Archive for the 'Forschung' Category



Radioteleskop Effelsberg in 3sat

Während die in den 1950er Jahren in die Eifel ausgelagerte Bonner Sternwarte kürzlich wohl endgültig die Tore schloss, ist das um 1970 bei Effelsberg gebaute 100m-Radioteleskop heute immer noch ein wichtiges Beobachtungsinstrument für internationale Forschungsprojekte. 1972 nahm der weiße Stahlkoloss seinen regulären Beobachtungsbetrieb auf und anlässlich des 40-jährigen Dienstjubiläums war hier neben den üblichen Pulsaren und Quasaren vor kurzem sogar ein sinfonisches Blasorchester mit fast 70 Musikern zu hören (hier und hier).

Zudem widmete das 3sat-Magazin „nano“ zwei TV-Beiträge dem Riesenempfänger der Bonner Radioastronomen. An das kühne Bauvorhaben ohne Beispiel vor mehr als 40 Jahren erinnert der erste Beitrag, im zweiten Clip geht es um die aktuelle Forschung mit dem Radioteleskop. So wird wie schon beim Kurzvortrag am Konzertabend auch über die Entdeckung eines neuen Millisekundenpulsars berichtet. Der Pulsar befindet sich 2,5° südwestlich von eta Cyg mittig zwischen zwei 9,0mag-Sternen.

„Wenn Prof. Dr. Hachenberg die Prognose stellte, das Radioteleskop bei Effelsberg werde auf mindestens drei Jahre hinaus das größte der Welt sein, dann war das noch äußerst bescheiden ausgedrückt. Die Techniker bezweifeln nämlich, daß überhaupt es jemals möglich sein wird, noch größere Spiegel zu bauen …“ Dieser Auszug aus der Lokalpresse stammt aus dem Jahr 1968. Bereits im Herbst 1967 wurde mit den ersten Arbeiten in dem kleinen Eifeltal begonnen, im Frühjahr darauf wurde schon das Fundament gesetzt. Und wie wir heute wissen, wurden aus den „äußerst bescheiden“ angegebenen drei Jahren tatsächlich volle 30 Jahre; immerhin dauert ein kompletter Korrosionsschutz-Anstrich des Stahl-Fachwerks auch seine 15 Jahre.

11.07.2012

Die Bonner und das Higgs – Teil 1

Vor einer Woche warteten alle gespannt auf die große Ankündigung der Physiker der Weltmaschine LHC. Auf dem Genfer CERN-Seminar und der anschließenden Pressekonferenz wurden nicht nur die Zahlen der neuesten Kollisionsdaten präsentiert, sondern es wurde tatsächlich die Entdeckung eines neuen Bosons bekannt gegeben. Und wenn es dafür Standing Ovations im Auditorium gibt und Wissenschaftler ganz gerührt und den Tränen nah sind, dann muss es wirklich ein großer Tag für die Physik sein. Fazit des vergangenen Mittwochs war: Wir haben ein Higgs-Boson, aber welches? Das werden erst weitere Teilchenkollisionen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit im Beschleunigerring unter der Grenze zwischen Frankreich und der Schweiz zeigen.

Grund zum Feiern hatten auch die Bonner Teilchenphysiker und so lädt die Uni Bonn eine Woche nach der Bekanntgabe der CERN-Forscher am Mittwoch zu einer Abendveranstaltung im Hauptgebäude ein. Vortragende aus den Arbeitsgruppen werden ab 19:30 Uhr in Hörsaal 1 die Entdeckung näher vorstellen.

Uni Bonn

Aus dem physikalischen Institut der Uni Bonn stammen hauptsächlich die Auslese-/Verstärker-Chips für das Herz des ATLAS-Experiments, denn die sog. Front-End-Chips (als FEs im Bild bezeichnet) wurden seit 1995 in Bonn entwickelt. 16 davon gibt es auf der Unterseite jedes Moduls und insgesamt besteht der Pixeldetektor, sozusagen die Teilchenkamera von ATLAS, aus 1.744 Modulen. Jedes dieser 6×2 Zentimeter großen Module besteht aus 46.000 Pixeln, die wiederum über die 2.880 Pixel der Bonner Chips ausgelesen werden.

Vereinfacht gesagt: Erst mit der Elektronik aus Bonn aus zusammen 80 Millionen Auslesekanälen können wir in das riesige 25 Meter hohe ATLAS-Experiment „hineinsehen“ und wissen, ob bei den Proton-Proton-Kollisionen vielleicht auch Higgs-Bosonen entstehen. Der zentrale Pixeldetektor von ATLAS besteht u.a. aus drei zylinderförmigen Modul-Lagen, die das Strahlrohr, in dem die Protonen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden, umgeben. Die Module sind dabei nur 5 bis 12 Zentimeter von dem Kollisionspunkt entfernt.

CERN

10.07.2012

Entstehender Brauner Zwerg entdeckt

Sie sind nur so groß wie Jupiter, ihre Massen liegen jedoch zwischen denen von Planeten und Sternen und wie genau sie entstehen, ist auch noch nicht klar: die Rede ist von Braunen Zwergen. In der neuesten Ausgabe von Science berichtet eine Gruppe um einen französischen Astronomen die Entdeckung eines Oph B-11 genannten Objekts, bei dem es sich um einen noch unfertigen Braunen Zwerg handeln soll.

Mit dem IRAM-Interferometer schauten sie tief in eine auffällige Dunkelwolke, die mitten in der fotografisch farbenprächtigen Rho-Ophiuchi-Nebelregion liegt. Sie befindet sich genau zwischen alpha Sco (Antares, hellster Stern im Bild) und rho Oph (von bläulichen Nebelfetzen umgeben) und wird einfach als L1688 bezeichnet. Diese 400 bis 450 Lichtjahre entfernte Dunkelwolke besteht aus vielen kompakten Wolkenkernen, aus denen sich neue Sternsysteme formen.

Und inmitten des L1688-Komplexes befindet sich auch Oph B-11, das mehrfach von März 2006 bis April 2011 beobachtet wurde. Aus den Beobachtungen und den anschließenden Modellrechnungen stellte sich heraus, dass die Größe dieses Wolkenfragments etwa bei maximal 1.000 AE liegt und eine Masse von nur rund 20 Jupitermassen besitzt, so dass der 10 Kelvin kalte Wolkenkern tatsächlich die Vorstufe eines hier entstehenden Braunen Zwergs darstellen könnte.

08.07.2012

Zwei Planeten im Sternhaufen M 44 entdeckt

Astronomen haben keinen Humor? Da Exoplaneten gewöhnlich mit einem „b“ versehen werden und der Offene Sternhaufen M 44 im englischen Sprachraum als Beehive bezeichnet wird, ist heute eine Arbeit mit dem schönen Titel „Two ‚b’s in the Beehive“ (Zwei Bienen im Bienenkorb) online erschienen. Darin beschreibt ein Forscherteam die Entdeckung zweier Planetenwelten vom Format Hot Jupiter im hellen Sternhaufen M 44 im Sternbild Krebs.

Für die Anfang Januar bis Mitte April 2012 geplante Beobachtungskampagne wurden anfangs 65 Haufenmitglieder ausgewählt, für die spektroskopische Untersuchung wurde ein 1,5m-Reflektor in Arizona eingesetzt. Anschließend wurden bei der Datenauswertung Hinweise auf zwei extrasolare Planetenkandidaten gefunden. Demnach kreist um den 6.200 Kelvin heißen BD+20 2184 (10,5mag) ein Gasriese mit halber Jupitermasse und einer Umlaufzeit von rund 4 ½ Tagen. Der zweite Stern (12,0mag), er besitzt nur 90% der Sonnenmasse und -größe und ist darum mit 5.300 Kelvin deutlich kühler, wird von einem heißen Gasplaneten mit 1,8x Jupitermassen umkreist, ein Umlauf dauert hier nur 2 Tage.

Der Offene Sternhaufen M 44 ist 550 Lichtjahre entfernt, enthält rund 1.000 Sonnen und hat ungefähr ein Alter von 600 Millionen Jahren.

05.07.2012

Das Sechsfachsystem 65 UMa

In dunkler Nacht sieht 65 UMa mit bloßem Auge nur wie ein 6,5mag heller Lichtpunkt 7° südlich von gamma UMa im Kasten des Großen Wagens aus, tatsächlich besteht das rund 750 Lichtjahre entfernte Sternsystem aus gleich sechs Sonnen. Zu diesem Ergebnis kommt eine tschechische Arbeitsgruppe, die 2010 und 2011 in insgesamt 82 Nächten das System photometrisch sowie spektroskopisch untersucht hat. Teilweise kam hier ein 10-Zöller auf einer Privatsternwarte nahe eines kleinen Ortes 20km südlich von Prag als auch der 2m-Spiegel des Ondřejov-Observatoriums zum Einsatz.

Für Fernrohrbeobachter zeigt die Hauptkomponente vor allem zwei Begleiter in (D) 63 und (C) 3 Bogensekunden Abstand. Vor rund 100 Jahren stellte sich dann die Primärkomponente als Doppelstern (AB) mit rund 0,2 Bogensekunden Abstand heraus und schließlich wurde um 1980 Stern A als Bedeckungsveränderlicher (Aa1 und Aa2, Periode: 42 Stunden) nachgewiesen. Mit den neuen Daten zeigte sich nun, dass ein zusätzlicher Einzelstern (Ab, Periode: 21 Monate) die beiden Sonnen des Veränderlichen umkreist. Und damit handelt es sich bei 65 UMa jetzt um das 12. bekannte Sechsfachsystem (wie z.b. das Mizar/Alkor-System); seine Gesamtmasse liegt bei ca. 8 Sonnenmassen.

05.07.2012

Versteckter massereicher Kugelsternhaufen im Schwan

Auch wenn es nicht den Anschein hat, so befindet sich in dem scheinbar sternleeren Areal zwischen Sadr und Deneb im Sternbild Schwan – versteckt hinter den dichten Staubmassen der Milchstraße – der massereiche Sternhaufen der Cyg OB2-Assoziation, die gerne auch als „junger Kugelsternhaufen“ beschrieben wird. Diese 4.500 Lichtjahre entfernte und mit 3 bis 4 Millionen Jahren recht junge Sterngruppe enthält immerhin 65 sehr heiße und massereiche O-Sterne und selbst wenn der Haufen nur 30.000 Sonnenmassen enthalten soll, wird er seit 1966 als Kugelsternhaufen interpretiert.

Mit einer neuen Untersuchung von 5 Haufensternen ist Cyg OB2 nun die Sternansammlung mit den meisten massereichen Doppelsternen. Die 25 Doppelsysteme (Tabelle 4), von denen etwa die Hälfte Mehrfachsterne sind, habe ich in diese AAVSO-Karte (clickable) eingezeichnet; die neu hinzugekommenen Sterne sind rot markiert. Von den 5 neuen Sternsystemen ist links oben der 10,0mag-Stern MT 734 der hellste und zugleich der massereichste. Denn hier umkreisen sich in 2 ½ Monaten gemeinsam ein fast 40.000 Kelvin heißer 50-Sonnenmassen-Stern und eine Sonne mit nur 10 Sonnenmassen.

03.07.2012

„… etwas entdeckt, was einem Higgs entspricht“

Die CERN-Physiker konnten es wohl doch nicht mehr abwarten. Denn nur wenige Stunden nach der Bekanntgabe der Tevatron-Daten wurde gestern Abend via Twitter auf diesen Exklusiv-Vorabbericht von Nature aufmerksam gemacht. Darin heißt es, dass die Beobachtungen mit den beiden großen LHC-Experimenten ATLAS und CMS jeweils eine statistische Signifikanz von 4,5 bis 5 Sigma erreichen, was tatsächlich beinahe einer Entdeckung gleichkommt.

„It looks like a discovery“, meint John Ellis, theoretischer Physiker am CERN gegenüber AP. „We’ve discovered something which is consistent with being a Higgs.“ Und selbst wenn nun am Mittwochmorgen in Genf die Entdeckung des Higgs-Teilchens verkündet werden sollte, stehen anschließend noch weitere bestätigende Messungen aus. Auch wenn da ein Teilchen sein sollte, es ist noch nicht bewiesen, ob es tatsächlich das gesuchte Higgs-Boson ist.

Am Mittwoch um 9:00 Uhr vormittags beginnt dann das CERN-Seminar, bei dem die neuesten LHC-Ergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollen, ein Webcast ist eingerichtet. Und bei Skyweek 2.0 läuft bereits ein Live-Blog zur „Higgs-Entdeckung“.

03.07.2012

Tevatron bestätigt mutmaßliches Higgs-Signal

Lediglich zwei Tage bevor die CERN-Wissenschaftler ihre neuesten Daten zur Suche nach dem Higgs bzw. zum mysteriösen 125 GeV-Signal veröffentlichen, stellten heute die amerikanischen Teilchenphysiker des Fermilab ihre Ergebnisse vor. Die Resultate mit einer Signifikanz von zusammengenommen 2,9 Sigma basieren auf den beiden großen Experimenten, die am Ende September 2011 abgeschalteten Tevatron-Beschleuniger durchgeführt wurden.

Nach der finalen Datenauswertung der Fermilab-Physiker sollte das Higgs-Boson in einem Bereich zwischen 115 und 135 GeV zu finden sein, was nebenbei die letztes Jahr vorgestellten CERN-Daten bestätigt. Aus insgesamt 500 Billionen Protonen-Antiprotonen-Kollisionen ist dies das Ergebnis von 10 Jahren Forschung am Tevatron bzw. Suche nach dem Higgs-Boson. In der Pressemitteilung heißt es: „… the final analysis of the data does not settle the question of whether the Higgs particle exists, but gets closer to an answer.“

02.07.2012

Quarknova erklärt sehr helle Supernova?

Seit der Entdeckung leuchtkräftiger Supernovae (SLSN = Super-luminosity Supernova) wie etwa 2005ap und 2006gy, die absolute Helligkeiten von rund -22,0mag erreichten, suchen Astronomen theoretische Ansätze, um diese energiereichen Sternexplosionen zu erklären. Entstehen sie vielleicht sogar durch eine sog. Paarinstabilitäts-Supernova, wobei ein extrem massereicher Stern durch die Bildung von Elektron-Positron-Paaren komplett zerrissen wird? Ein kanadisches Forscherteam hat einen anderen Weg verfolgt und kann mit einem Quarknova-Modell alle acht bisherigen superhellen Supernova-Kandidaten erklären. Bereits 2007 vermuteten sie hinter der SN 2006gy eine Quarknova.

Bei diesem erweiterten Modell ereignet sich einige Tage nach einer normalen Supernova-Explosion eine Quarknova (dsQN = dual-shock Quark Nova), in der der neue Neutronenstern zu einem Quarkstern-Überrest kollabiert. Die bei der zweiten Explosion abgestoßene Materie holt schließlich die Supernova-Schockfront ein, wodurch die Gastemperatur nochmal auf Milliarden Kelvin steigt und so ein zweiter Anstieg in der Lichtkurve beobachtbar ist. Bei den acht untersuchten Sternexplosionen fanden sie Sternmassen von 25 bis 35 Sonnenmassen.

02.07.2012

Verfinsterung von epsilon Aur durch Staubspirale?

Obwohl der Bedeckungsveränderliche epsilon Aur bereits vor einem Jahr zu seinem Normallicht von 3,0mag zurückgekehrt ist, wurde erst vor kurzem im März 2012 die Spektroskopie-Beobachtungskampagne einiger Hobbyastronomen, beendet. Der englische Amateur Robin Leadbeater legt nun zusammen mit anderen Mitbeobachtern ihre Auswertung zum Verhalten der Kalium-, Natrium- und Magnesiumlinie vor.

Leadbeater, der allein über 300 Spektren von epsilon Aur aufgenommen hat – das letzte Mal Anfang Mai -, fiel bereits Monate vor dem Beginn des visuellen Minimums eine verblüffende Eigenschaft der Kaliumlinie auf. Nicht gleichbleibend sondern stufenweise vergrößerte sich das Absorptionsverhalten dieser Linie, und auch nach dem Ende der Verfinsterung tauchte das Muster wieder auf. Interpretiert wird dieses ungewöhnliche Verhalten als Struktur der Staubscheibe, die den hellen Stern alle 27 Jahre bedeckt.

Da sich die veränderliche Kaliumlinie drei Monate vor dem 1. Kontakt und sogar noch sieben Monate nach dem 4. Kontakt zeigte, und auch sonst kein sich wiederholendes Muster erkennen lässt, besitzt die Staubscheibe eher keinen Aufbau aus konzentrischen Ringen mit regelmäßigen Lücken wie etwa beim Saturnring. Nach den vorgestellten Daten, nach denen sich das Gas in der 7,6 AE großen Scheibe auf der einen Seite bis 1,2 AE und auf der anderen mindestens bis 2,6 AE erstreckt, sieht es vermutlich nach einem elliptischen Aufbau mit komplexer Struktur aus. Ein spiralförmiges Muster aus Dichtewellen, so wie es diese Grafik (Sternsystem epsilon Aur in der Draufsicht) andeutet, beschreibt die weiterhin geheimnisvolle Staubscheibe wohl am besten.

01.07.2012


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