„We must confront the reality that nothing in our solar system can help us.“ Dieser Satz von Michael Caines Charakter markiert die hoffnungslose Ausgangslage von Christopher Nolans („Memento“, „Prestige“, „Inception“) neuestem Sci-Fi-Hit, der heute in den deutschen Kinos anläuft. Die Erde ist in der nahen Zukunft von „Interstellar“ dem Untergang geweiht. Bald wird sie unbewohnbar sein, denn wegen klimatischer Veränderungen werden langsam alle natürlichen Lebensmittelvorräte vernichtet und unsere blaue Heimat im All verstaubt allmählich zu einem Wüstenplaneten. Das Sterben der Menschheit ist nur noch eine Frage der Zeit und so hängt ihr Überleben allein vom Erfolg einer bemannten Mission zum Saturnsystem ab. Das Ziel der Astronauten ist ein Schwarzes Loch, das die Öffnung eines Wurmlochs darstellt. Damit geht das Raumschiff „Endurance“ und seine Besatzung auf die erste interstellare Reise, um in anderen Galaxien ein neues Zuhause für die Menschheit zu finden.
Bereits 1988 berechneten die Physiker Kip Thorne und Michael Morris, dass tatsächlich theoretisch ein in beiden Richtungen durchquerbarer Wurmloch-Typ möglich wäre, genauso wie sie es im Sommer 1985 in einem Manuskript von Carl Sagans Roman „Contact“ gelesen hatten. In ihre Mathematik floss auch das Zwillingsparadoxon der Allgemeinen Relativitätstheorie ein, wodurch ihre theoretische Wurmloch-Lösung sogar zu einer Zeitmaschine wurde. Nach Robert Zemeckis beeindruckender Verfilmung von „Contact“ schafft es das Morris-Thorne-Wurmloch nun erneut auf die große Leinwand. Während sich der Film „Contact“ auf den philosophischen Aspekt einer Reise zum Stern Wega konzentrierte, ist es bei Nolans Weltraumdrama „Interstellar“ ganz klar die emotionale Komponente, wie schon vor 11 Monaten im ersten Trailer zu spüren war. Ging es etwa in „Memento“ noch um Erinnerungen und in „Inception“ um Träume und Gedanken, so dürfte das Thema Liebe jenseits von Raum und Zeit den Kern von „Interstellar“ darstellen. Es ist eine Geschichte über Vaterschaft und wohl der emotionalste Film des Kino-Visionärs. „Für mich geht es in dem Film darum, was es heißt, Vater zu sein“, so der Regisseur, und selbst Hauptdarsteller Matthew McConaughey bewegt dieses Thema.
Die Kritiken zum Weltraumabenteuer „Interstellar“, dem wohl meisterwartesten Film 2014, sind größtenteils sehr gut. Beispielsweise schreibt „Variety“: „Nolans neunte Regiearbeit ist emotional zugänglicher als seine unterkühlten, kopflastigen Thriller und Batman-Filme. „Interstellar“ gehört zu den besten Werken von Nolan, der sich erneut als der führende Geschichtenerzähler seiner Generation erweist. Sein Film hat seinen Platz neben visionären Sci-Fi-Trips wie „2001“, „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ und „Gravity“ mehr als verdient.“ „Gravity“ gilt übrigens für viele Filmfreunde als kleine Vorspeise bzw. als 90-minütige Actionsequenz, dagegen folgt nun mit „Interstellar“ das eigentliche 169 Minuten dauernde Drei-Gänge-Menü. „Nolan’s is the full three-course meal.“ In einer anderen Kritik heißt es: „Wo „Gravity“ kurz, reduziert und gefällig war, ist „Interstellar“ lang, grandios und anspruchsvoll.“ Auch bekannte Regiegrößen haben sich bereits im Vorfeld zu „Interstellar“ sehr positiv geäußert, Quentin Tarantino verglich ihn sogar mit Filmen von Andrei Tarkowski („Solaris“) und Terrence Malick („The Tree Of Life“).
Ob der neue Sci-Fi-Blockbuster, an dem auch Theoretiker Kip Thorne als wissenschaftlicher Berater für Schwarze Löcher beteiligt war, nun hält was die Trailer, die Kritiken und Hauptdarsteller McConaughey versprechen („Es ist der größte Film, an dem ich je beteiligt war. Es ist sogar der größte Film, an dem jemals irgendwer beteiligt war.“), kann ab heute jeder selbst im Kino beurteilen. „Everybody ready to say goodbye to our solar system? – To our galaxy.“ Und zur Oscar-Verleihung am 22. Februar 2015 sind wir wieder zurück.
06.11.2014
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