0,6-facher Sonnendurchmesser), erscheint am Himmel etwa 14,6mag hell und steht 700 Lichtjahre entfernt in Richtung Sternbild Schwan – auf der Linie zwischen gamma und delta Cyg. Der erdgroße Planet ist dabei Teil eines Planetensystems mit fünf Welten. Wann wird wohl die erste Exoerde um einen sonnenähnlichen Stern gefunden?

[Nachtrag, 27.04.2014] Genau 8 Monate nach diesem Blog-Artikel wurde aktuell die erdgroße Welt – nun als Kepler-186f gekennzeichnet – für die Presse groß gefeiert. Und während man bei der BILD-Zeitung direkt auf der Titelseite in Großbuchstaben „2. Erde entdeckt!“ lesen konnte, wurde hier unter „Warum Kepler-168f nicht der „erdähnlichste Exoplanet“ ist“ sofort über die Story hinter der Schlagzeile berichtet.

19.08.2013

Dunkelblaue Farbe von Exoplanet HD 189733b bestätigt

ESA, NASA, Giovanna Tinetti, Martin Kornmesser

„Die Analyse des Lichts des Sterns HD 189733 ergab, dass der ihn umkreisende Exoplanet eine dunkelblaue Version von Neptun sein könnte.“ Das schrieb ich 2010 in einem Artikel, und nach den ersten Hinweisen liegen nun neue Ergebnisse vor, nach denen die 63 Lichtjahre entfernte Welt tatsächlich ein dunkelblau gefärbter Gasplanet sein soll. Eine Forschergruppe stellt dies aktuell in einem Fachartikel („deep, dark blue“) und in einer Presseveröffentlichung („deep, azure blue“) vor. Für die Untersuchung wurde am 20. Dezember 2012 der 7,7mag helle Stern mit dem Hubble-Weltraumteleskop angepeilt, während vier Orbits wurden dann mit dem STIS-Spektrografen 102 Spektren in fast vier Stunden Beobachtungszeit aufgenommen. Beobachtet wurde nicht die Transitphase des (unsichtbaren) Planeten, sondern die sekundäre Bedeckung, wenn also der umkreisende Gasriese fast vom Stern selbst bedeckt wird. Das Spektrum von HD 189733 mit einer zusätzlich Sternlicht reflektierenden Planetenoberfläche sieht anders aus, als ein Spektrum ohne ein begleitendes Objekt im System. Das lässt sich tatsächlich nachweisen, so dass sich HD 189733b im Sternspektrum bemerkbar macht.

Bei der Auswertung der Spektren – aufgenommen zwischen 290 (UV-Bereich) und 570 Nanometer (sichtbares Licht) – fand das Team einen signifikanten Anstieg des Rückstrahlungsvermögens bei kurzen Wellenlängen: Im UV-Bereich liegt die Albedo bei 40 Prozent, während es im grüngelben Teil des Optischen weniger als 12 Prozent sind. Etwas in der Planetenatmosphäre sorgt dafür, dass sie im Ultravioletten viel mehr Sternlicht reflektiert und damit heller erscheint. Glastropfen aus Magnesium-Silikaten, die mit 7.000 Stundenkilometern durch die über 1.000 Kelvin heiße Gashülle getrieben werden, hält man u.a. für wahrscheinlich. Mineralien wie diese sollen das Licht des Heimatsterns so streuen, dass der Gasplanet mit bloßem Auge dunkelblau erscheinen würde. Hell dagegen erscheint temperaturbedingt der Fleck – Hot Spot genannt -, der immer in Richtung Stern weist, da der Planet wie der Mond eine gebundene Rotation hat. „Our best-fit albedo values imply that HD 189733b would appear a deep blue color at visible wavelengths.“ Im Gegensatz dazu entsteht Neptuns blaue Atmosphäre durch Methan, das den Rotanteil des Sonnenlichts absorbiert und das Blau streut.

12.07.2013

1971: Die Geburt des Planetarischen Nebels CRL 618

Das kompakte Objekt CRL 618 im Sternbild Fuhrmann stand auch schon mal auf meiner Beobachtungsliste, ohne jedoch wirklich eine Ahnung zu haben, welche Helligkeit es eigentlich haben soll. Mittlerweile weiß ich, dass der 18,0mag schwache Exot sogar mit 20 Zoll Öffnung unsichtbar bleibt und selbst der erfahrene Deep-Sky-Beobachter Reiner Vogel schreibt „tauchte mit 22″ bei 500x indirekt immer wieder am Rand der Wahrnehmung auf“. Da kann ich ja mit dem 14,5-Zöller lange suchen. Manche Objekte – seien sie noch so interessant – bleiben dann doch den Profis oder zumindest den Astrofotografen vorbehalten. Meist wird CRL 618 in der Literatur als Protoplanetarischer Nebel (PPN) klassifiziert, wie nun aber Astronomen aus Schweden und Mexiko mit ihrer Veröffentlichung zeigen, hat die Verwandlung in einen Planetarischen Nebel bereits begonnen – vor nämlich 42 Jahren. Mit diesem Objekt ist somit die „kurze“ Übergangsphase quasi in Echtzeit beobachtbar.

Außer einer bipolaren Stuktur, zeigt das obige HST-Bild einen orangefarbenen Knoten etwa mittig zwischen den länglichen Nebelmassen. Es ist der typische Farbton der H-alpha-Emission (Entstehung durch Anregung des Wasserstoffs), was bereits erkennen lässt, dass hier die Ionisation schon begonnen hat. Mit der Untersuchung von 1982, 1983, 1990, 1992, 1995, 1998 und 2007 mit dem VLA in New Mexico aufgenommenen Radiodaten dieses zentralen Knotens, erhielten die Astronomen einen Einblick in die dynamische Entwicklung von CRL 618. Mit den Daten bei Frequenzen von 22 GHz (1,3cm Wellenlänge) und zusätzlich 5 GHz (6cm Wellenlänge) stellten sie fest, mit welcher Rate die Größe der Quelle zunnimmt, so dass sich daraus als Beginn dieser Entwicklung das Jahr 1971 errechnen ließ. Wie außerdem jüngst eine andere Arbeit zeigte, sind die länglichen Nebelfilamente vermutlich auch erst in einem Zeitraum von 100 bis 200 Jahren entstanden. Und in wenigen Jahrhunderten wird aus dem heutigen Reflektionsnebel, in dem die Ionisation eben erst begonnen hat, ein leuchtender bipolarer Planetarischer Nebel wie der klassische NGC 6302 geworden sein – sichtbar schon in Teleskopen mit mittlerer Öffnung.

23.06.2013

Größter Röntgenflare von Algol beobachtet

Mercedes Richards

So stellt man sich heute das bedeckungsveränderliche Sternsystem Algol im Perseus künstlerisch vor. Allein in den letzten Jahren offenbarte sich mit hoch auflösenden Radiobeobachtungen und 3D-Doppler-Tomografie (Paper 2010, Paper 2012, Pressemeldung) der kühlere Begleiter als eine äußerst aktive Sonne – mit Protuberanzen und noch viel höheren und heißeren koronalen Plasmabögen, sog. Coronal Loops. Auch energiereiche Ausbrüche werden immer wieder registriert, so zuletzt vor 2  ½ Wochen. Die Beobachtung gelang mit dem kaum bekannten japanischen Röntgendetektor MAXI an Bord der Raumstation ISS. Am 22. Februar registrierte es einen sehr starken Röntgenflare von Algol, wobei die magnetische Entladung Energien freisetzte, die einer Plasmatemperatur von 200 Millionen Kelvin entsprechen. Innerhalb der fünf Minuten des Flares wurde eine Röntgenleuchtkraft von bis zu 5×10^32 erg/s erreicht, was ihn zum stärksten mit MAXI registrierten Algol-Ausbruch macht.

12.03.2013


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