So sieht er also aus: der Asteroid 2015 TB145, der erst diesen Monat am 10. Oktober entdeckt wurde und heute um 18:00 Uhr in rund 1,3-facher Mondentfernung – 480.000 Kilometer – an der Erde vorbeifliegen wird. Passend zu Halloween wird er in den Medien bereits „Spooky“ genannt oder als Pumpkin- bzw. Kürbis-Asteroid bezeichnet. Und wie die obige erste Radar-Aufnahme, gestern mit dem 305-Meter-Arecibo-Radioteleskop empfangen, erkennen lässt, hat 2015 TB145 schon irgendwie Ähnlichkeit mit einem Totenschädel. Das Bild zeigt außerdem, dass der Asteroiden-Besuch nicht wie berechnet 320 Meter, sondern etwa 600 Meter groß ist. Es scheinen sich auch weitere Hinweise zu zeigen, dass der Asteroid eigentlich ein erloschener, toter Komet sein könnte. Bereits die ungewöhnliche Umlaufbahn lässt einen kometaren Ursprung vermuten. So gesehen ist 2015 TB145 um einiges spannender, als die nahen monatlichen Asteroiden-Besucher (gang unten), die ganz normal und für die Erde nicht gefährlich sind – auch wenn die Medien immer gern vom Weltuntergang schreiben.
Auch für Teleskopbesitzer ist der große Halloween-Himmelskörper sehr interessant, denn immerhin erreicht er heute Nachmittag im erdnächsten Punkt die 10. Größenklasse. Zum Dämmerungsende und ohne störenden Mond am Himmel ist der Asteroid um 18:00 Uhr immer noch 10,7mag hell (knapp unterhalb des Kastens des Großen Wagen), allerdings wird er schnell lichtschwächer und hat 2 Stunden später nur noch eine Helligkeit von 12,5mag (im Sternbild Jagdhunde). Gute Aufsuchkarten für die Beobachtung von 2015 TB145 finden sich hier (18:00 Uhr) und hier (19:00 Uhr). Wer nun kein Fernrohr oder einen wolkenverhangenen Himmel hat, kann hier ab 17:30 Uhr den Livestream des Slooh-Portals einschalten. Für das Rheinland sieht die derzeitige Wolkenprognose ganz gut aus, so dass ich direkt um 18:00 Uhr mein Glück versuchen werde. Denn außerdem ist es der dichteste Vorbeiflug eines Asteroiden dieser Größe für insgesamt 30 Jahre. In diesem Sinne: Clear Skies!
[Update] Vergangene Nacht ab 1:00 Uhr gab es bereits diese Liveübertragung aus Italien. Parallel dazu hat Hobbyastronom Oliver Schneider den Asteroiden fotografiert, woraus eine dynamische GIF-Animation (von 2:03 bis 3:23 Uhr) und diese Aufnahme, die die schnelle Bewegung deutlich werden lässt, entstanden sind.
2015 TB145 am 31.10.2015 zwischen 3:40 und 3:59 MEZ; Oliver Schneider
Das Jahresende scheint mittlerweile für sehenswerte Weltraumabenteuer zu stehen: Erst kam im Herbst 2013 der orbitale Katastrophenfilm „Gravity“ (der Regie-Oscar ging zurecht an Alfonso Cuarón), im Herbst 2014 folgte das Sci-Fi-Drama „Interstellar“ (Christopher Nolans Mix aus „2001“ und „Contact“) und nun geht übermorgen Ridley Scotts „Der Marsianer“ in den deutschen Kinos an den Start. Die Kritiken sind bisher durchweg postitiv und so ist es für Filmseite.de Scotts „bester Film seit langem“ und die Seite Filmstarts.de, die 4 von 5 Sterne vergibt, zieht als Fazit: „Ridley Scott gelingt mit seinem spaßigen Weltraum-Survivaldrama „Der Marsianer“ ein höchst unterhaltsamer Science-Fiction-Film, der zwar durch seine Feel-Good-Leichtigkeit überrascht, aber trotzdem hochspannend ist.“ Auch NASA-Astronauten wie Clayton Anderson und Buzz Aldrin, Apollo-Veteran und Mars-Visionär, äußern sich positiv über den Film.
Als Weltraum-Fan kam ich dieses Jahr kaum an „Der Marsianer“ vorbei, denn da gab es z.b. das „Sternstunde“-Interview mit Autor Andy Weir, der mit seinem super recherchierten Roman direkt mal einen Bestseller ablieferte (nur 4 Tage nach dem Verlag, klopfte auch Hollywood an die Tür), …
… im Frühjahr las ich dann das spannende Buch und zuletzt habe ich mich noch mit einem Besucher des „Tags der Luft- und Raumfahrt“ in Köln darüber unterhalten. Vor zwei Wochen wurde ich schließlich von Martin Neumann, der Erfinder und der kreative Kopf von universe2go, zu einer Preview von „Der Marsianer“ eingeladen, und gestern Abend war’s dann soweit. Vor und nach dem Film wurde das neuartige digitale Planetarium (passend zum Film enthält die App nun auch Mars-Sequenzen) zusammen mit einer PR-Agentur den zahlreichen Kinobesuchern im Kölner Cinedom vorgeführt – und für eine Besucherin wartete universe2go noch als Geschenk versteckt unter dem Kinosessel. Außerdem wurde nach den üblichen Trailern – angekündigt von ESA-Mitarbeiter Jules Grandsire – ebenfalls passend zum Film eine 3D-Mars-Tour des DLR gezeigt.
Der gute Nachricht zuerst: Es gibt Leben auf dem Mars, wenn auch nur eines und das auch noch unbeabsichtigt. „Der Marsianer“ beginnt mit einem Sonnenaufgang über dem Vallis Marineris und zeigt eine Bodenstation mit 6 Astronauten in einer malerischen Marslandschaft. Aus dem Nichts zieht plötzlich ein riesiger Sandsturm auf, die die Crew zur Rückkehr zur Erde zwingt, bei der Evakuierung kommt allerdings NASA-Astronaut Mark Watney vermeintlich ums Leben. Während sich seine Kollegen schon auf dem Rückflug befinden, wacht Watney verletzt und halb vom Marssand begraben auf. Er lebt. Doch wie überlebt man auf einem lebensfeindlichen Planeten? Werden die Systeme für die Sauerstoffproduktion und die Wasseraufbereitung halten, reichen die CO2-Filter, habe ich genug Strom und reicht überhaupt der Proviant, bis mich eine Rettungsmission abholt? Und dann wäre da noch die Frage: Wie sage ich der Erde überhaupt Bescheid, dass ich gar nicht tot bin? Für das Überleben auf einem toten Planeten braucht man einen kühlen Kopf und den hat Mark Watney auf jeden Fall. Immerhin ist der Astronaut Botaniker und findet in bester MacGyver-Manier auch für die übrigen Probleme eine Lösung. Und geht mal etwas schief, probiert man eine neue Lösung. So wird im Laufe des Mars-Abenteuers aus dem ersten Menschen, der auf einem fremden Planeten vergessen wurde, ein „Space Pirate“, ein fliegender Iron Man und nebenbei kolonisiert Watney auch noch den Mars („In your face, Neil Armstrong!“). Darüber hinaus verliert der Gestrandete nie seinen (Galgen-)Humor, was „Der Marsianer“ zu Scotts vielleicht witzigstem Film macht. So wird der Überlebenskampt in der endlosen roten Einöde aus Sand, Stein und Fels schon mal amüsant mit den Disco-Hits „Hot Stuff“ (an passender Stelle im Mars-Mobil), „I Will Survive“ und dem ABBA-Klassiker „Waterloo“ untermalt – danke Commander Lewis. Auch auf der Erde steuern die Mitarbeiter von NASA und des JPL ein paar lustige Momente bei (z.b. wenn ein Flugdynamiker nicht mal seinen Chef erkennt). Während des Gesprächs über das Projekt Elrond hat eigentlich nur noch eine Spitze gegen den anwesenden Sean „Boromir“ Bean gefehlt.
Andy Weir lieferte mit seinem Debütroman eine gelungene Robinsonade auf dem Mars ab, die Regisseur Ridley Scott nun gekonnt mit Spannung und Witz auf die Leinwand bringt und in den 2 Stunden, 15 Minuten keine Langeweile aufkommen lässt. Bis auf ein paar Auslassungen (was u.a. die Navigation angeht) hält sich Drew Goddards („Cloverfield“) Drehbuch eng an die Vorlage (z.b. die codierte Kommunikation), auch der Aufbau des Romans wurde beibehalten. Auf Realismus habe ich jetzt weniger geachtet, aber mir fiel auf, dass jede Marslandschaft auf der großen Leinwand wie ein perfektes Postkartenmotiv aussah. Ob nun die Route zum Schiaparelli-Krater wirklich so malerisch aussieht, weiß ich nicht. Anderen wird dagegen die Wucht des Sturms, die fehlenden Kommunikationspausen oder die nicht realistische Gravitation negativ auffallen. Wie dem auch sei: Der Film bekommt von mir dennoch die Note 4/5 und ist damit jedem Weltraum- bzw. Sci-Fi-Fan zu empfehlen. Auch denen, die sich an zu vielen langatmigen technischen Details im Buch störten, sei der Film empfohlen und die, die schon den Bestseller gut fanden, werden sowieso ein Kinoticket lösen. „Der Marsianer“ ist unterhaltsames Popcorn-Kino, mit dem Scott zugleich sehr schön zeigt, dass der Rote Planet kein Kassengift – siehe etwa „Red Planet“ oder „John Carter“ – sein muss. Somit ist die Mischung aus „Apollo 13“ und „Cast Away“ der bislang beste Mars-Film überhaupt.
P.S. Ridley Scott widmet sich nun wieder seinem „Alien“-Universum zu und wird ab Januar 2016 „Prometheus 2“ drehen.