25. November 2011 – Freitag
Einigen Beiträgen in den Astronomieforen nach zu urteilen, scheint sich aktuell in der Jupiteratmosphäre wieder etwas zu tun, genauer gesagt in dem dünnen weißen Band, das dem Großen Roten Fleck nachläuft. Also hab ich letzte Nacht kurz vor 1 noch den Dobson an die frische Luft gesetzt. Aber schon beim ersten Blick auf den Gasplaneten sah man das schlechte Seeing. Das Sturmoval, das sich eben erst reindrehte, konnte man gerade noch so am Planetenrand erkennen.
Ich wollte dem Seeing noch eine Chance geben und um die Wartezeit zu überbrücken schwenkte ich erstmal zu SN 2011ht, der 140. Supernova-Entdeckung von Tom Boles. Im 9mm bei etwa 170x war der Lichtpunkt leicht zu identifizieren, und sogar die 60-fache Vergrößerung des 25mm-Okulars reichte, um die auseinanderfliegenden Sterntrümmer als 14,0mag helle Supernova zu erkennen.
Weit nach Mitternacht stand die Deichsel des Großen Wagens bereits senkrecht am Nordosthimmel und da bot sich doch M 101 direkt an. Ich hatte nicht viel Hoffnung, die vor drei Monaten entdeckte SN 2011fe noch sicher ohne Karte identifizieren zu können. Aber es klappte doch noch auf den ersten Blick. Selbst bei 60x waren der diffuse Galaxienkern und der 11,5mag helle Nachbarstern sichtbar, und tatsächlich war auf der verlängerten Linie noch der Lichtpunkt zu sehen, den ich im Spätsommer im Fernglas bei 10,0mag beobachtete. Vor einem Monat sah ich die Supernova noch bei 12,0mag, doch mittlerweile ist die Helligkeit der glühenden Überreste des Weißen Zwergs auf 13,0mag gefallen. Vermutlich ist die Plasmawolke schon ein paar 1.000 AE ausgedehnt, aber aus der Entfernung von 21 Millionen Lichtjahren ist die Explosion immer noch punktförmig.
Die Nummer 3 auf der aktuellen Supernova-Liste ist SN 2011hr. Zwischen Krebs und Bärenpranke gelegen im Sternbild Luchs, stand sie für mich ebenso von der Terrasse leicht erreichbar. Auch wenn es mit 14,0mag zurzeit die dritthellste Supernova am gesamten Himmel ist, verhindert die helle Heimatgalaxie eine leichte Beobachtung. Zwischen zwei hellen Sternen gelegen ist die Position von NGC 2691 leicht zu finden und sofort fällt schon bei 60x in der Nähe von drei Sternen 13. Größe ein leicht indirekt aufblitzendes Scheibchen auf. Die Vergrößerung wurde gleich erhöht, aber als das 9mm nichts zu bringen schien, habe ich dem Seeing zum Trotz noch das 6mm aktiviert. Es war zwar nicht ganz leicht, aber in ein paar ruhigen Momenten schien ein vom hellen Galaxienkern versetzter Punkt kurz aufzutauchen. Er stand quasi direkt am Rand der hellen Galaxie, so dass es visuell wie diese Aufnahme aussah. Leicht war’s nicht und hätte ich keinen Anhaltspunkt (wie Positionswinkel) gehabt, hätte ich den Lichtpunkt einfach übersehen. Das Supernova-Licht von 2011hr war 180 Millionen Jahre unterwegs bzw. seit dem Unterjura, als noch Plesiosaurier durch Deutschland schwammen und die Sauropoden aufkamen, bevor es erst vor rund zwei Wochen mit einem 30″-Spiegel entdeckt wurde.
Neben der Supernova-Jagd hab ich noch kurz (433) Eros ins Visier genommen. Seit meiner Sichtung vor drei Tagen hat sich der kleine Near Earth Asteroid 2° weiterbewegt, er befand sich aber immer noch in einer der vorderen Bärenpranken. Zwischendurch war ich auch JWD im Deep-Sky unterwegs. Zwischen Kapella und Polaris gelegen schaute ich nämlich noch bei dem BL Lac-Objekt S5 0716+714 (z=0,3) vorbei, einem Blazar in 3,4 Milliarden Lichtjahren Entfernung. 60-fache Vergrößerung reichte, um mit dem schwachen Lichtpunkt auf Zeitreise zu gehen. In dieser Zeit hat sich quasi das gesamte Leben auf unserem Blauen Planeten gebildet. Angefangen bei den Cyanobakerien, die, wie diesen Sommer berichtet wurde, vermutlich schon vor 3,4 Milliarden Jahren lebten – zumindest sollen das Mikrofossilien aus Australien verraten. Und heute sitzt hier ein Homo sapiens an einem 30cm großen Spiegel und schaut sich dieses Milliarden Jahre alte Licht an, das von einer heißen Gasscheibe emittiert wurde, als die Erde nicht viel mehr als eine bloße Steinkugel war. Mit den nahen Vergleichssternen schätzte ich die Helligkeit des fernen Blazars auf etwa 13,8mag.
Zwischenzeitlich schwenkte ich immer wieder auf Jupiter, aber das Seeing schien sich nicht zu bessern. Das schwammige Planetenbild ließ keine Beobachtung von Wolkenwirbeln zu, aber umso mehr gab’s im Deep-Sky zu sehen. Nach zwei Stunden an der kühlen Nachtluft beendete ich schließlich um 3 die Runde auf der Terrasse.