Archiv für Oktober 2013

Kepler-System mit 7 Planeten innerhalb von 1 AE!

Diese Grafik soll die Kepler-Entdeckung dieser Woche verdeutlichen: Ein fernes Planetensystem mit sieben neuen Kandidaten, die alle innerhalb von 1 AE (Abstand Erde-Sonne) ihren Stern umkreisen. Nebst vorläufiger Nummerierung (KIC = schwarz, KOI = rot) sind in der Abbildung die Größen- und Abstandsverhältnisse zu unserem Planetensystem dargestellt. Normalerweise wird in einem solchen Fall noch von Planetenkandidaten gesprochen, allerdings erschienen jetzt direkt hintereinander zwei Arbeiten zweier unabhängiger Gruppen. Zuerst erschien gestern ein Paper, in dem von den Amateurforschern der Planet Hunters neu analysierte Archiv-Daten des mittlerweile aufgegebenen Kepler-Weltraumteleskops veröffentlicht wurden. Wenn es um mehrere Transitmerkmale bei einem Stern geht, scheint der übliche Suchalgorithmus der Kepler-Forscher fehlerhaft zu arbeiten, so dass man jetzt mit einer Neuauswertung auf ein siebtes Signal (KOI 351.07) aufmerksam wurde. Heute folgte schließlich ein zweiter (unabhängiger) Fachartikel, an dem mit 6 Autoren maßgeblich das Institut für Planetenforschung des DLR in Berlin beteiligt war. Auch mit dieser Untersuchung gelangt man zur Entdeckung des ersten Sternsystems mit sieben extrasolaren (Transit-)Planeten. Weiterhin wurde darin die dynamische Entwicklung eines derart kompakten Planetensystems analysiert, um so auf die einzelnen Massen schließen zu können; auch ein Signal in der Lichtkurve von KOI 351.02 (PDF-Seite 27) lässt sich als möglicher Exomond noch nicht ausschließen.

Die Heimatsonne KOI 351 ist ein rund 2.500 Lichtjahre entfernter 14,1mag-Stern im Sternbild Drache. Es handelt sich dabei um einen sonnenähnlichen Stern mit 1,1-facher Sonnenmasse sowie Sonnendurchmesser, die Temperatur liegt bei etwa 6.100 Kelvin. Die Planetengrößen liegen zwischen 10-fachem Erddurchmesser (äußerster Planet) und Erdgröße (innerster Planet), wobei ihre Abstände zum Stern nur zwischen 0,075 und 1 AE variieren, und ihre berechneten Massen sollen bei 3 Erdmassen (Planet b, c), 10 Erdmassen (Planet d, e, f) sowie für die Gasriesen bei 1,7-facher Neptunmasse (Planet g) bzw. 0,8 Jupitermassen (Planet h) liegen.

24.10.2013

Eine Woche nach dem Fund der Tscheljabinsk-Hauptmasse

 

 

 

 

Genau vor einer Woche nahm die Suche nach dem größten Überrest des am 15. Februar über Tscheljabinsk explodierten Super-Boliden (Video 1) ein Ende. Vertraglich war die Suchaktion im Tschebarkul-See nur bis zum 04. Oktober genehmigt, zudem wurde es zunehmend kälter und der erste Schnee fiel ebenfalls Anfang Oktober, aber trotz des eiskalten Wassers arbeiteten die Taucher weiter. Unter Schlick und Schlamm in etwa 20 Metern Tiefe wurde schließlich tatsächlich am 14. Oktober ein wirklich großer Brocken entdeckt, der aber wegen stürmischen Wetters nicht gleich gehoben werden konnte. Zwei Tage später konnte man dann eine Schlagzeile mit der Google-Übersetzung lesen: „Der See Tchebarkul finden Sie die größte Fragment des Meteoriten“. Bei der letztlich erfolgreichen Bergungsaktion (Video 2) war sogar der Gouverneur der Tscheljabinsk-Region, Mikhail Yurevich, anwesend (Video 3); zudem hat der russische TV-Sender RT über eine Stunde lang die gesamte Bergung dokumentiert (Video 4). Das erste Wiegen des bis zu 88 Zentimeter großen Brockens zeigte 570 Kilogramm an, dann gab die Waage nach. Bei diesem Ruck brachen durch einen vorherigen Spalt zwei gleich große Stücke (ungefähr 50 Kilogramm) ab. Nach den letzten offiziellen Angaben soll die Hauptmasse insgesamt 650 Kilogramm gewogen haben. Einen Tag später kam das Fundstück im naturhistorischen Regionalmuseum in Tscheljabinsk an und tags darauf war es bereits im Museum für die Öffentlichkeit ausgestellt – umgeben von historischen Sternbildern unter spitzem Glasdach (Video 5). 365 Tage im Jahr soll so das Hauptfragment öffentlich zugänglich sein, obwohl es zur Turbokonservierung und Art der Präsentation auch kritische Stimmen gibt. Die beiden abgebrochenen Fragmente sollen nun im Labor untersucht werden und später ebenfalls im Museum zu sehen sein. Und um das Ökosystem des Sees nicht noch weiter zu belasten, soll es nun ein Verbot gegen mögliche Tauchtouristen geben, die auf eigene Faust den Seeboden nach weiteren Meteoriten absuchen.

23.10.2013

Großer Higgs-Abend zum Physik-Nobelpreis

„Sie sollen ja auch was über die Natur lernen.“ Diese humorvolle Spitze von Physikprofessor Herbert Dreiner (hier bei einem Science-Slam) an die anwesenden Mathematiker sorgte nicht nur für lautes Gelächter, sondern galt gewissermaßen zugleich als Motto für den gesamten zweiten Higgs-Abend in Bonn. Fand die Veranstaltung im Juli 2012 noch im Uni-Hauptgebäude statt, wurde die Öffentlichkeit diesmal in den mit 500 Sitzplätzen größeren Wolfgang-Paul-Hörsaal eingeladen. Nur 9 Tage nach der Verkündung des Physik-Nobelpreis 2013 informierte Theoretiker Dreiner zusammen mit Experimentalphysiker und ATLAS-Mitglied Jürgen Kroseberg 90 Minuten lang plus 30-minütiger Fragerunde detailiert über die Hintergründe zu Higgs-Boson, Higgs-Mechanismus und Higgs-Feld. Das Standardmodell der Teilchenphysik oder das Problem der QED (sie beschreibt nur masselose Bosonen), aus dem 1964 der Higgs-Mechanismus entwickelt wurde, wurden ebenso erläutert wie die technische Suche nach dem Higgs-Teilchen am CERN und die neuesten LHC-Daten des ATLAS- und CMS-Detektors. Dass der Nobelpreis-Vortrag nicht üblicherweise trocken daherkam, war vor allem der lockeren und anschaulichen Art und Weise von Herbi Dreiner, der seit 2002 die Bonner Physikshow organisiert und 1983 in seinen ersten Teilchenphysik-Vorlesungen vom Higgs hörte, zu verdanken. Spontane Symmetriebrechung, Skalar- und Vektorfeld, Eichsymmetrie, Higgs-Mechanismus, Quantennatur des Lichts – all diese wenig sagenden Begriffe brachte der 50-jährige theoretische Physiker etwa mit Wetterkarte, erhitzten Magneten oder persönlich als lichtschnelle/r Ladung/Professor sehr anschaulich auf die große Bühne des rappelvollen Hörsaals. Eins der Highlights war sicherlich die Erzeugung eines Higgs-Teilchens, das merkwürdigerweise wie der Teddy aus Dreiners Kindheit aussah. Statt eines Milliarden Euro teuren LHC brauchte es hier nur eine Kollision von zwei Hämmern, um das Higgs-Feld entsprechend anzuregen. Wichtig war es den Vortragenden u.a. deutlich zu machen, dass nicht das Higgs-Teilchen für die Massen der Elementarteilchen verantwortlich ist, sondern das Higgs-Feld, dessen das 2012 entdeckte Boson nur eine Manifestation ist. Ebenso bei der anschließenden Fragerunde, bei der zum Teil sehr ins Detail gehende Fragen vom aufmerksamen Publikum kamen, wurde noch einmal ganz klar hervorgehoben, dass die Masse unserer sichtbaren Welt aus Protonen und Neutronen besteht, doch erst mit dem Higgs-Feld lässt sich erklären, wie Elementarteilchen wie Quarks (höchstens 5 Prozent der Atomkernmasse) und Elektronen ihre Massen erhalten.

Einen weiteren Bericht zum gestrigen Higgs-Abend gibt’s hier im Bonner-Sterne-Blog.

18.10.2013

Das soll er sein! Tscheljabinsk-Hauptmasse ist gehoben

Ein Mann gestikuliert und scheint ein Interview zu geben, während sich hinter ihm eine Menschenmenge am Ufer des Tschebarkul-Sees versammelt hat. Kameras und Mikros steuern die Mitte der Gruppe an und nur ab und zu wird im Webcam-Bild der Blick frei auf einen metergroßen Brocken, der heute Mittag gegen 12:00 MESZ (nachmittags Ortszeit) aus den Tiefen des eiskalten Sees geborgen wurde. Via Livestream, von dem die 4 Screenshots stammen, konnte der Andrang verfolgt werden. Mit 570 Kilogramm handelt es sich dabei tatsächlich um die Hauptmasse des Tscheljabinsk-Meteoriten, der am 15. Februar einen spektakulären Meteor – einen Superboliden – über dem östlichen Ural abgab und mit einem ohrenbetäubenden Knall in 23 Kilometer Höhe explodierte. Mehr zur heutigen Bergung ist zurzeit noch nicht bekannt.

16.10.2013

Nobelpreis für’s CERN? Higgs meint: „Clearly“

Wer erhält in diesem Jahr den Nobelpreis für Physik? Heute vor einer Woche wurde das Geheimnis gelüftet und vom Nobel-Komitee gab’s die Ankündigung, dass die Auszeichnung an Peter Higgs und Francois Englert geht – für ihre Grundlagen zum Higgs-Mechanismus, der mit dem am CERN entdeckten Higgs-Teilchen bestätigt wurde. Seit der im Juli 2012 bekannt gegebenen Entdeckung eines Higgs-Bosons wurde Peter Higgs schlagartig zu einem der berühmtesten theoretischen Physiker unserer Zeit, doch der heute 84-jährige Schotte ist kein Freund der Öffentlichkeit und so entschied er schon Monate vor der Bekanntgabe des Physik-Nobelpreisträgers im Oktober an Nobelitis zu erkranken. Für den Fall der Fälle, dass die Auszeichnung an ihn gehen würde, hinterließ er nur eine kurze Nachricht.

Vergangenen Dienstagmittag. Während alle der Nobelpreis-Bekanntgabe zuhörten, kehrte Peter Higgs vom Mittagessen in einem Restaurant in Leith, einem Vorort von Edinburgh, zurück, als ihn auf der Straße eine ältere Dame, eine frühere Nachbarin des Physikers, ansprach und dem frischgebackenden Nobelpreisträger gratulierte. Am Freitag, 3 Tage nach der Ankündigung, hatte Higgs diese Geschichte erzählt. Die Universität von Edinburgh feierte ihren Nobelpreisträger mit einer einstündigen Pressekonferenz (oben 4 Screenshots daraus) und der Physiker stand den Journalisten Rede und Antwort. Eine von vielen Fragen bezog sich auch auf das CERN. „Should CERN recieve a prize?“ Peter Higgs antwortete: „Clearly they should“. Vorab hatte man zwar gehofft, dass das Nobel-Komitee ihre Richtlinien an die heutige Wissenschaft anpassen würde und ebenso den Ort der Entdeckung des Higgs-Teilchens würdigt, aber das CERN ging leer aus. Des Weiteren wurde der emeritierte Professor beispielsweise gefragt, wie sein Interesse für Physik entstand oder was er mit dem Preisgeld machen wird. Bei seinen Antworten wies Higgs wiederholt darauf hin, dass die Entdeckung des seinen Namen tragenden Elementarteilchens bzw. der jahrzehnte lange Weg dorthin nicht das Werk einer Einzelperson ist. Und obendrein wurde über das Kiltmuster des Rednertisches sogar ein kleines Präsent an den Nobelpreisträger überreicht – eine Flasche Ale Marke „London Pride“. Eine Aufzeichnung der Pressekonferenz kann man sich hier ansehen.

An dieser Stelle möchte ich außerdem noch eine wirklich sehenswerte Higgs-Doku empfehlen. Nach dem x-ten ordentlich Krach produzierenden Urknall habe ich längst mit Bildungsfernsehen dieser Art abgeschlossen, sparsam mit Animationen ging man hingegen bei der Higgs-Ausgabe von „Quarks & Co“ um. Sie wurde direkt am Dienstagabend im WDR ausgestrahlt und leitete mit den Worten ein: „Der diesjährige Physik-Nobelpreis hat mit der Entdeckung des sog. Higgs-Teilchens zu tun“. Offenbar wusste die WDR-Redaktion mehr als alle anderen. Die Sendung, die hier abgerufen werden kann, bestand aus Teilen eines Ende April geführten Interviews mit Peter Higgs (deutsch und englisch), ein paar Spielszenen und stellte ansonsten ausführlich das CMS-Experiment des LHC am CERN vor. Diese Berichterstattung lobt sogar eine Teilchenphysikern des ATLAS-Detektors. Also ansehen!

15.10.2013

Komet ISON neben Mars und Regulus

Der mit Spannung erwartete Komet ISON (C/2012 S1; Twitter-Hashtag #ISON) ist derzeit noch 1,35 AE von der Sonne entfernt und eilt ihr noch anderthalb Monate lang weiter entgegen und wird so bald in der zunehmenden Morgendämmerung verblassen und unbeobachtbar werden. Das Perihel, in dem der Komet unserem Stern bis auf einen Sonnendurchmesser (genauer: 1,16 Millionen Kilometer) nah kommt, wird am 28. November durchlaufen. Wie ISON danach am Abendhimmel sichtbar sein wird, hängt eben davon ab, wie er diese extreme Sonnennähe überstehen wird.

Auf seiner Bahn Richtung Sonne zog der Komet schon nahe des Sternhaufens M 44 vorbei und dieser Tage fand eine sehenswerte Begegnung mit Mars und dem Stern Regulus statt. Letzten Freitag war im aktuellen Interstellarum-Newsletter noch eine künstlerische Darstellung dieser besonders schönen Konjunktion zu sehen und jetzt gibt es schon die ersten Aufnahmen. Astrofotograf Norbert Mrozek von schweifstern.de hat ISON bei Mars und Regulus am 12. Oktober und 14. Oktober mit einem 88/400-Teleskop festgehalten. Auch Franz Xaver Kohlhauf war am frühen Morgen des 14. Oktober bei Bad Tölz auf Kometenjagd und hat mit einem 300mm-Teleobjektiv das obige Bild aufgenommen. Mit 9 Aufnahmen zu 70 Sekunden wurde dieses schöne Dreigestirn festgehalten und wie man dicht über Regulus erkennt, wurde sogar die Zwerggalaxie Leo I (UGC 5470) abgebildet. Und hier noch ein heute morgen um 4:10 MESZ aufgenommenes ISON-Mars-Regulus-Bild von Kometenbeobachter Burkhard Leitner.

Außerdem: Im Nachbarblog „Bonner Sterne“ gibt’s von Daniel Fischer ein aktuelles Update zur Entwicklung des Kometen. Darin sind nochmal jede Menge Links zu allerhand ISON-Portalen zu finden, und der Hinweis auf ein kleines ISON-Büchlein, dass es unter kometison.de sogar komplett online gibt.

15.10.2013

GD 61: Neues Spektrum bestätigt wasserreichen Asteroiden

Bereits in einem im Januar 2011 veröffentlichten Artikel wurde die Vermutung geäußert, dass der u.a. mit Sauerstoff, Magnesium und Silizium kontaminierte lichtschwache Weiße Zwerg GD 61 durch Material eines wasserreichen Asteroiden „verschmutzt“ wurde. In den Spektren wurde damals ein Überschuss an Sauerstoff nachgewiesen, welcher von Metalloxiden und noch eher von Wasser stammen könnte. Dazu hieß es: „The potential for excess O in GD 61 is of interest because the most natural explanation would be that extra O was originally bound in water ice representing a significant fraction of the total mass of the minor planet; 25% to 35% …“ So ging das Team um Astrophysiker Jay Farihi, damals an der University of Leicester, von einem differenzierten und zum Teil aus Wassereis bestehenden Asteroiden aus, doch eine genaue Aussage ließen die damals ermittelten Elementverhältnisse noch nicht zu.

Vergangene Woche wurde nun über neue Ergebnisse (Fachartikel) Farihis, jetzt an der University of Cambridge, berichtet. Neue Spektren der 14,8mag hellen Sternleiche wurden mit dem Hubble Space Telescope aufgenommen und scheinen die Hinweise von damals zu bestätigen. Damit ist GD 61 der erste Weiße Zwerg in dessen Oberfläche sich tatsächlich akkretiertes Gesteinsmaterial eines wasserreichen Asteroiden mittels Spektroskopie nachweisen ließ. Der Mantel des durch Gezeitenkräfte zerstörten großen Asteroids (über 100 Kilometer) bestand zu 26 Prozent aus Wassereis, was zahlenmäßig sogar mit dem Wassergehalt des Zwergplaneten Ceres übereinstimmt. „The white dwarf GD 61 contains the unmistakable signature of a rocky minor planet analogous to Ceres in water content, and probably analogous to Vesta in mass.“

Der massereiche Weiße Zwerg GD 61 ist der Überrest eines 8-Sonnenmassen-Sterns und besitzt nach seinem Ausbrennen vor 200 Millionen Jahren nur noch 0,7 Sonnenmassen. Er hat sich bereits auf 17.000 Kelvin abgekühlt und befindet sich etwa 160 Lichtjahre entfernt im Sternbild Perseus ganz in der Nähe des 4,3mag-Sterns 58 Per. Übrigens soll nach einer weiteren Untersuchung von 2010 die „Verschmutzung“ durch den Asteroidenstaub erst 150.000 Jahre zurückliegen; der Kleinkörper soll mindestens 100 Kilometer groß gewesen sein.

14.10.2013

Wüstenglas durch Kometeneinschlag entstanden?

Eigentlich sieht es nur wie leicht farbiges Glas aus – der gläserne Skarabäus im Pektoral Tutenchamuns ebenso wie die Scherbe in meiner Sammlung -, und doch zeugt es von einer kosmischen Katastrophe, die sich vor etwa 28 Millionen Jahren abgespielt hat.  Libysches Wüstenglas, das hauptsächlich in der Libyschen Wüste im Westen Ägyptens zu finden ist, ist ein natürliches Glas und besteht zu 98 Prozent aus SiO2 (Siliziumdioxid = Quarz); zu 75 Prozent ist es im normalen Fensterglas zu finden. Durch die beim Einschlag eines Impaktors entstehenden Temperaturen wurde der Sandstein des Wüstenbodens geschmolzen, wobei die Glasschmelze mit den Auswurfmassen über ein riesiges Areal (LDG = Libyan Desert Glass) verteilt wurde. Das ist die bekannteste Theorie zur Entstehung des Wüstenglases vor 28 Millionen Jahren, doch über viele Einzelheiten wird noch heute diskutiert. So geht aktuell eine Forschergruppe der Universität von Südafrika davon aus, dass es sich bei dem Impaktor um einen Kometen gehandelt hat.

Dies wurde schon jetzt bekannt, obwohl ihre Arbeit erst am 15. November im Magazin „Earth and Planetary Science Letters“ erscheint. Die erste Zeile lautet: „We have studied a small, very unusual stone, here named „Hypatia“, found in the area of southwest Egypt where an extreme surface heating event produced the Libyan Desert Glass 28.5 million years ago.“ Als mit Spektroskopie und Mikroskopie die Zusammensetzung des 30 Gramm leichten Steins entschlüsselt wurde, tauchte ein unerwartet hoher Kohlenstoffanteil in den Daten auf. Der kleine 1996 gefundene Kiesel soll zu 65 Prozent aus Kohlenstoff bestehen, was weder mit terrestrischen Materialen (z.b. Diamant) noch mit kohligen Chondriten erklärt werden kann. Mit allen zur Verfügung stehenden Daten kam man so zum Schluss, dass die Zusammensetzung am ehesten mit Material eines Kometenkerns übereinstimmt. „We propose that the Hypatia stone is a remnant of a cometary nucleus fragment …“ Das wäre das erste Mal, dass man tatsächlich Kometenmaterie auf der Erde entdeckt hat.

10.10.2013

Exoplanet ohne Stern im Steinbock entdeckt

Position von PSO J318.5-22; http://wikisky.org/

Genau da steht er, zwischen zwei relativ hellen Fernglas-Sternen (20 Bogenminuten Abstand) im Steinbock, allerdings ist das entdeckte Objekt nicht im Visuellen sichtbar. Es wurde auf Aufnahmen mit dem Infrarotdetektor des 2010 in Betrieb gegangenen PanSTARRS-Teleskops auf Hawaii entdeckt und anschließend folgten weitere Untersuchungen an vier Observatorien, wobei letzte Nahinfrarot-Spektren erst in 3 Nächten Ende Juni am 8-Meter-Spiegel des Gemini-Süd in Chile aufgenommen wurden. Wie das Astronomenteam nun in ihrem aktuell veröffentlichten Fachartikel beschreibt, hat sich der Fund als wirklich interessantes Studienobjekt herausgestellt. Wie die Analyse nämlich zeigt, ist das PSO J318.5-22 genannte Objekt ein massereicher Gasplanet. In 80 Lichtjahren Entfernung treibt somit ein einsamer Jupiter ohne Heimatstern durch’s All.

Das Objekt gehört zu einem Bewegungshaufen, so dass daraus bereits auf ein Alter von nur etwa 12 Millionen Jahren geschlossen werden kann, woraus sich mit Entwicklungsmodellen eine Masse von 6,5 Jupitermassen, eine Größe von 1,5 Jupiterdurchmesser und eine Temperatur von rund 1.200 Kelvin (Spektraltyp L6) ableiten ließ. Und mehr noch: Einige Eigenschaften (Farbe, Helligkeit, keine Methan-Absorption) passen sogar zu den direkt abgebildeten Exoplaneten des 6,0mag-Sterns HR 8799. So ist auch in dem Aufsatz zu lesen: „Altogether, PSO J318-22 is the first free-floating object with the colors, magnitudes, spectrum, luminosity, and mass that overlap the young dusty planets around HR 8799 …“ Mit dem einzigen Unterschied, dass es ein Zwerg mit Planetenmasse ohne Sonne ist. Aus Definitionsgründen wurde für solche „free floating“ Objekte schon vor 10 Jahren der Begriff „Planemo“ (Planetary Mass Object (PMO)) vorgeschlagen.

10.10.2013

KOI 1843.03: Höllenplanet mit kürzester Umlaufzeit

MIT

Könnte so der Kepler-Planetenkandidat KOI 1843.03, der lediglich 4,2 Stunden(!) für einen Umlauf braucht, aussehen? Ein Exoplanet mit Gesteinsschweif oder ein neuerer Höllenplanet sind nur zwei Kandidaten für extreme Welten in den Daten des Mitte August aufgegebenen Weltraumteleskops. Wie 2012 entdeckt wurde, wird ein schwacher 15,2mag-Stern (etwa 0,5 Sonnenmassen und 0,5-fache Sonnengröße) in der nördlichen Leier (nicht weit entfernt von Wega und epsilon Lyr) vermutlich von 3 Exoplaneten umkreist, wobei das innerste Exemplar, wenn es sich bestätigen würde, einen neuen Rekord aufstellt: Auf KOI 1843.03 dauert ein Jahr nur 4,2 Stunden! Der Kandidat steht so dicht an seinem 3.600 Kelvin heißen Heimatstern, dass die Tagseite des Planeten mit 2.600 Kelvin gegrillt wird. Die Oberfläche dort wäre geschmolzen und würde vielleicht verdampfen, so dass ein Gesteinsschweif sichtbar wäre.

Besonders interessant ist außerdem die Frage: Wie kann ein kleiner Höllenplanet mit 4,2 Stunden Umlaufzeit eigentlich überleben, denn durch die Gezeitenkräfte hätte er sich normalerweise längst aufgelöst. Mit diesem Problem beschäftigt sich ein im Juli eingereichter Fachartikel, in dem zu KOI 1843.03, der einen rund 0,6-fachen Erddurchmesser besitzt, einige Modelle durchgespielt wurden. Die Analyse ergab als wahrscheinlichstes Ergebnis: Ein kompakter und eisenreicher Geteinsplanet (70 Prozent Eisen als Planetenkern, 30 Prozent Silikatmantel) mit etwa 0,5 Erdmassen und einer Dichte von rund 7 g/cm³.

09.10.2013


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