Archive for the 'Amateurszene' Category

Zufall zur Mondfinsternis: Meteoriteneinschlag auf dem Mond!

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Es ist Montag um 5:41 MEZ. Während tausende Mondfinsternis-Beobachter gespannt auf den Beginn der Totalität warten und ich am Kölner Dom das Foto oben mache, gibt es genau in dieser Minute – exakt um 5:41:43 MEZ – einen Meteoriteneinschlag auf dem Mond. Der blieb zunächst unbemerkt, aber noch am selben Tag beginnt auf Reddit die Diskussion über einen möglichen Impakt. Der Hinweis kommt von zwei Bildern aus Mondfinsternis-Livestreams aus Marokko und Los Angeles (Griffith Observatory). Die zeigen nämlich an der selben Stelle auf dem Mond ein sehr kurzes Aufblitzen, wie man es von Impaktblitzen kennt. Auf Reddit und Twitter wird immer mehr Foto- und Videomaterial gepostet, so dass tatsächlich am nächsten Tag feststeht: Hier ist pünktlich zur totalen Mondfinsternis ein Brocken in den Mond eingeschlagen. Was für ein irrer Zufall! Hier wurden die bisherigen Nachweise gesammelt.

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Impaktblitz (links) zur totalen Mondfinsternis; Christian Fröschlin

Eins der bisher besten Bilder hat Christian Fröschlin in Den Haag mit seinem 8-Zöller von Celestron gemacht; dieses Ergebnis hat etwas mehr Kontrast. Seine Aufnahme zeigt deutlich den Impaktblitz nahe des linken Mondrandes. Außerdem ist erkennbar, dass das Aufblitzen heller als der darüber stehende 8,5mag-Stern ist. Und mittlerweile gibt es auch aus Deutschland Bestätigungen dieses MoFi-Volltreffers. Nämlich von der Sternwarte Sankt Andreasberg im Harz und von der Sternwarte Radebeul (Video bei der Zeitmarke 2:33:24). Ich bin gespannt, ob noch mehr Nachweise gepostet werden. Zur Überraschung gibt es sogar Sichtungen mit bloßem Auge! So etwa von Hobbyastronom Marcus Thiel, der die Beobachtung so beschreibt: „Auch ich kann die visuelle Wahrnehmung des kurzen Lichtblitzes mit freiem Auge bestätigen. Hatte die MoFi entspannt mit Feldstecher und freiem Auge beobachtet. Das kurze Aufblitzen am linken Mondrand (~ unteres Viertel) aber zunächst für eine subjektive Wahrnehmung gehalten.“

Übrigens: Von Amateuren konnte die Impaktstelle bis auf 4 Kilometer eingekreist werden. Sie liegt südlich des Strahlenkraters Byrgius A und unweit von Lagrange C. Der Impaktor war vermutlich einige Kilogramm schwer und hinterließ einen Krater von um die 10 Meter Durchmesser. Bei den nächsten Überflügen des Mond-Orbiters LRO sollte sich der Krater aufspüren lassen. Dieses Vorher-Nachher-GIF zeigt einen neuen 12-Meter-Krater.

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23.01.2019

Junge Supernova 2017eaw in NGC 6946 entdeckt

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Das Entdeckungsfoto der SN 2017eaw wurde am 14. Mai aufgenommen; Patrick Wiggins

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Wenige Stunden nach der Entdeckungmeldung kam aus Arizona dieses Bestätigungsbild; Gianluca Masi

Der Spitzname Fireworks Galaxy bzw. Feuerwerksgalaxie für NGC 6946 entstand weniger wegen ihres Aussehens, sondern hat etwas mit der Häufigkeit von Supernovae zu tun. Ganze 9 Sternexplosionen sind bisher dort beobachtet worden, doch seit gestern ist diese Spiralgalaxie auf der Sternbildgrenze von Kepheus und Schwan nun endgültig die Galaxie mit den meisten Supernovae. Genau 100 Jahre nach SN 1917A macht NGC 6946 die 10 Stück voll! Zunächst war die Supernova 2017eaw nur ein neuer Stern auf einer Aufnahme eines amerikanischen Hobbyastronomen aus Utah. Patrick Wiggins hat das Bild am gestrigen 14. Mai gegen 5:00 MESZ mit seinem 14-Zöller aufgenommen, und 12 Stunden später verbreitete sich bereits die Entdeckungsmeldung samt Aufnahme.

Kurze Zeit später wurde Wiggins‘ SN-Kandidat bereits durch Spektren zur bestätigten Supernova 2017eaw vom Typ IIP; außerdem wurde schon ein möglicher Vorgängerstern (vermutlich ein Roter Überriese) in alten Archivdaten gefunden. Damit steht für NGC 6946 fest: „This is our most prolific galaxy with now 10 confirmed supernovae discovered.“ Die bisher gewonnenen Spektren sprechen für eine junge Typ-IIP-Supernova (rund 7 Tage vor dem Maximum), deren Explosionswolke sich mit 14.300 km/s ausbreitet. Dass eine 2 Tage zuvor gemachte Aufnahme nichts an der Position zeigt, spricht ebenfalls für eine junge Supernova. Die bei der Entdeckung 12,8mag helle Supernova wird also noch an Helligkeit zulegen. NGC 6946 ist rund 18 Millionen Lichtjahre entfernt, so dass ihre absolute Helligkeit zurzeit bei um die -16,0mag liegt. Typ-IIP-Supernovae können im Maximum -17,0 bis -18,0mag erreichen, weshalb ich mal darauf tippe, dass SN 2017eaw mindestens noch eine Größenklasse zulegen und vielleicht sogar eine 11 vor dem Komma erreichen wird.

Die Galaxie befindet sich auf der Grenze der Sternbilder Kepheus und Schwan und ist auf der Position 20:34:44.24 und +60:11:35.9 zu finden. Die Supernova ist visuell bisher um die 13,0mag hell; aktuelle Helligkeiten werden wie immer von der AAVSO gelistet. Allen Supernova-Beobachtern wünsche ich: Clear Skies ;)

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Die Fireworks Galaxy NGC 6946 auf der Grenze von Kepheus und Schwan; Gemini Observatory, AURA

15.05.2017

Einmalig! CTA 102 und das Rekord-Feuerwerk zum Jahreswechsel

2016 gab es wieder schöne Beobachtungserlebnisse (u.a. Merkurtransit, Polarlichtflug über dem Nordatlantik), nicht so schön war dagegen so ein einmaliges Mikrolinsen-Ereignis wie Gaia16aye (ein 16,0mag-Stern wurde durch eine Gravitationslinse unglaubliche 13,6mag hell), das sich für mich leider hinter dichten Wolken abspielte. Wie zur Versöhnung ereignete sich kurz danach ein ebenfalls einzigartiges und – was die beteiligten Energien angeht – höchst extremes Naturschauspiel: der sehr weit entfernte Blazar CTA 102 im Sternbild Pegasus erreichte einen historischen Helligkeitsausbruch, wobei sein Licht, das 8 Milliarden Jahre lang unterwegs war, sogar mit kleinen Teleskopen mit nur 50mm Öffnung von Hobbyastronomen beobachtet werden konnte! Wenn das mal kein Entfernungsrekord für derartige Amateurteleskope ist.

Ein Einzelbild des Blazars CTA 102; Helmut Hoffmann

Ein Einzelbild des Blazars CTA 102; Helmut Hoffmann

Blazare sind wie Quasare leuchtkräftige Galaxienkerne, wobei der Motor für jene enormen Leuchtkräfte ein supermassives Schwarzes Loch im Zentrum ist. Dadurch werden Energien von Billionen Sonnenleuchtkräften frei, so dass sie über Entfernungen von Milliarden Lichtjahre beobachtet werden können und somit die fernsten Objekten für Hobbyastronomen darstellen. Im Teleskop sehen Quasare und Blazare zwar nur wie normale Sternpunkte aus, aber wegen der Energien, Entfernungen und der extremen Physik dahinter, zieht es mich immer wieder ans Okular. Bei Blazaren blickt man direkt in den Jet, den das zentrale Schwarze Loch ausstößt. Nicht alle Materie verschwindet nämlich auf Nimmerwiedersehen in dem Loch, ein Teil des Plasmas wird höchst effizient und mit annähernd Lichtgeschwindigkeit in zwei Jetstrahlen aus dem Galaxienzentrum hinausgeschossen. Und je nach dem wieviel Gas in Richtung Schwarzes Loch fällt (als Akkretionsrate bezeichnet), strömt auch mehr Materie in die Jets und das verursacht dann einen Anstieg der Helligkeit (siehe Bild 3). Es hat also was mit dem Nahrungsangebot zu tun, vereinfacht gesagt. Die interessantesten Lichtwechsel bietet der Blazar S5 0716+71 im Sternbild Giraffe, weshalb beispielsweise der passionierte Hobbyastronom Klaus Wenzel die Veränderungen dieses Objekts seit mittlerweile 18 Jahren überwacht. Zu S5 0716-71 wird es von mir einen Beitrag im nächsten Heft von „Abenteuer Astronomie“ geben.

Der Helligkeitsausbruch des Blazars CTA 102 im Dezember 2016 mit eigenen Schätzungen (rot); AAVSO

Der Helligkeitsausbruch des Blazars CTA 102 im Dezember 2016 mit meinen Schätzungen (rot); AAVSO

Und wie man sehen kann, ist die Lichtkurve von CTA 102 nicht minder spannend. Dank des historischen Helligkeitsausbruchs wurde das Objekt, das im Normallicht lediglich zwischen 16,0 und 17,0mag hell ist, zum leuchtkräftigsten Blazar überhaupt und offenbar scheint ihm immer noch nicht die Puste auszugehen. Denn wie das Bild zeigt, dauert die seit Ende November 2016 beobachtbare Aktivitätsphase immer noch an. Die Darstellung enthält visuelle Schätzungen (schwarz), photometrische Messungen (grün), meine Schätzungen (rot) und die bisherigen 7 Helligkeitsspitzen (blau), wobei 6 von 7 Zwischenmaxima heller als 12,0mag waren! Das ist einfach nur irre! Immerhin besitzt CTA 102 eine Rotverschiebung von z=1,037, was einer (Laufzeit-)Entfernung von rund 8 Milliarden Lichtjahren entspricht. 8 Milliarden Jahre war sein Licht unterwegs; der Blazar ist natürlich durch die Expansion des Universums schon viel, viel weiter entfernt. Nach 8 Milliarden Jahren Reisezeit reicht mein kleines 80mm-Teleskop aus, um es mit eigenen Augen zu sehen. Ein absoluter Entfernungsrekord! Wann kann man schon mit derart kleinen Optiken so weit in die Vergangenheit blicken? Es gibt sogar Amateure, die diesen Entfernungsrekord spektroskopisch im Auge hatten oder ihn mit nur 50mm Öffnung beobachteten. Das war um den 29. Dezember, als CTA 102 bisher am hellsten war; ich schätzte ihn auf 11,3mag. Nie war es einfacher, ein derart entferntes Himmelsobjekt mit eigenen Augen zu sehen. Übrigens: Bild 1 ist ein 2 Sekunden belichtetes Einzelbild mit Sony A7s (50mm Objektiv, 200mm Brennweite, ISO 51.200) von Astrofotograf Helmut Hoffmann.

Berücksichtigt man die Entfernung von CTA 102, dann leuchtete der Schock in dem Blazar-Jet so hell wie 100 Billionen Sonnen (bzw. -30,65mag)! Das ist Astrophysik live am Okular!  Was für ein irres Rekord-Feuerwerk, angesichts dessen jeder Silvesterknaller nur wie ein armes Glühwürmchen aussieht. Auch wenn es nur ein Lichtpunkt ist, so wurde noch kurz vor Jahresende dieser ferne Billionen-Sonnen-Böller mein Highlight 2016. Vor allem hat das Wetter gepasst (es reichte schon eine kleine Wolkenlücke), was gleichzeitig noch zu meiner ersten Langzeit-Lichtkurve führte. Ich bin ja nicht so der Typ für langfristige Beobachtungsprogramme, aber dadurch entstand ein anderer Bezug zum Gesehenen, auch wenn sich alles jenseits aller Vorstellungskraft abspielte. Und während ich am Okular das alte Licht bestaunte, ging mir Lubomyr Melnyks „Pockets Of Light“ durch den Kopf und ich dachte an die irgendwo mal aufgeschnappten Worte: „Der Sternpunkt lebt“. Und ich bin jetzt schon wie ein Flitzebogen gespannt, was die Fachastronomen für Modelle austüfteln werden, um diesen Rekordausbruch eines Blazars zu erklären. Was hat das Schwarze Loch vor 8 Milliarden Jahren wohl zu fressen gekriegt? Und wenn sich der Mond und die Wolken wieder verkrümeln, …

Illustration eines Quasars bzw. Blazars, bei dem Gasknoten durch den Jet bewegen; Cosmovision, Wolfgang Steffen

Illustration eines Quasars bzw. Blazars, bei dem Gasknoten durch den Jet bewegen (anklicken für Animation); Cosmovision, Wolfgang Steffen

11.01.2017

Rückschau auf 2015, Vorschau auf 2016

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Auch wenn 2015 nicht sonderlich viel auf ZauberDerSterne.de passiert ist, bedeutet das nicht, dass ich letztes Jahr nichts mit Astronomie am Hut hatte. Ich hatte mich nur in erster Linie auf Facebook und Twitter konzentriert, dieses Jahr soll sich das aber wieder ändern. Tja, was hat sich noch getan? ZauberDerSterne.de hat nun ein Logo, ich habe wieder Artikel für „Interstellarum“ (jetzt „Abenteuer Astronomie“) geschrieben und der Köln-Bonner-Astrotreff (KBA), bei dem ich Mitglied bin, hatte seinen 100. Stammtisch. Ansonsten habe ich noch hin und wieder meine beiden Teleskope abgestaubt und natürlich war ich auch wieder viel unterwegs, ob mit oder ohne Fernrohr. Seit letztem Jahr organisiere ich 1x im Monat am Samstag um Halbmond öffentliche Beobachtungen mitten in Bonn (Bild 1). Von den 12 Terminen gab es tatsächlich 3x ein wolkenlosen Abendhimmel. An dieser Stelle muss ich mich bei allen KBA-Mitstreitern bedanken, die mich dabei unterstützt haben. Denn natürlich gehen 2016 diese monatlichen Sidewalk-Astronomie-Aktionen weiter.

Ebenfalls in guter Erinnerung sind mir unsere Beobachtungen zu den Ausstellungen „Outer Space“ in Bonn und „Dialog der Sterne“ in Pulheim bei Köln geblieben. Sogar zum Astronomietag und beim „Tag der Luft- und Raumfahrt“ von DLR und ESA (Bild 2) gab es viel klaren Himmel, so dass wir auch bei diesen Veranstaltungen öffentliche Himmelsbeobachtungen anbieten konnten. Allerdings muss man leider sagen, dass es auch ebenso viele wolkenverhangene Tage gab. So fiel unser Sun-Day zu Sommeranfang aus und selbst das Himmelshighlight 2015, die partielle Sonnenfinsternis, blieb hinter dichtem Hochnebel verborgen (die totale Mondfinsternis war dagegen glasklar). Während komplett NRW bedeckt war, konnte im restlichen Deutschland das Spektakel wunderbar am blauen Himmel verfolgt werden. Um in der praktischen Astronomie nicht immer von den Wolken abhängig zu sein, veranstaltete ich erstmals zwei Spaziergänge durch’s Sonnensystem, das am Bonner Rheinufer in Form eines Planetenweges aufgebaut ist. Des Weiteren führten mich zwei interessante Ausflüge zu Alexander Gerst. Zuerst fand ein Blue-Dot-Vortrag im Technikmuseum Speyer statt (Bild 3) und kurz danach ging’s zur Welcome-Home-Party in seiner Heimatstadt Künzelsau.

Und was plane ich jetzt für 2016? Das hat wie jedes Jahr Anfang Januar Stefan Gotthold alle Astronomie-Blogger in seiner Blogparade gefragt. Wie schon oben gesagt wurde, soll vor allem ZauberDerSterne.de nach einem Jahr Fast-Auszeit wiederbelebt werden. Das heißt zunächst, dass ich mir mehr als einen Blog-Beitrag pro Monat vornehme. ;) Letztes Jahr gab es hier vielleicht monatlich einen neuen Artikel und ich habe nur den Veranstaltungskalender „Astrotermine für Bonn“ regelmäßig gepflegt. Außerdem möchte ich die Blog-Interviews wieder aufnehmen. Büchervorstellungen möchte ich auch gerne machen und zwei neue Rubriken soll es oben in der Leiste geben: „Teleskop-Fragen“ für Hobbyeinsteiger und „Astronomie-Fragen“ mit allgemeinen Fragen/Antworten zum Thema. Gerade wenn man viel Astronomie in die Öffentlichkeit bringt, Mails mit Fragen erhält oder in entsprechenden Facebook-Gruppen unterwegs ist, bekommt man doch einiges mit, sei es von astronomisch Interessierten oder von Personen, die sich näher mit dem praktischen Hobby befassen möchten. Und so möchte ich mit diesen Rubriken Fragen sammeln und Antworten geben, so dass kleine nützliche Ratgeber entstehen.

Ansonsten habe ich bis auf die üblichen astronomischen Veranstaltungen und Termine 2016 hier in und um Bonn eigentlich keine konkreten Vorsätze. Angesichts des Wetters nehme ich mir auch keine besonderen Beobachtungsziele vor – Supernovae und Ausbrüche von Quasaren lassen sich eben schwer planen. ;) Hoffentlich klappt es dieses Jahr mit 100mm Öffnung den hellsten Quasar, 3C 273, vor die Linse zu kommen. Das ist mein Langzeitziel, da es bisher aus verschiedenen Gründen nicht geklappt hat. Und es wäre natürlich schöner, wenn das Wetter u.a. zum Merkurtransit Anfang Mai oder zu den Leuchtenden Nachtwolken Anfang Juli passen würde! Wirklich sehr viel Freude hat mir das „Internationale Jahr des Lichts“ gemacht, wie man ja an meiner täglichen Twitter-Serie gesehen hat. Wie ich aber das auf 2016 ausdehnen könnte, dazu habe ich noch keine konkreten Vorstellungen. Aber mal sehen …

28.01.2016

ISS-Saturn-Transitfoto entpuppt sich als Fake

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Dieses Bild, das einen ISS-Transit vor Saturn zeigen soll, ist tatsächlich eine Fälschung; Julian Weßel

Gerade im Zeitalter von Photoshop und Co. ist das Wort „gephotoshopped“ längst zum Synonym dafür geworden, dass sich heute jedes Bild manipulieren lässt. Und mit Plattformen wie Facebook, Twitter und Instagram verbreiten sich verfälschte Fotos und jede andere Art von falscher Information in Sekundenbruchteilen über den gesamten Globus. In Windeseile werden blind Inhalte geteilt, damit die Welt nicht stillsteht. Heute sind die wenigsten kritisch gegenüber dem, was sie sehen oder hinterfragen Informationen. Ich bilde da keine Ausnahme. So schrieb ich vor einer Woche auf abenteuer-astronomie.de einen kurzen Beitrag zu einer außergewöhnlichen Aufnahme, die einen ISS-Transit vor dem Planeten Saturn zeigen sollte. Kurz darauf wurde das von Julian Weßel gemachte Foto sogar von der NASA zum APOD, zum Astrobild des Tages, gekürt, fast zeitgleich meldete jedoch die Astro-Szene erhebliche Zweifel an und das Transitfoto wurde plötzlich infrage gestellt.

Zum Beispiel zeigte sich anhand pixelgenauer Überlagerung, dass in die fertige Aufnahme einfach 22 Mal ein und dieselbe ISS hineinkopiert wurde. Außerdem passt der Schatten auf dem Saturnring nicht zur aktuellen Stellung des Planeten (vermutlich wurde der Saturn 2015 aufgenommen) und auch das Wetter in der Region um Münster scheint am entsprechenden Morgen (15. Januar) alles andere als perfekte Aufnahmebedingungen geliefert zu haben. Trotz starker Bewölkung ist die fertige Arbeit wirklich ein schönes Pretty Picture von perfekter Qualität, selbst das Video zeigt keinerlei Einfluss der Luftunruhe (Seeing), obwohl der Saturn zum Aufnahmezeitpunkt (Sonnenaufgang) gerade einmal 20 Grad über dem Horizont stand. Die Vorwürfe der Astrofotografie-Experten sollten sich schließlich bewahrheiten, als sich Julian Weßel im APOD-Forum entschuldigte und klarstellte: „To make things clear I wanted to say that the APOD picture of Saturn and ISS is a composition of 2 Frames from different capturing session. They’re both overlayed and processed to make the event as detailed as possible. I’m sorry to all the astronomers feeling betrayed, this was not my intention.“

Somit war das Ergebnis viel zu schön um wahr zu sein und als Fazit ist festzuhalten: Weder ISS noch Saturn wurde während des besagten Transits am 15. Januar aufgenommen! Deshalb wurde zwischenzeitlich zum ersten Mal in der 20-jährigen Geschichte des APOD ein Bild nachträglich gelöscht (und ausgetauscht), außerdem äußerte sich der Astrofotograf gestern bei astronomie.de in einer weiteren Stellungnahme: „Viele werden sich fragen wie man überhaupt auf die Idee kommt so etwas zu machen. Ich weiss es selber nicht. Vielleicht war ich in der kurzen Zeit in der ich jetzt Astrofotograf war zu sehr darauf bedacht die tollsten Fotos zu machen ohne Schritt für Schritt erstmal zu lernen was einen Astrofotografen überhaupt ausmacht.“ Zudem stellt sich nun die Frage, ob dies nur ein Einzelfall ist oder hat der Astrofotograf vielleicht noch an anderer Stelle eigene Aufnahmen (beispielsweise die Venus-Saturn-Konjunktion oder sein ISS-Transit vor Jupiter) entsprechend verfälscht? Zweifellos fühlen sich jetzt viele Astrofotografen, die viel Zeit und Geld in das Hobby reinstecken, betrogen und rückt dazu noch die Arbeit derer, die das professionell und kommerziell betreiben, in ein schlechtes Licht. Somit brachte die Aufdeckung des Fake-APOD eine heftige Debatte in der Astro-Szene ins Rollen (etwa hier und hier): Wie glaubwürdig sind Astrofotos allgemein bzw. wie glaubwürdig sind viel eher die Astrofotografen dahinter? Bildbearbeitung gehört zur Astrofotografie dazu, so ist auch das Erstellen eines Komposits, eine Überlagerung aus Einzelaufnahmen, ebenfalls eine gängige Praxis und sollte in den Aufnahmedaten angegeben werden – erst recht bei seltenen Ereignissen wie einem ISS-Transit. Julian Weßels Fälschung wurde zwar aufgedeckt, doch es zeigt erneut, wie schnell wir heute alles glauben, was wir sehen. Übrigens war das Foto sogar noch in der heutigen Ausgabe der FAZ zu sehen.

Hier setzt sich Blogger-Kollege Stefan Gotthold ebenfalls mit dem Thema auseinander und auf abenteuer-astronomie.de gibt’s jetzt auch eine Richtigstellung – inkl. eines echten ISS-Saturn-Transits.

27.01.2016

Zur 9. Bonner Wissenschaftsrallye schnupperten 150 Schüler …

P1540692_01 … in die Astronomie rein. Denn am Samstag veranstaltete die Uni Bonn bereits zum 9. Mal die Wissenschaftsrallye durch Bonn-Poppelsdorf, bei der es für Schüler der Oberstufe wieder spannende Einblicke in die Forschung gab. 14 Stationen konnten interessierte Schüler diesmal entdecken und so technische und wissenschaftliche Berufe wie Geologie, Biologie, Informatik und Botanik kennenlernen. Die erste Station der Rallye war dieses Jahr erneut die Astronomie, auch wenn sich das astronomische Institut längst nicht mehr in der alten Sternwarte an der Poppelsdorfer Allee befindet. Deshalb war auch diesmal das Gebäude der Volkssternwarte Bonn (VSB) Gastgeber für die Berufsastronomen. Andrea Dieball (sucht nach Braunen Zwergen in Kugelsternhaufen) und Martin Quast (untersucht Röntgendoppelsterne) hatten drei verschiedene Aufgabenblätter (Sonnensystem, Sternhaufen und Strahlung) vorbereitet, die u.a. mit einer Powerpoint-Präsentation gelöst werden konnten. Wilfried Bongartz, Mitglied der Volkssternwarte und ich vom Köln-Bonner-Astrotreff (KBA) unterstützten die beiden Astronomen, was angesichts des mitunter größeren Andrangs keine schlechte Idee war. So sorgten schätzungsweise um die 150 Schüler (oder mehr) für ein volles Haus, der Zulauf verteilte sich jedoch sehr gut.

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25.01.2016

Aus „Interstellarum“ wird „Abenteuer Astronomie“

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Ausgabe 1 von „Abenteuer Astronomie“

Nach der erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne vergangenes Jahr, hat sich gleichzeitig der Oculum-Verlag neu aufgestellt und es wurde der Neustart für das Astronomie-Magazin „Interstellarum“ vorbereitet. Ein Neuanfang ist nicht immer leicht, ganz besonders, wenn man dieses Heft bereits seit 1994 herausbringt. Man kann einen neuen Start aber auch als Chance sehen. Im Zusammenspiel mit Leserumfragen und einer Neuausrichtung des Magazins, entstand schließlich eine neue Zeitschrift. So war zwar „Interstellarum“ als ein traditionsreiches Blatt in der Szene bekannt, um jedoch ein größeres Publikum anzusprechen, hat sich die Redaktion für einen aussagekräftigeren Titel entschlossen. So ging leider mit dem Jubiläumsheft, der im Dezember erschienenen Ausgabe 100 von „Interstellarum“, nach 21 Jahren auch eine Ära zu Ende, und so wird ab heute Ausgabe 1 von „Abenteuer Astronomie“ im Handel erhältlich sein.

Neu ist aber nicht nur der Titel, es gibt auch neue Autoren für neue Rubriken, damit das Magazin für Interessierte, Einsteiger und professionelle Hobbyastronomen, für Astrofotografen und visuelle Beobachter gleichermaßen interessant wird. Der Blick auf die Inhaltsangabe von Ausgabe 1 macht schon das neue vielfältige Angebot deutlich. Von Kosmologie bis Teleskop-Tuning, von Beobachtungstipps für das Fernglas bis zu „Space Checker“ (eine Rubrik für Kinder und Jugendliche) – damit will „Abenteuer Astronomie“ die ganze Bandbreite des Hobbys Astronomie präsentieren. Wie vielleicht einige wissen werden, schreibe ich als langjähriger Autor mit viel Freude den ein oder anderen Beitrag für diese Zeitschrift und so freue ich mich ganz besonders auf das neue Abenteuer Astronomie; zu der ersten Ausgabe habe ich direkt drei Artikel beigetragen.

Es gibt auch einen neuen Online-Auftritt, der seit letzten Freitag erreichbar ist. Von nun an ist www.abenteuer-astronomie.de die Adresse für die Zeitschrift, alle Produkte des Oculum-Verlags (der neue Webshop folgt noch) und auch der beliebte Newsletter informiert hier weiter über Neuigkeiten. Bisher erschien dieser nur alle zwei Wochen, jetzt hält er täglich mit aktuellen Meldungen auf dem Laufenden und informiert so noch schneller über eine neu entdeckte Supernova. Weiterhin wird auch auf die Social-Media-Plattformen Facebook und Twitter gesetzt. Mit der neuen Homepage soll außerdem der interaktive Teil groß geschrieben werden. So gibt es zum einen ein Leserforum, in dem sich alle Leser von „Abenteuer Astronomie“ austauschen können. Dazu soll bald noch eine Astrofoto-Community online gehen.

22.01.2016

Die vorletzte(?) „Sternstunde“-Ausgabe ist online

„Sternstunde“ bei einer öffentlichen Beobachtung zum Astronomietag

„Sternstunde“ bei der Mondfinsternis-Beobachtung in Bonn

Seit Januar 2015 erscheint immer zum Monatsersten eine Ausgabe der großartig gemachten Astronomie-Sendung „Sternstunde“ (www.sternstunde-online.de, alle Videos auf Youtube, Twitter), doch die neue November-Folge könnte leider auch die vorletzte Ausgabe sein. Das abwechslungsreiche und informtive Magazin richtet sich vor allem an Hobbyastronomen und bietet jeden Monat aktuelle Einblicke in die internationale Forschung sowie in die deutsche Amateurszene. Ob im Sternenpark Eifel, beim Astronomietag 2015, in einer großen Weltraum-Ausstellung, bei einer Mondfinsternis-Beobachtung, am höchsten Punkt des 100-Meter-Radioteleskops Effelsberg, im Planetarium Bochum oder im Kontrollzentrum des Kometenlanders Philae – überall war das „Sternstunde“-Team schon unterwegs und führte viele Interviews mit Hobbyastronomen, Fachastronomen, Raumfahrtexperten und Astronauten. Und so aufwendig die Produktion auch ist, geschah am Ende doch alles ehrenamtlich. Und sofern sich nicht ein oder mehrere Sponsoren finden, die das Projekt finanziell unterstützen, wird die Dezember-„Sternstunde“ leider auch die letzte Ausgabe sein. Deshalb heißt es: „Dies ist die vorletzte „Sternstunde“. Leider haben wir es bisher immer noch nicht geschafft Sponsoren zu finden, die dafür sorgen, dass die Produktion der „Sternstunde“ auch 2016 weiter geht. Deshalb in dieser „Sternstunde“: Ein kleiner Beitrag in eigener Sache und die Bitte uns bei der Sponsorensuche zu helfen und Kontakt zu möglichen Sponsoren herzustellen. Sonst ist die nächste Sternstunde leider die letzte, die produziert wird.“ Und gibt es in der aktuellen Ausgabe auch einen speziellen Aufruf (Video oben), in der Michaela Edmundts von der Produktionsfirma mindandvision.tv einige Hintergründe erläutert.

So kann ich mich auch nur dem „Sternstunde“-Team um Paul Hombach und Daniel Fischer anschließen: „Die neue Sternstunde – Ausgabe November 2015 ist da! Bitte teilt diesen Facebook-Beitrag so oft wie möglich, damit möglichst viele Menschen zuschauen.“ Themen der aktuellen Sendung sind u.a. der gewaltige Sternkatalog des ESA-Satelliten Gaia und der zum Medienstar gewordene rätselhafte Kepler-Stern KIC 8462852. Und Hobbyastronom und Astrofotograf Julian Weßel erzählt, wie ihm am 09. Juni bei Bottrop die weltweit erste Transitaufnahme von der Raumstation ISS vor dem Jupiter gelang. Am Ende gibt es wie immer noch die monatliche Himmelsvorschau sowie Bilder und Videos von Zuschauern.

01.11.2015

Heute: Vorbeiflug des Halloween-Asteroiden 2015 TB145

So sieht er also aus: der Asteroid 2015 TB145, der erst diesen Monat am 10. Oktober entdeckt wurde und heute um 18:00 Uhr in rund 1,3-facher Mondentfernung – 480.000 Kilometer – an der Erde vorbeifliegen wird. Passend zu Halloween wird er in den Medien bereits „Spooky“ genannt oder als Pumpkin- bzw. Kürbis-Asteroid bezeichnet. Und wie die obige erste Radar-Aufnahme, gestern mit dem 305-Meter-Arecibo-Radioteleskop empfangen, erkennen lässt, hat 2015 TB145 schon irgendwie Ähnlichkeit mit einem Totenschädel. Das Bild zeigt außerdem, dass der Asteroiden-Besuch nicht wie berechnet 320 Meter, sondern etwa 600 Meter groß ist. Es scheinen sich auch weitere Hinweise zu zeigen, dass der Asteroid eigentlich ein erloschener, toter Komet sein könnte. Bereits die ungewöhnliche Umlaufbahn lässt einen kometaren Ursprung vermuten. So gesehen ist 2015 TB145 um einiges spannender, als die nahen monatlichen Asteroiden-Besucher (gang unten), die ganz normal und für die Erde nicht gefährlich sind – auch wenn die Medien immer gern vom Weltuntergang schreiben.

Auch für Teleskopbesitzer ist der große Halloween-Himmelskörper sehr interessant, denn immerhin erreicht er heute Nachmittag im erdnächsten Punkt die 10. Größenklasse. Zum Dämmerungsende und ohne störenden Mond am Himmel ist der Asteroid um 18:00 Uhr immer noch 10,7mag hell (knapp unterhalb des Kastens des Großen Wagen), allerdings wird er schnell lichtschwächer und hat 2 Stunden später nur noch eine Helligkeit von 12,5mag (im Sternbild Jagdhunde). Gute Aufsuchkarten für die Beobachtung von 2015 TB145 finden sich hier (18:00 Uhr) und hier (19:00 Uhr). Wer nun kein Fernrohr oder einen wolkenverhangenen Himmel hat, kann hier ab 17:30 Uhr den Livestream des Slooh-Portals einschalten. Für das Rheinland sieht die derzeitige Wolkenprognose ganz gut aus, so dass ich direkt um 18:00 Uhr mein Glück versuchen werde. Denn außerdem ist es der dichteste Vorbeiflug eines Asteroiden dieser Größe für insgesamt 30 Jahre. In diesem Sinne: Clear Skies!

[Update] Vergangene Nacht ab 1:00 Uhr gab es bereits diese Liveübertragung aus Italien. Parallel dazu hat Hobbyastronom Oliver Schneider den Asteroiden fotografiert, woraus eine dynamische GIF-Animation (von 2:03 bis 3:23 Uhr) und diese Aufnahme, die die schnelle Bewegung deutlich werden lässt, entstanden sind.

2015 TB145 am 31.10.2015 zwischen 3:40 und 3:59 MEZ; Oliver Schneider

31.10.2015

Schon 50.000 Besucher im „Outer Space“ in der Bundeskunsthalle

„Wir sollten in den nächten Tagen den 50.000 Besucher zählen“, schrieb mir heute ein Mitarbeiter der Bundeskunsthalle in Bonn. Gemeint ist die großartige Ausstellung „Outer Space – Faszination Weltraum“, die in weniger als zwei Monaten bereits 50.000 Besucher anlockte und die jetzt noch gut drei Monate lang bis zum 22. Februar besucht werden kann. Auf unvergleichliche Weise begegnen sich hier zwei eher gegensätzliche Facetten des Weltraums – die Kunst und die Wissenschaft – tatsächlich auf Augenhöhe. Wie Raumfahrt-Exponate zu Kunstwerken oder wie umgekehrt Kunstobjekte und -installationen von der Wissenschaft beeinflusst werden, lässt sich wunderbar in „Outer Space“ entdecken. Schon einige Male habe ich ausführlich – u.a. mit einem langen Fotobericht oder meinem Blog-Interview mit dem Ausstellungsleiter – über die große Bonner Weltraum-Ausstellung berichtet. Genau dieser interdisziplinäre Charakter ist der außerordentliche Reiz der sehenswerten Schau. Und was mich als Hobbyastronom und Initiator der öffentlichen Beobachtungen besonders freut, ist, dass der Köln-Bonner-Astrotreff (KBA) einen kleinen Teil zu „Outer Space“ beiträgt und die Faszination Weltraum live im Okular zeigen kann. Schon zur Sonnenbeobachtung am 03. Oktober, dem ersten Ausstellungstag, und zur Mondbeobachtung am 01. November bauten wir Sternfreunde unsere Teleskope einfach auf dem Platz vor der Bundeskunsthalle auf, und so haben wir das auch wieder am 29. November vor. Die Wetterprognosen versprechen aktuell sogar 8 Sonnenstunden, so dass ich doch zuversichtlich bin, dass die nächste öffentliche Outer-Space-Himmelsbeobachtung mit dem KBA wie geplant stattfinden kann. Wenn es wolkentechnisch weiter so gut aussieht, dann werden ab 16:30 Uhr auf dem Museumsplatz bzw. direkt neben der Ariane-Trägerrakete zum dritten Mal die Teleskope bereitstehen.

In diesem Sinn: clear skies und auf die nächsten 50.000!

26.11.2014


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