Nur 3 ½ Jahre bevor Neil Armstrong und Edwin „Buzz“ Aldrin ihre großen Sprünge für die Menschheit im Mondstaub durchführten, hatte im Space Race noch die Sowjetunion die Nase vorn. Nach dem ersten Satelliten und dem ersten Mann im Weltraum, folgte Anfang Februar 1966 die erste weiche Landung auf dem Mond, so dass Luna 9 vor 50 Jahren die allerersten Fotos von der Mondoberfläche zur Erde funkte. Dazu schrieb der „Spiegel“ damals: „Sekunden nach der Landung meldete sich die sowjetische Instrumentensonde mit erdwärts zirpenden Funksignalen zur Stelle. Begierig lauschten auch westliche Wissenschaftler der russischen Mond-Grille.“ Darunter befanden sich auch die Astronomen des 76 Meter großen Radioteleskopes des Jodrell Bank Observatory bei Manchester. Kurz nach der Landung von Luna 9 am 03. Februar 1966 um 18:45 Uhr Ortszeit verstummte das Funksignal, so dass Direktor Bernhard Lovell schon an einen Fehlschlag – einen erneuten harten Einschlag – glaubte. Ab 18:58 Uhr hörten die Radioastronomen jedoch seltsame Signalgeräusche, auf die sie sich zunächst keinen Reim machen konnten. Schließlich bemerkte Mitarbeiter Reginald Lascelles, zuständig für die Pressearbeit, dass ihn die elektrischen Signale an ein Faxgerät erinnerten. So wurde in Manchester aus der lokalen Zeitungsredaktion der „Daily Express“ ein solches Bildfunkgerät ausgeliehen. Und mitten in der Nacht wurde in London noch ein Techniker mit einem zusätzlich benötigten FM/AM-Konverter losgeschickt, so dass in den Morgenstunden am Radioobservatorium das Equipment für die Datenübertragung zusammengebaut werden konnte. Um 7:00 Uhr war alles einsatzbereit.
Freitagnachmittag ging der fast volle Mond über Jodrell Bank auf. Und dann: Aus den seltsamen Signalen, die das riesige 76-Meter-Radioteleskop vom Mond empfing, druckte das Muirhead-Faxgerät der Journalisten unter staunenden Augen tatsächlich die ersten Fotos von der Mondoberfläche aus. Während dieser über einstündigen Beobachtungssession wurden vier von Luna 9 aufgenommene Mondlandschaften ausgedruckt und binnen 20 Minuten waren diese historischen Bilder an die Redaktionen des „Daily Express“ in Manchester, London und Glasgow übermittelt. So gelang die Presse an die ersten Fotos von der Oberfläche eines anderen Himmelskörpers überhaupt und nur anderthalb Tage nach der Landung zwischen Reiner Gamma und dem Krater Cavalerius erschien der Mond groß auf den Titelseiten. Am Samstag, den 05. Februar 1966 – heute vor genau 50 Jahren -, titelte die „Daily Express“: „From Luna 9 To Manchester – The Express Catches The Moon“. Am selben Tag konnte man die Nachricht und die Jodrell-Bank-Bilder sogar in der DDR-Zeitung „Neues Deutschland“ sehen, während in der Sowjetunion die Nahaufnahmen erst einen Tag später auf der Titelseite der „Prawda“ erschienen sind. Auch wenn die Presse dem sozialistischen Vaterland etwas zuvor kam, wurden zwei Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Luna 9 noch am Samstagabend im sowjetischen Fernsehen gezeigt. Dennoch wird das gehackte Signal und der Datenklau der westlichen Radioastronomen den Politikern und Raumfahrtfunktionären in der UdSSR sicherlich nicht geschmeckt haben. Am 10. Februar folgte in Moskau eine große 2 ½-stündige Pressekonferenz, bei der u.a. das Messergebnis mitgeteilt wurde, dass der Mond kein feststellbares Magnetfeld bestitzt.
Neben der ersten weichen Landung auf dem Mond und den ersten Oberflächenaufnahmen – via Fax und größtem Radioteleskop der Welt – zeigte Luna 9 auch, wie fest der Boden dort überhaupt ist. Der US-Astronom Gerard Kuiper empfahl daraufhin, wie man ebenfalls im „Spiegel“ nachlesen kann, die Astronauten mit schneeschuhähnlichen Fußbrettern auszustatten, um leichter vorwärts zu kommen. Anfang Juni 1966 erfolgte schließlich mit Surveyor 1 die erste weiche Landung einer NASA-Mondsonde – gut drei Jahre vor Apollo 11.
05.02.2016
Klasse Bericht und das Zeitungs-Foto ist ein tolles Zeitdokument!