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Zwei spannende Weltraumthriller im Oktober

 

 

Gemeint ist allerdings nicht der 8 Millionen Euro teure TV-Katastrophen-Murks von RTL, der am 03. Oktober ausgestrahlt wird. Beworben wird dieser „Wir spielen Gott“-Streifen auch noch mit den markigen Worten „Dies ist keine Science-Fiction“, wobei seltsamerweise seit November 2009, als nämlich die ersten Proton-Proton-Kollisionen im LHC stattfanden, noch kein uminöses Schwarzes Loch in der Weltmaschine das Licht der Welt erblickte und ausgerechnet Deutschland (mit Kanzler Heiner Lauterbach) an den Kragen will. Stattdessen soll der diesjährige Physik-Nobelpreis neben Peter Higgs auch an das CERN gehen. Am 08. Oktober werden wir es wissen, ob die Entdeckung des von Peter Higgs vor fast 50 Jahren vorhergesagten Elementarteilchens tatsächlich mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wird.

Wer hingegen einen packenden Weltraumthriller sehen will, sollte unbedingt ab morgen ein Kinoticket für „Gravity“ lösen; den lang erwarteten neuen Streifen von Alfonso Cuarón, der schon 2006 mit „Children of Men“ eine vielbeachtete Zukunftsvision schuf. Bereits bei den ersten Trailern offenbarte sich eine quasi atemlose Spannung im Vakuum der Erdumlaufbahn. Und James Cameron war sich vor einem Monat bereits sicher, als er das „Lost in Space“-Thema des Mexikaners als „the best space film ever done“ bezeichnete; einen Film, auf den er schon immer gewartet hat. Auch von der Redaktion von filmstarts.de, die die volle Punktzahl nur sehr selten vergibt, erhielt der Weltraumthriller mit einer Wertung von 5 von 5 das Prädikat Meisterwerk. Und vielleicht wird der „visuell herausragendste Film des Jahres“ im Januar tatsächlich mit einer Oscar-Nominierung bedacht.

Und wer dann immer noch Lust auf Weltraumspannung hat, der sollte sich „Europa Report“ auf DVD ansehen. Ob die bemannte Forschungsreise zum Jupitermond Europa mehr Sci-Fi-Drama à la „Moon“ und „Solaris“ oder eher -Horror wie zuletzt in „Apollo 18“ ist, kann man ab 22. Oktober begutachten. Das Portal space.com beschreibt ihn jedenfalls als „eine der spannendsten und realistischsten Weltraumerkundungen seit „Moon“ oder „2001““. Mit an Bord ist auch Sharlto Copley, der schon in Südafrika – im „District 9“ – mit Aliens in Kontakt kam.

02.10.2013

Kurz vor der Bergung des Tscheljabinsk-Meteoriten

Screenshot vom 16. September; lifenews.ru

Screenshot vom 16. September; lifenews.ru

Nach monatelanger Suche im See befindet sich die Bergung der Hauptmasse des Tscheljabinsk/Chelyabinsk-Meteoriten aktuell in der heißen Phase. Schon vor zwei Wochen sollte sie aus dem Bodenschlamm des Tschebarkul/Chebarkul-Sees geborgen werden, was sich jedoch wegen einer weiteren Genehmigung verzögerte. Nach Erhalt der Erlaubnis der Fischereibehörde wurde nun vor zwei Tagen (23. September) mit dem Abpumpen des Bodenschlamms am Zielort begonnen. Vielleicht dringt man schon heute durch die 2,5 Meter dicke Bodenschicht zum größten Tscheljabinsk-Fragment vor. Gestern wurde von Tauchern bereits ein erstes faustgroßes Exemplar mit einem Gewicht von etwa einem Kilogramm aus den Tiefen des Sees nach oben geholt. Die Hauptmasse soll hingegen nach den neuesten Daten ca. 1 bis 1,5 Meter groß sein und rund 400 Kilogramm wiegen. Laut Aussage des Umweltministers der Region Tscheljabinsk muss sie bis zum 04. Oktober gehoben sein; die vertraglich festgelegten Bergungsarbeiten müssen an diesem Datum beendet werden.

Außerdem tauchten bewegte Bilder (ab Minute 1:27) auf, die eine Kamera am nordöstlichen Ufer aufgenommen hat und den vermeintlichen Fall in den zugefrorenen See zeigen sollen. Übrigens: Bei eBay gab es zwischen Ende Februar und Ende August 1.250 Tscheljabinsk-Auktionen, bei denen insgesamt 22,2 Kilogramm des Meteoriten zum Gesamtpreis von 248.400 Dollar bzw. 11,19 Dollar pro Gramm verkauft worden sind (im 3.000-Dollar-Bereich lagen die größten Stücke).

25.09.2013

Meine bisherige Lichtkurve der Nova Del 2013

nova_del_martin_fielder_16august

Nova am 16. August; Martin Fiedler (Sternwarte Radebeul)

Da für die kommenden Tage eher wechselhaftes Wetter mit geringen Beobachtungschancen angekündigt ist, hab ich heute mal meine bisherigen visuellen Helligkeitsschätzungen der Nova Delpini 2013 – immerhin 16 an der Zahl in 3 Wochen – grafisch zusammengefasst. Als Basis dienten die bei der AAVSO gemeldeten Schätzungen, mit denen auch eine Lichtkurve generiert werden kann; die eingezeichnete steile Linie gibt zudem den rasanten Anstieg in der ersten Tageshälfte des 14. August wieder, wobei die Nova binnen einer Stunde um 1,5mag bzw. um 10,0mag in 14 Stunden(!) heller wurde. Nach dem Maximum in den Mittagsstunden des 16. August – genau 2 Tage nach der Entdeckung – war der Helligkeitsausbruch des Weißen Zwerges schon wieder auf 4,7mag gefallen, aber noch mit bloßem Auge sichtbar. An diesem Abend entstand auch die obige Aufnahme von Martin Fiedler mit dem Laserpointer auf die Nova gerichtet.

Der zunehmende Mond nahte, aber mit dem kleinen 8×40-Fernglas ließ sich der weitere Verlauf sehr gut verfolgen und auch in den hellen Vollmondnächten nutzte ich jede sich bietende Wolkenlücke. Nicht einmal die Bedeckung von epsilon Aur behielt ich so ernsthaft im Blick. In meinen Datenpunkten lässt sich außerdem das kurze Post-Maximum-Plateau erkennen, bevor es in die Phase des mehr oder weniger konstanten „Early Decline“ ging. Mit dem Abfall um 2 Größenklassen in 10 oder 11 Tagen (je nach Ausgangswert für das Maximum (4,3 oder 4,4mag)) lässt sich die Nova als „schnelle“ oder sogar als „sehr schnelle Nova“ klassifizieren. Seit dem 03. September befindet sie sich aktuell scheinbar in einem neuen Plateau, was sich auch im Spektrum zeigt. Denn bisher konnten die Amateur-Spektroskopiker (z.b. hier und hier) verfolgen, wie die Intensität der H-alpha-Linie gewissermaßen durch die Decke ging, nun aber scheint dieser Anstieg ebenfalls ein Ende zu haben. Was Helligkeitsschätzungen, Spektroskopie und Farbwahrnehmung (bis jetzt wandelte sich ihr Farbton von weißlich zu orange) der Hobbyastronomen über die Physik der Nova Delphini 2013 aussagen, darüber kann man nur mutmaßen. Doch mit der Arbeit der Astrophysiker wird man letztlich auch die eigenen Amateurbeobachtungen deuten können.

Aus dem Verhalten der Lichtkurve während des ersten Abstiegstadiums wurde die Entfernung bereits auf 12.000 bis 13.000 Lichtjahre eingegrenzt. Daraus würde eine absolute Helligkeit von um die -9,0mag folgen, was rund 400.000 Sonnenleuchtkräften entspricht. Und allein aus den visuellen Beobachtungen lässt sich mit der Ausbruchsamplitude von 12,7mag auf eine Helligkeitszunahme um das 100.000-fache schließen – in nur 60 Stunden!

08.09.2013

Vorzeichenfehler: Interessante Galaxienhülle statt Uranus

IC 1575 (Arp 231); Jost Jahn

„Bitte öfters mal falsche Koordinaten eingeben“, lautet ein Kommentar zu dieser Aufnahme des Astrofotografen und Asteroidensuchers Jost Jahn. Eigentlich wollte er gestern nur neue Aufnahmen nach Kleinplaneten nahe Uranus bearbeiten, doch zu seiner Überraschung stolperte der Hobbyastronom über das strukturreiche Halo der Galaxie IC 1575 (Arp 231). „Gerade wollte ich meine Uranus-Aufnahmen auswerten. Und finde den nicht. Vorzeichenfehler in der Deklination!“ Lichtschwache Asteroiden wird es auch in diesem Himmelsfeld geben, doch viel interessanter ist nun der Zufallsfund der Hülle von IC 1575. Das obige Resultat hat eine Gesamtbelichtungzeit von 2 Stunden und zeigt deutlich mehrere konzentrisch angeordnete Ringsegmente. Wie bei Arp 277, einem Musterbeispiel unter den Galaxienhüllen,  sind solche Hüllen, Schalen und Sternströme auf Wechselwirkungen mit einer zweiten Galaxie zurückzuführen und nur mit tiefen Deep-Sky-Aufnahmen festzuhalten. Nun will der Hobbyastronom von Amrum bei nächster Gelegenheit weitere Aufnahmen von IC 1575 machen.

03.09.2013

Chang’e 3: Mondrover landet im Dezember im Sinus Iridum

Das ist der erste Mondrover aus China, der noch vor Jahresende auf dem Erdtrabanten landen soll. Statt durch den roten Sand der Wüste Gobi wie bei den Testfahrten, rollt das kleine Gefährt dann über den grauen Staub der Regenbogenbucht. Das Sinus Iridum ist tatsächlich das Ziel der ersten chinesischen Landermission Chang’e 3. Dabei ist die 1,2 Tonnen schwere Landeeinheit ebenso mit Instrumenten ausgerüstet, wie der 120 Kilogramm schwere sechsrädrige Rover. Es ist außerdem der erste Mondrover seit genau 40 Jahren. Während der 3 Monate dauernden Mission kann er bis zu 10 Kilometer zurücklegen. Wie diese Woche bekannt wurde, soll die dritte Mondmission Chinas am 01. Dezember um 18:00 MEZ starten; am 12. Dezember beginnt in dieser Lunation der Sonnenaufgang im Sinus Irdium. Die helle Oberflächenschicht der Mondbucht hat ein Alter von 3,1 Milliarden Jahren, dunkle Basaltgebiete sind um die 3,6 Milliarden Jahre alt. Demnach entstand der über 200 Kilometer große Einschlagskrater vor rund 3,7 Milliarden Jahren, der anschließende Vulkanismus schuf eine 500 Meter mächtige Basaltdecke.

Nach den Mondmissionen Chang’e 1, 2 (2016 Ankunft bei Asteroid Toutatis) und 3 plant man mit Chang’e 5 eine Mission, die 2018 erste Proben von der Mondoberfläche zur Erde bringen soll. Außerdem zeigte die chinesische Raumfahrtagentur CSNA kürzlich den groben Flugplan für eine ebenfalls für 2018 anvisierte Lander-Orbiter-Mission zum Mars. Und Indien wird als weitere wachsende Raumfahrtnation schon 2015 mit Chandrayann 2 zum Mond zurückkehren.

30.08.2013

17 Braune Zwerge des Y-Spektraltyps …

… sind mittlerweile insgesamt bekannt – zusammen mit der Neuentdeckung WISE J064723.23-623235.5.

Als beobachtende Astronomen 1963 die Quasare entdeckten, wurden auf dem theoretischen Gebiet erstmals Objekte, die wir heute Braune Zwerge nennen, für möglich gehalten. Vor 50 Jahren hielt man den 17,0mag schwachen Begleiter vB 10 des 9,1mag hellen Sterns HD 180617 für einen solchen Himmelskörper im Massenbereich zwischen Stern und Planet. Nachdem Mitte der 90er Jahre der erste Braune Zwerg entdeckt wurde, stieg ihre Zahl schnell an, so dass der Astronom Davy Kirkpatrick um das Jahr 2000 die Harvard-Klassifikation O-B-A-F-G-K-M zu niedrigeren Temperaturen um die Typen L, T und Y erweiterte. Anhand ihrer Spektren werden Braune Zwerge wie folgt eingeordnet: Während späte M-Zwerge vor allem Signaturen von Metalloxiden zeigen, dominieren beim L-Typ Metallhydride (etwa CaH, CrH, FeH und MgH) und Alkalimetalle, beim T-Typ ist es vor allem CH4 (Methan). Substellare Objekte der Y-Spektralklasse sucht man über Linien von Ammoniak.

2002 waren bereits 245 L-Zwerge und 32 noch kühlere T-Zwerge bekannt, 11 Jahre später sind es heute 918 L-Zwerge und 355 T-Zwerge. Mit den Daten des 2010 aktiven satellitengestützten Infrarotteleskops WISE wurden schließlich die ersten Objekte der Y-Klasse aufgespürt; bei seiner Entdeckung 2011 galt WISE 1828+2650 mit maximal 300 Kelvin (27 Grad) als kältester Brauner Zwerg. Nun veröffentlichte die Forschergruppe um Kirkpatrick heute eine neue Arbeit, in der sie den 17. Fund eines Y-Zwergs präsentieren. Die mit verschiedenen Teleskopen und Instrumenten bis zum Mai 2013 durchgeführten Beobachtungen brachte das Team zu dem Ergebnis, dass WISE J064723.23-623235.5 mit einer Temperatur von 350 bis 400 Kelvin zum Spektraltyp Y1 gehört. Nach den Entwicklungsmodellen entspräche dies einem Massenbereich von 5 bis 30 Jupitermassen; die Grenze zwischen Planet und Brauner Zwerg wird gewöhnlich bei rund 13 Jupitermassen gezogen.

Bei einer Eigenbewegung von 390 Millibogensekunden pro Jahr und der Entfernung von rund 30 Lichtjahren wäre es sogar möglich, dass der neue Y1-Zwerg einem Bewegungshaufen angehört. Das Alter dieser Assoziation liegt bei nur 30 Millionen Jahren, was im Umkehrschluss für den Braunen Zwerg eine Masse von weniger als 2 Jupitermassen bedeuten würde. Die so vermutete Planetennatur des neuen Braunen Zwergs wird allerdings nur eine Bestimmung der Radialgeschwindigkeit (von etwa 22 km/s) bestätigen können. Möglich ist das bei einem derart lichtschwachen Objekt – 23. Größenklasse in den IR-Spektralbändern J und K – derzeit noch nicht.

27.08.2013

Kepler: Erster Kandidat einer habitablen Exoerde

Auch wenn zwischenzeitlich nach einigen Tests ein wenig Hoffnung bestand, der NASA-Planetensucher Kepler wäre noch zu retten, kam am vergangenen Donnerstag die Meldung, in der schließlich die Hauptmission für beendet erklärt wurde. Zwei von vier Schwungrädern, die für die präzise Ausrichtung im Raum notwendig sind, sind einfach zu kaputt, weshalb man nun nach neuen Aufgaben für das Weltraumteleskop sucht. Kepler hinterlässt nach aktuellem Stand 135 bestätigte Exoplaneten und man hofft, dass von den jetzigen 3.548 Kandidaten sich noch 90 Prozent als Planeten herausstellen werden. Doch diese Analyse wird noch Jahre in Anspruch nehmen. Wie man zudem seit Ende Juli im „Habitable Exoplanets Cataloge“ sieht, kam nun der erste Kandidat – von tausenden(!) – einer potentiell habitablen Welt von Erdgröße hinzu. Mittlerweile sind zwar 12 habitable Planeten bekannt, allerdings handelt es sich dabei allesamt um Supererden. Mit 1,4-facher Erdgröße und 2,6 Erdmassen gehört selbst der kleinste Planet, Gliese 581g, zu den Supererden.

Doch mit dem Kepler Object of Interest KOI-571.05 (Stern: KOI-571 bzw. KIC 8120608) hat man in der wahren Datenflut nun den ersten habitalen Kandidaten von Erdgröße entdeckt. Der Kandidat mit 1,1-facher Erdgröße (14.000 Kilometer) und 1,3 Erdmassen umkreist seine Sonne in 130 Tagen. Diese ist ein kleiner orange-roter Zwergstern (3.900 Kelvin heiß und 0,6-facher Sonnendurchmesser), erscheint am Himmel etwa 14,6mag hell und steht 700 Lichtjahre entfernt in Richtung Sternbild Schwan – auf der Linie zwischen gamma und delta Cyg. Der erdgroße Planet ist dabei Teil eines Planetensystems mit fünf Welten. Wann wird wohl die erste Exoerde um einen sonnenähnlichen Stern gefunden?

[Nachtrag, 27.04.2014] Genau 8 Monate nach diesem Blog-Artikel wurde aktuell die erdgroße Welt – nun als Kepler-186f gekennzeichnet – für die Presse groß gefeiert. Und während man bei der BILD-Zeitung direkt auf der Titelseite in Großbuchstaben „2. Erde entdeckt!“ lesen konnte, wurde hier unter „Warum Kepler-168f nicht der „erdähnlichste Exoplanet“ ist“ sofort über die Story hinter der Schlagzeile berichtet.

19.08.2013

Nova Del 2013: Nach dem Maximum von 4,4mag, …

… dass sie gestern Mittag genau 48 Stunden nach der Entdeckung eines japanischen Amateurs erreicht hat, habe ich sie am Abend nur noch mit einer Helligkeit von 4,7mag beobachten können. Bei dem rasanten Anstieg hatte ich um Mitternacht schon mit einer 3 vor dem Komma gerechnet und mir entsprechende Vergleichssterne rausgesucht, aber dann zeichnete sich doch schon ein deutlicher Abfall ab. Ein Fernglas brauchte ich nicht für meine Beobachtungen, aber der zunehmende Mond stört zusehends; zumindest gestern Abend war sie noch deutlich mit bloßem Auge sichtbar und konnte sehr gut mit dem 4,8mag-Stern 29 Vul verglichen werden. Damit war klar, dass sie doch keine seltene Nova mit einem extremen Maximum ist. Aber mit 4,4mag ist er zumindest der hellste neue Stern seit 2007 bzw. mit 100.000 Sonnenleuchtkräften – entsprechend der Amplitude von 12,5 Größenklassen – die leuchtstärkste Nova seit 1999.

Jetzt ist es für Hobbyastronomen spannend, die Helligkeitsabnahme zu verfolgen. Die aktuellsten Schätzungen der Veränderlichenbeobachter sind hier abrufbar. Aktuell ist die Nova schon wieder bei 4,9 bis 5,0mag angekommen. Interessant ist außerdem, dass die Helligkeitswerte der visuellen Beobachter exakt mit der Photometrie der Profis übereinstimmen. Die nun fallende Lichtkurve lässt zudem Rückschlüsse auf die Entfernung zu: Nach den ersten Analysen könnte sie 3,5 bis 5,5 kpc bzw. über 2 kpc entfernt sein. Die Explosion auf einem Weißen Zwerg könnte also tatsächlich in 10.000 Lichtjahren Entfernung stattgefunden haben.

17.08.2013

Nova im Delphin schon bei 5,0mag!

Da ist man einmal nicht am Laptop und schon verpasst man die Entdeckung eines neuen Knallers. Das Entdeckerfoto eines neuen Sterns im Delphin machte der japanische Amateurastronom Koichi Itagaki am Mittwochmittag unserer Zeit (14. August), so dass man wenige Stunden später schon hierzulande die mögliche Nova sichten konnte. 6,3mag hatte sie schon in der Nacht auf Donnerstag erreicht und 24 Stunden konnte ich sie schließlich selbst mit einer Helligkeit von 5,0mag(!) beobachten. Während erste Spektren die Nova-Natur bestätigten, zeigten erste photometrische Untersuchungen einen Helligkeitsanstieg von fast 0,15mag in zwei Stunden! Letzte Nacht konnte ich den neuen Stern im Sommerdreick (Bild unten) auch endlich sichten.

Kurz nach 10 leuchtete noch der Halbmond, aber ich versuchte es trotzdem mit dem handlichen 8×40-Fernglas. Von der Delphin-Raute über den 4,8mag hellen 29 Vul war die Nova Delphini 2013 wirklich leicht zu finden. Mein erster Gedanke war dann nur: Täusche ich mich oder ist die Nova schon bei 5,0mag angekommen? An der Wahrnehmungsgrenze konnte ich sie sogar mit bloßem Auge aufblitzen sehen. Eine Stunde später war dann die Dämmerung abgeschlossen und ich machte mich an eine genauere Helligkeitsschätzung. Mit dem 8×40 fiel mir kein Unterschied zum 5,2mag-Stern 22 Vul auf, freisichtig erschien mir die Nova jedoch einen Ticken heller. Sie hatte also tatsächlich schon 5,0mag erreicht und war leicht mit bloßem Auge zwischen 29 Vul und der Pfeilspitze zu sehen; der 5,7mag-Nachbarstern der Nova war indirekt noch wahrnehmbar. Außerdem konnte ich um Viertel nach 11 verfolgen wie die helle ISS westlich des Pfeils im Erdschatten verschwand. Die gezeigten Bilder entstanden kurz nach Mitternacht; leider kann die Kamera nur maximal 15 Sekunden belichten.

Die H-alpha-Linie im Spektrum zeigt, dass der 20.000 Kelvin heiße Nova-Feuerball mit 2.300 bis 2.400 km/s expandiert, Spektrallinien von Eisen, Silizium und Stickstoff weisen auf Geschwindigkeiten von rund 1.000 km/s hin. Auch ein möglicher Nova-Vorgänger mit 17,0mag ist identifizierbar, so dass die Explosion auf dem Weißen Zwerg schon jetzt 12 Größenklassen bzw. 65.000 Sonnenleuchtkräfte hell ist. Wann sieht man schon mal eine tausende Lichtjahre entfernte Wasserstoffbombe an der Oberfläche einer Sternleiche von Erdgröße aus Kohlenstoff und Sauerstoff hochgehen? Nach einer Entfernungsschätzung von 1.000 pc (3.000 Lichtjahre) könnte die Nova 3. oder sogar 2. Größenklasse erreichen. Ein Ende des Helligkeitsanstiegs ist scheinbar vorerst nicht in Sicht, denn 2 ½ Stunden nach meiner letzten Beobachtung hatte der neue Stern schon die 4,8mag erreicht.

Nach den aktuellsten Schätzungen von heute früh hat der Knaller im Delphin bereits 4,5mag erreicht. Und wenn die Rate so bleibt, hat er um Mitternacht schon eine 3 vor dem Komma.

16.08.2013

Junger Exot im 12-Zöller: Gyulbudaghian-Magakian 1-29

Wenn man Beschreibungen von Uwe Glahn am 16-Zöller („extrem schwache Fläche an exakter Position bestenfalls erahnt, aber nicht sicher und ständig zu halten; unsicher, eher negativ“) oder von Reiner Vogel mit 22 Zoll („nix zu sehen, auch nicht der Stern PV Cep“) liest, dann geht man nicht davon aus, dass man den kleinen Reflektionsnebel GM 1-29 jemals im eigenen 12-Zöller sehen wird. Ein Jahr nach Reiner Vogels Notiz „weder Stern noch Nebel“ hat es letzte Nacht doch geklappt – auf der Terrasse mit 12 Zoll Öffnung und 60x Mindestvergrößerung unter einem 6,0mag-Himmel. Ich war seinem Beobachtungshinweis gefolgt, da der Nebel GM 1-29 offenbar zurzeit einen Helligkeitsschub hat. In der Nacht auf Sonntag zogen leider vermehrt Wolken durch und es gab nur kleine Lücken, für letzte Nacht war dagegen eine Cirrusbewölkung vorhergesagt, aber die Milchstraße stand überdeutlich über meinem Kopf und die Teilung südlich des Adlers fiel ebenfalls auf. Schlag Mitternacht stellte ich den 12-Zöller auf die Terrasse und ich startete die Suche bei beta Cep. Rund 4,5 Grad südwestlich steht der 7,0mag helle HD 198737, neben dem ein Paar 10,0mag-Sterne auffiel. Mehr Aufsuchhilfe braucht’s nicht, nur mehr Vergrößerung. Und an der richtigen Position war tatsächlich ein kleines Nebelchen zu entdecken, bei dem ich bestimmt eine halbe Stunde verbracht habe.

Am besten wirkte er im 9mm (166x), wobei er rundlich erschien und fast schon leicht mit indirektem Sehen erkennbar war; zusätzlich war nördlich davon der 14,8mag-Stern sichtbar. Der kleine Nebel war fast eine Bogenminute groß und seine Helligkeit fand ich mit einem etwa 14,0mag-Stern gut übereinstimmend. Auch mit dem 15mm (100x) war GM 1-29 indirekt noch deutlich zu sehen, wobei er irgendwie länglich-oval wirkte (vielleicht Hinweis auf die Fächerform?). Zu meiner Überraschung war der Nebel sogar im 25mm (60x) wahrnehmbar. Er war an der Wahrnehmungsgrenze, aber an der richtigen Position blitzte ab und zu das Objekt als unscharfer Stern auf. Der für das Nebelleuchten verantwortliche Stern PV Cep war nicht auffindbar.

GM 1-29 wurde 1976 von den armenischen Astronomen Armen Gyulbudaghian und Tigran Magakian entdeckt, aber heute ist das Objekt nur als Gyulbudaghians Nebel bekannt; bei mir heißt er einfach PVC-Nebel. Das Licht von PV Cep streut sich am Staub seiner Geburtswolke, so dass ein kleiner Reflektionsnebel beobachtbar ist. Die Nebelhelligkeit schwankt durch unregelmäßige Ausbrüche des jungen Sterns (Leuchtkraftanstieg durch erhöhte Akkretion auf die Sonne), der nur ein Alter von ein paar 100.000 Jahren hat. So exotisch schon der Objektname ist, so exotisch ist auch die Natur der Quelle, denn zu den bekannten jungen Sterntypen scheint PV Cep nicht zu passen. Nach einer erst im April veröffentlichten Arbeit ist er wohl doch kein typischer Vertreter der sog. EXor-Sterne (nach EX Ori benannt), sondern scheint eher ein massereicher Vertreter dieser aktiven Protosterne zu sein. Denn mit einer Masse von rund 3 Sonnenmassen (zwischen Wega und Regulus) gehört er schon zu den Herbig-AeBe-Sternen und man kann sich dann schnell vorstellen, wie eine Million Jahre später hier ein 1.500 Lichtjahre ferner Stern 8. Größenklasse bereits mit einem Fernglas sichtbar ist. Das war zugleich eine unverhoffte Beobachtung und wunderbare Entdeckung eines scheinbar unbeobachtbaren Nebels, erhellt durch das Streulicht eines versteckten Sterns.

Auf dem Weg von beta Cep nach PV Cep kommt man unweigerlich am Irisnebel NGC 7023 mit dem zentralen HD 200755 vorbei. NGC 7023 ist ebenfalls ein Reflektionsnebel, keine 1,5 Grad neben GM 1-29, und auch das Alter des Sterns von 300.000 bis 400.000 Jahre stimmt überein. Der einzige Unterschied: Der junge Herbig-AeBe-Stern HD 200755 fällt mit seinen 7,4mag schon im Fernglas auf. Den umgebenen Nebel konnte ich im 80mm-Richfielder indirekt bereits mit dem 25mm (30x) deutlich als Halo des hellen Sterns sehen. Anschließlich suchte ich mit dem kleinen Refraktor noch die Cygnus-OB2-Assoziation auf, wegen der Müdigkeit habe ich die tiefergehende Beobachtung dann jedoch vertagt.

05.08.2013


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