Ausstellungsleiter Stephan Andreae hat zurzeit alle Hände voll zu tun, denn sein großes Projekt „Outer Space – Faszination Weltraum“ öffnet bereits in wenigen Tagen seine Türen in der Bundeskunsthalle. „Die letzten beiden Wochen vor der Ausstellungseröffnung ist wie kurz vor Weihnachten: die Kunstwerke kommen an, die Architektur ändert sich, das Licht wird installiert – es ist aufregend, es ist viel Arbeit, man fiebert dem Tag entgegen, an dem dann alles fertig ist“, beschreibt seine Kollegin Claudia Dichter, mit der er zusammen vor über 4 Jahren die Idee zu dieser großen Weltraum-Ausstellung in Bonn hatte, den Endspurt in den Museumsräumen. Dort fliegt schon die ISS durch die Lobby, die Mercury-Kapsel Liberty Bell 7 ist bereits gelandet und mit der 12 Meter großen Ariane-Trägerrakete auf dem Museumsplatz wird der Schatten von „Outer Space“ immer länger. Und wenn sich schließlich nach jahrelanger Vorbereitung bereits diesen Freitag die unendlichen Weiten „zwischen Kunst und Wissenschaft“ in der Bundeskunsthalle öffnen, sind natürlich auch wir Hobbyastronomen dabei. Mit dieser bis zum 22. Februar zu entdeckenden All-umfassenden Mischung aus Astronomie- und Raumfahrtgeschichte, Kunst und Science-Fiction, bekommt Bonn sogar endlich die Ausstellung, die es schon 1992 geben sollte.
Ich bin mehr als gespannt auf die Weltraum-Ausstellung und freue mich, dass Kurator Stephan Andreae so kurz vor ihrer Eröffnung sogar noch Zeit für ein kleines Blog-Interview hatte und schildert so etwas seine persönliche Entdeckung des Himmels.
11 Fragen an Stephan Andreae …
- Wann und wie wurde die Idee zu „Outer Space – Faszination Weltraum“ geboren?
Das war 2010 nach der Eröffnung des Vogelflughafens Hamm/Westf. Ich gab dem WDR ein Hörfunk-Interview. Die Redakteurin war Claudia Dichter. Praktischerweise fuhren wir im Auto nach Köln zurück und erzählten alles Mögliche über Interessen und Pläne. Da wie üblich Stau war, entwickelten wir das Ausstellungskonzept zu „Outer Space“, schrieben danach unsere Gedanken nieder und der Programmrat der Bundeskunsthalle sagte „Ja“. Das ist jetzt sehr verkürzt, aber so kann es gehen.
- Was erwartet den Besucher der Weltraum-Ausstellung?
Ihn erwarten 12 Räume unterschiedlichsten Charakters und 3 Rräume von zeitgenössischen Künstlern. Unser Zugang ist eher emotional als wissenslastig, zu letzterem gibt es aber ein kleines Kino, ein Mediencockpit und natürlich den Katalog, der eine Enzyklopädie des Weltraums wird.
- Ist es nur Zufall, dass die Ausstellung zeitlich genau in die Missionen von Alexander Gerst und Rosetta fallen?
An Zufälle glaube ich nicht. Aber um ehrlich zu sein, das wussten wir damals noch nicht, da standen wohl die Sterne günstig.
- War es angesichts seines straffen Trainingsprogramms nicht schwierig Alexander Gerst für den Audioguide zu gewinnen?
Alex war in jeder Phase des Projektes sehr kooperativ. Und natürlich mussten wir alles mit der ESA und dem EAC abstimmen, die waren ebenso kooperativ, und da das DLR alles unterstützte, war das alles nicht schwer, es gibt mit unserem Astronauten ja auch ein längeres Interview im Katalog.
- Gibt es noch weitere Verbindungen zwischen Alexander Gersts Mission und der Ausstellung?
Das European Astronaut Center (EAC) in Köln bot uns an, ein kleines Objekt während Alexanders Mission auf der ISS zu platzieren, klein und leicht sollte es ein. Wir entschlossen uns, eine in Acryl einbalsamierte Biene der Bienenvölker von unserem Dachgarten hochzuschicken. Am 8. Dezember feiern wir seine „Welcome Home, Alex Gerst“-Party in der Bundeskunsthalle, dann wird er die Biene in ihre bis dahin leere Vitrine legen.

Die ISS in der Bundeskunsthalle; Christian Preuß
- Spielbergs E.T., Gigers ikonisches Alien, C3Po und das Bügeleisen einer bekannten deutschen Raumpatrouille sind schon in Bonn gelandet, denn diese Woche ist es bereits soweit. Was muss so kurz vor der Eröffnung in den Ausstellungsräumen noch getan werden?
Fast 350 Exponate von gut 80 Leihgebern sind in konservatorisch einwandfreier Art einzubauen. Jedes und Jeder ist der Wichtigste. Und hier geht es um Dramaturgie, Farben, Durchblicke, Texte, Rhythmus, Zwischenräume, Dosierungen, quantitativ wie qualitativ, Lichtführung und Drumherum mit all den Dingen, die mit Didaktik und dem Rahmenprogramm zu tun haben. Und auch das eher Lästige: Budgeteinhaltung, Bestellungen tätigen, Rechnungen prüfen etc. Und wie man sieht, müssen wir Fragen beantworten, was wir doch gerne machen.
- Gibt es ein Exponat, das Sie gerne wollten, es aber nicht geklappt hat?
Die gibt es immer: Adam Elsheimers „Flucht nach Ägypten“ und Carl Spitzwegs „Sternengucker“ waren aus konservatorischen Gründen nicht möglich. Auch Apollo-Kapseln dürfen die USA nicht mehr verlassen, das ist zu respektieren.
- Haben Sie so etwas wie ein Lieblingsexponat?
Es geht um Komposition, also das Gesamte. Die Zusammenwirkung der Exponate ist das Entscheidende. Aber wenn Sie schon nach „Lieblings …“ fragen, es ist das Team und die Freude, wie es mit dieser mega-komplizierten Ausstellung umgeht.
- Wie kamen Sie eigentlich auf die Idee, Arbeiten der Innenarchitektin der Sojus-Kapsel zu zeigen?
Der Berliner Architekt Philipp Meuser stellte die Verbindung zu Galina Balashova her, er erwähnte sie in seinem bemerkenswerten Buch zur russischen Raumfahrtarchitektur. Wir besuchten die heute 83-Jährige in Moskau, aßen leckeren Apfelkuchen und sahen ihre tollen Zeichnungen, die im „Westen“ noch nie zu sehen waren. Sie wird nach Bonn kommen. Das war also eher keine „Idee“, sondern ein unbedingtes „Muss“! Aber auf unsere Spürnase sind wir in dem Fall schon ganz schön stolz.

Kurator Stephan Andreae beim Aufbau des Ariane-Modells
- 4 Jahre liegen nun hinter Ihnen. Hat die Arbeit an „Outer Space“ letztlich auch Ihre Faszination Weltraum geweckt?
Der Himmel ist mein Verwandter und war es auch schon vorher. Meine Frau ist Segelfliegerin, mein Neffe Pilot (Air Berlin) und seit mehreren Jahren arbeite ich an einer Ausstellung zu Wetter und Klima. Es ist also nicht nur ein Job unter anderen. Wenn es da keinen tieferen Impuls gäbe, hielte man das gar nicht aus.
- Das Universum in einem Satz:
Nur fast Alles, aber eher mehr …
Vielen Dank für das Interview!
30.09.2014