Gaia16aye: Seltenes Microlensing-Ereignis mit Ansage

I-Band-Lichtkurve von Gaia16aye vom 18. November 2016; ESA Gaia, DPAC and the Photometric Science Alerts Team, P. Mroz, L. Wyrzykowski

Modellierte I-Band-Lichtkurve von Gaia16aye vom 18. November 2016; ESA Gaia, DPAC and the Photometric Science Alerts Team, P. Mroz, L. Wyrzykowski

Zurzeit ereignet sich im Schwan nahe des hellen Sterns phi Cyg ein spektakuläres Himmelsphänomen. Das Microlensing-Ereignis Gaia16aye (Spitzname Ayers Rock) wurde vor ein paar Monaten mit dem ESA-Astrometrie-Satelliten Gaia entdeckt und wird seitdem von anderen Teleskopen ständig überwacht. Die gesammelten Daten sind in der oben gezeigten I-Band-Lichtkurve zusammengefasst und zeigen deutlich drei Helligkeitsausbrüche. Die Forschergemeinde ist sich mittlerweile sicher: Dieses Muster deutet auf kein normales Microlensing-Event hin, sondern auf einen sehr viel selteneren Fall einer Gravitationslinse mit Doppelstern. Das Schwerefeld eines Vordergrundsterns (bei Gaia16aye handelt es sich um einen 15,0mag-Stern) verhältlich sich wie ein Linse, die das Licht eines entfernteren Hintergrundobjekts bündelt, so dass es für uns beträchtlich heller erscheint. Nur handelt es sich hier um ein Doppelsystem, wodurch es zu zwei Aufhellungen mit vier Helligkeitsmaxima kommt.

Eine polnische Forschergruppe konnte aus Modellen ableiten, wann mit dem finalen Peak (ganz rechts im Bild) zu rechnen ist. Nach ihrer heutigen Prognose soll es am Sonntagabend (20. November) gegen 20:00 MEZ soweit sein. Im I-Band soll sich ein Maximum von 12,0mag zeigen, wobei im visuellen Bereich wohl 14,0mag (oder etwas heller) zu erwarten sind. Nur wenige Stunden soll der finale Helligkeitsausbruch dauern und die Wetteraussichten für den deutschen Sprachraum sehen leider alles andere als rosig aus. Hobbyastronomen aus Bayern haben wohl die besten Chancen auf brauchbares Beobachtungswetter. Die AAVSO-Lichtkurve von Gaia16aye befindet sich schon im Anstieg und hat bereits 14,6mag erreicht. Das passt immerhin sehr gut zu meiner Nichtsichtung. Am Abend habe ich mein Glück mit dem 12-Zöller und 250-facher Vergrößerung versucht. Das Zielgebiet bei phi Cyg war spielend leicht zu finden, aber tiefer als 14,5mag bin ich unter meinem Dorfhimmel nicht gekommen. Vielleicht haben andere Beobachter ja mehr Glück. Wann sieht man schon als Amateur eine Gravitationslinse in diesem Helligkeitsbereich? Und dann noch durch ein Doppelsystem hervorgerufen. Das ist wirklich (exotische) Astrophysik live!

18.11.2016

[Update, 19.11.2016] Weitere Berichte und Beobachtungsaufrufe finden sich hier (Abenteuer Astronomie), hier (Himmelslichter.net) und hier (Sterne und Weltraum).

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