Archive for the 'Forschung' Category



Zwei supermassive Schwarze Löcher in NGC 4151

Die Radialgeschwindigkeitsmethode, bei der man Doppler-Verschiebung von Spektrallinien untersucht, ist z.b. ein erfolgreiches Verfahren (seit 1980 eingesetzt) für die Suche nach Planeten bei anderen Sonnen. So ein Doppler-Signal versteckt sich auch im aktiven Kern der Seyfert-Galaxie NGC 4151. Ein Team aus Astronomen hat nun die H-alpha-Linie in insgesamt 115 Spektren untersucht, die in einem Zeitraum von über 20 Jahren gemacht wurden; die meisten übrigens zwischen 1996 und 2006.

NOAO/AURA/NSF/Debi and Ashley Roeckelein/Flynn Haase

Die analysierten Daten deuten auf eine Periodizität von 15,6 Jahren (+/- 10 Monate) und mit den gemessenen Radialgeschwindigkeiten von bis zu 4.000 km/s schließen die Astronomen auf die Anwesenheit von zwei supermassereichen Schwarzen Löchern, wobei ihre Massen je nach Modell einige Millionen bis über 10 Millionen Sonnenmassen betragen. Die Schwerkraftmonster in dem sternförmigen Galaxienkern umkreisen sich in einem gegenseitigen Abstand von nur ungefähr 2.000 AE, das Kuiper-Belt-Objekt Sedna entfernt sich beispielsweise maximal 1.000 AE von der Sonne.

Obwohl das Paar scheinbar schon einen kleinen Abstand (bei 15,9 Jahren Umlaufzeit) aufweist, geht man davon aus, dass es erst in 100 Jahrmillionen zu einer Verschmelzungen kommen wird. Die Umlaufbahnen stellen sich bei einer Exzentrizität von 0,4 und einem Massenverhältnis von ungefähr 4 etwa so dar.

21.09.2012

In 6 Stunden: ISS-Experimente live bei Youtube

In genau 6 Stunden ist es soweit: Um 16:50 MESZ sollen die beiden Gewinnerexperimente des von NASA, ESA und Youtube vor gut einem Jahr gestarteten Wissenschaftswettbewerbs auf der Raumstation ISS durchgeführt werden. Und dabei können nicht nur die 3 Schüler die Arbeit auf der ISS online verfolgen, denn über den Youtube-SpaceLab-Channel kann die ganze Welt den Astronauten live zuschauen. „3 junge Talente, 2 Experimente, 1 Raumstation, 0 Gravitation“ heißt es dazu im Trailer.

13.09.2012

Neues vom verdampfenden Gesteinsplaneten mit Staubschweif

Erst vor drei Monaten berichtete ich über eine neue Entdeckung des Exoplanetensuchers Kepler, und in den letzten sieben Tagen erschienen gleich zwei neue Arbeiten zu diesem interessanten Objekt mit der Nummer KIC 12557548. In der Entdeckungsmeldung hieß es, dass in 1.500 Lichtjahren Entfernung ein mit 2.000 Kelvin kochender Exoplanet mit einem Schweif aus verdampfendem Oberflächenmaterial gefunden wurde.

Geschlossen wurde dies aus der deutlich varriierenden Helligkeitsabschwächung, die durch einen Staubstrom mit unregelmäßigen Dichteregionen entsteht. Dieses Modell wird nun durch eine unabhängige Untersuchung bestätigt. Die neue Analyse der Lichtkurve offenbart dabei nicht nur das Absorptionsverhalten von Staub, sondern deutet sogar auf Streuprozesse an 0,1 Mikrometer kleinen Staubteilchen hin. Nach diesen Berechnungen soll der sich auflösende Planet maximal etwa Erdgröße besitzen.

Ein slowakischer Astronom versuchte ebenfalls die bisher vorhandenen Kepler-Daten des Sterns KIC 12557548 zu interpretieren, untersuchte das völlig unregelmäßige Verhalten der Lichtkurve und kommt in seiner Arbeit zum selben Schluss: Das Transitobjekt, das etwa alle 16 Stunden eine winzige – und schwankende(!) – Lichtschwächung verursacht, kann nur ein kleiner Gesteinsplanet mit Staubschweif sein.

MIT

23.08.2012

Venus‘ Quasi-Mond für 7.500 Jahre

Vor fast 10 Jahren wurde im November 2002 der Asteroid 2002 VE68 entdeckt. Mit einem mittleren Sonnenabstand von 0,723 AE begleitet das Objekt scheinbar den Nachbarplaneten Venus. Obwohl sein Orbit sehr exzentrisch verläuft und sogar die Umlaufbahnen von Merkur und Erde kreuzt, hat 2002 VE68 in etwa die gleiche Bahnperiode wie die Venus (jeweils rund 224 Tage). So ist der kleine Asteroid zwar nicht gravitativ gebunden, aus Sicht der Venus umkreist er jedoch unseren inneren Nachbarplaneten und so gesehen handelt es sich bei dem Kleinkörper um einen Quasi-Venusmond.

2002 VE68 soll nur 200 Meter groß sein, die Rotationsperiode liegt bei 13,5 Stunden und aus der 0,9mag großen Amplitude der Lichtkurve wird geschlossen, dass der Asteroid ein Doppelobjekt (engl. Contact Binary) wie Kleopatra, Itokawa oder Toutatis darstellt.

Eine jetzt vorgelegte Arbeit befasst sich erneut mit der dynamischen Bahnentwicklung. In den Berechnungen wurden dafür die Schwerkraftstörungen aller acht Planeten sowie des Mondes und der drei größten Asteroiden Ceres, Pallas und Vesta berücksichtigt. Diese neue Untersuchung bestätigt ältere Daten, nach denen der Asteroid seit ungefähr 7.000 Jahren (nach einem Vorbeiflug an der Erde) ein Quasi-Mond der Venus ist und noch für weitere 500 Jahre sein wird. Die exzentrische Bahn von 2002 VE68 wird hauptsächlich durch die Erde stabil gehalten und auch die Rolle des Mondes möchte man nicht vernachlässigen.

Meist schwankt die Helligkeit des 200 Meter langen Kleinkörpers zwischen 20,0 und 30,0mag, doch mit einer Periode von acht Jahren ist er jeweils im November auch für visuelle Beobachter ein erreichbares Ziel. Hier eine Übersicht mit Zahlen aus Calsky.

  • November 2002 – 14,3mag – 0,033 AE Erdentfernung
  • November 2010 – 14,7mag – 0,035 AE Erdentfernung
  • November 2018 – 15,2mag – 0,038 AE Erdentfernung
  • November 2026 – 15,7mag – 0,041 AE Erdentfernung

23.08.2012

OJ 287 weiterhin schwerstes Schwarzes Loch

Mit einer neuen Analyse der Beobachtungsdaten des letzten Helligkeitsausbruchs des Blazars OJ 287 konnte bestätigt werden, dass hier ein extrem supermassives Schwarzes Loch von 18 Milliarden Sonnenmassen von einem etwas kleineren mit 140 Millionen Sonnenmassen umkreist wird. Dies ergab eine neue Untersuchung der im Jahr 2005 beobachteten Bremsstrahlung, was eine unabhängige Berechnung der Massen der beiden supermassereichen Schwarzen Löcher erlaubte.

Die beobachteten Flares des Lichtpunkts OJ 287 sind immer paarweise nach Intervallen von rund 12 Jahren sichtbar: Wenn der kleinere Begleiter durch die mächtige Akkretionsscheibe des 18-Milliarden-Sonnenmassen-Schwerkraftmonsters zieht, steigt der Energie-Output des Blazars. Der Beginn des nächsten Ausbruchs ist für November oder Dezember 2015 –  je nach Spin des Schwarzen Lochs – vorhergesagt.

Autor Mauri Valtonen, finnischer Astronom der Universität Turku, erforscht OJ 287 bereits seit 1985 und gehörte auch zu der Gruppe, die 1988 das Modell des Binärsystems von zwei sich umkreisenden Schwarzen Löchern entwickelten.

07.08.2012

Bonner Astronomen modellieren Sterne mit 300 Sonnenmassen

Bis vor zwei Jahren schien es so, als ob Sterne nur mit maximal 150 Sonnenmassen entstehen können. Dann wurde im Juli 2010 über die Entdeckung von vier wahren Monstersonnen im Sternhaufen R136 im Tarantelnebel berichtet, die allesamt über 150 Sonnenmassen aufwiesen, das Schwergewicht R136a1 sollte sogar mit mehr als 300 Sonnenmassen entstanden sein. Seitdem fragte man sich: Wie ist das möglich?

Drei Bonner Astronomen verfolgten einen Lösungsansatz mit einer komplexen Simulation, in der sie zuerst den nur 3 Millionen Jahre alten Sternhaufen R136 Stern für Stern mit 170.000 Sonnen „nachbauten“. „Unsere Modelle von R136 sind die schwierigsten und aufwändigsten Mehrkörper-Berechnungen überhaupt“, berichtet der Astrophysiker Pavel Kroupa.

Den insgesamt sieben durchgeführten Modellrechnungen zufolge, entstehen bereits bei einem Haufenalter von einer Million Jahren Monstersterne wie R136a1 durch gegenseitige Verschmelzungen von sehr massereichen Sternen; der massereichste Modellstern erreichte immerhin 250 Sonnenmassen. Ihre extremen Sternwinde bedeuten zugleich einen enormen Massenverlust, so dass diese exotischen Schwergewichte nach weniger als 2 Millionen Jahren unter die 150-Sonnenmassen-Grenze fallen. Die simulierte dynamische Entwicklung eines dichten Sternhaufenzentrums  bestätigt somit die Beobachtungsdaten der gefundenen Monstersterne von R136.

07.08.2012

Wie entstehen die Novae-Spektralklassen?

Seit einer Durchmusterung vor rund 20 Jahren werden Novae aufgrund bestimmter Merkmale in ihren Spektren in zwei Klassen eingeteilt: Mit 85% tritt der He/N-Typ mit markanten Helium- und Stickstofflinien am häufigsten auf, 15% machen die FeII-Novae mit prominenten Eisenlinien aus. Aber worin besteht die Ursache, dass eine Nova als ein bestimmter Spektraltyp sichtbar wird? Haben sie einen gemeinsamen Ursprung oder treten die Spektrallinien in unterschiedlichen Regionen der Trümmerwolke des Weißen Zwerges auf? Mit dieser grundlegenden Frage beschäftigt sich eine neue Studie.

Zusammen mit den sehr seltenen sog. hybriden Novae, die von einem Spektraltyp in einen anderen wechseln, gelangte man zum Schluss, dass alle Eruptionen dieser Art zu Beginn der He/N-Klasse angehören, schließlich kommt es bei der Zündung der Wasserstoffschicht des Weißen Zwergs auch zur Entstehung von Helium und Stickstoff. Die in der Explosion freigewordene energiereiche Strahlung beeinflusst den Partnerstern, der die kleine Sternleiche umkreist, und ein erhöhter Massenverlust wird angeregt.

Durch die Interaktion der sich ausbreitenden Eruptionswolke mit der ausgegehnten Atmosphärenschicht des Begleiters entsteht schließlich die Eisenlinie des FeII-Typ. Bis zu dem Auftauchen dieser Spektrallinie hat sich die Ausdehnungsrate der Nova bereits so weit verringert, dass das Eisen eine geringere Geschwindigkeit als die He/N-Linien anzeigt, was tatsächlich die Beobachtungen wiedergibt. In der neuen Arbeit kommt man somit zum Schluss, dass der Parameter des Massenverhältnisses beider Sterne ausschlaggebend für die Entstehung einer FeII-Nova ist.

05.08.2012

Die Form einer Supernova in 3D

Welche Form hat eigentlich eine Supernova? Ist es eher eine bipolare Explosion oder zeigt der Feuerball eine unregelmäßige Form mit Klumpungen? Welches Szenario plausibler ist, konnte bisher nicht entschieden werden und doch wurde scheinbar das 2D-Modell bevorzugt. Nun zeigen neue mit dem japanischen 8,2m-Subaru-Teleskop gewonnene Daten ganz klar, dass Supernovae eher eine  mehrdimensionale Geometrie aufweisen.

Als Studienobjekte wurden zwei im Jahr 2009 entdeckte Supernovae – 2009jf und 2009mi – des Typs Ib/c untersucht. Aufgrund ihrer Entfernungen von über 100 Millionen Lichtjahren sind sie nur als Lichtpunkte sichtbar, die jedoch mit 10.000 km/s explodieren, und über bestimmte Eigenschaften ihres Lichts lassen sich tatsächlich Rückschlüsse auf die Form der Supernovae schließen. Bei einer Belichtungszeit von jeweils 4 Stunden mit der FOCAS-Kamera wurden beide Supernovae mit der „Power of Spectropolarimetry“ beobachtet.

NAOJ

Mit den Daten der Polarisation konnte zusammen mit anderen Sternexplosionen festgestellt werden, dass sich die Sterntrümmer nicht axialsymmetrisch ausbreiten, sondern dass sie – zumindest wasserstoffarme Typ Ib/c-Supernovae – tatsächlich eher eine unregelmäßige Form aufweisen, wie in der Darstellung gezeigt.

Der Leiter der neuen Studie, Masaomi Tanaka, arbeitet seit mehreren Jahren auf diesem Gebiet, bereits seine 2009 vorgelegte Doktorarbeit trägt den Titel „Supernovae in Three Dimensions“. Und derzeit hofft man, dass die FOCAS-Kamera nach dem Kühlmittel-Unfall am Subaru-Teleskop vor gut einem Jahr bald wieder einsatzbereit ist. Für Oktober plant man die erste Beobachtung.

04.08.2012

Interferometrie-Schönheitswettbewerb mit AZ Cyg

Nachdem bekanntlich schon nach Superstars und Topmodels gesucht wird, wird von Astronomen bereits seit 2004 ein Interferometrie-Schönheitswettbewerb veranstaltet – in diesem Jahr fand der „Interferometric Imaging Beauty Contest“ zum 5. Mal statt. Statt nach Talenten wird hier nach dem besten Algorithmus für die Bildgebung aus Interferometrie-Daten gesucht.

Die Übersicht zeigt neun unterschiedliche Bildrekonstruktionen des gleichen Sterns. Zur Verfügung standen die im Mai 2011 mit dem CHARA-Interferometer gewonnenen Beobachtungsdaten des veränderlichen Roten Überriesen AZ Cyg (8,5 bis 9,5mag), der sich direkt über dem Nordamerikanebel (NGC 7000) befindet; ein Paper wird dazu noch folgen. Mit einem neuen Instrument lassen sich nun alle sechs 1m-Teleskope der CHARA-Anlage interferometrisch zusammenschalten. Einige der errechneten Bilder lassen helle Flecken erkennen, die auf riesige Konvektionszellen an der Oberfläche des Sterngiganten hindeuten und wie sie schon bei Beteigeuze sichtbar wurden.

Damit die erzeugten Ergebnisse der Bildverarbeitung vergleichbar sind, waren Pixel- (0,15 Millibogensekunden) und Bildgröße (64×64 Pixel) vorgegeben. Und wie die am 05. Juli vorgestellten Darstellungen der einzelnen Contest-Teilnehmer zeigen, sind mit den von ihnen verwendeten Software-Lösungen und entwickelten Algorithmen unterschiedliche Bildresultate entstanden. Gewonnen hat schließlich John D. Monnier von der University of Michigan, auf dem 2. Platz landete der deutsche Beitrag des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn.

01.08.2012

Blazar zwischen delta Aql und Barnards E entdeckt

Den hellen Stern delta Aql und die bekannte dreiteilige Dunkelwolke Barnard 142/143 – auch als Barnards E bezeichnet – trennen gerade einmal rund 1°. In diesem Zwischenraum stehen Stern and Stern dicht zusammengedrängt unzählige Sonnen der Milchstraße. Die hier gezeigte Aufnahme des Astrofotografen Mario Weigand gibt diesen Eindruck sehr gut wieder.

Mario Weigand, http://www.skytrip.de

Das man in dem Sterngewimmel der Milchstraße im Adler tatsächlich auch neue Objekte entdecken kann, zeigt die wenige Wochen alte Meldung eines neuen Blazars. So ging einer internationalen Forschergruppe bei der Suche nach sehr aktiven Sternen ein etwa 17,0mag schwaches Objekt ins Netz, bei dem es sich nach der Auswertung um einen im Gammabereich aktiven Blazar handelt. Für die weitere Untersuchung sei das Objekt außerdem ein potentielles Ziel für interferometrische Beobachtungen mit dem 10m-Weltraumteleskop RadioAstron, heißt es weiter.

Der entdeckte Blazar VASC J1942+10 befindet sich an der Position 19 42 47.48 +10 33 27.1, er steht dicht über einem etwas helleren Stern 15. Größe – zusammen sind sie in der linken Bildhälfte markiert. Auch auf der im aktuellen Heft interstellarum 83 abgedruckten Aufnahme ist der schwache Lichtpunkt erkennbar.

01.08.2012


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