Im StarTalk mit … Matthias Wirth

Matthias Wirth mit dem Kölner Stadt-Anzeiger

Beim letzten StarTalk hat der Hobby-Teleskopbastler Jörg Peters sein Riesenfernglas aus zwei Spiegel-teleskopen mit jeweils 70cm-Optiken vorgestellt und wirkte das schon wie ein wahrer Binosaurier, setzt Matthias Wirth vielleicht noch eins drauf. Der 45-jährige Fernrohrbauer aus Köln konstruierte nicht nur das neue 60cm-Teleskop der Volkssternwarte Köln, das vor einem halben Jahr eingebaut und eingeweiht wurde, sondern war auch am weltgrößten Apo-Fernglas beteiligt. Hierfür baute er die beiden großen Tuben für die 30cm-Linsen und die große Rohrschelle; aktuell hat Markus Ludes für dieses knapp 500.000 Euro teure Instrument für einen chinesischen Millionär schon einen Antrag beim Guiness-Buch der Rekorde eingereicht. Doch wie wurde aus dem Hobby-Fernrohrbastler, der zwischendurch Medizin studiert hatte, ein hauptberuflicher Teleskopbauer, der nach wie vor von Sonne und Planeten begeistert ist?

11 Fragen an … Matthias Wirth

  • Wann und wie wurden Sie mit dem Astrovirus angesteckt?

Ich war schon immer an Natur in allen Formen interessiert, ich bin lieber draußen als drinnen. Ich mochte Bücher wie „Was ist was“. Allerdings habe ich im ersten selbstgebastelten Teleskop zuerst die Dacharbeiter von Sankt Pantaleon bestaunt … und dann erst in die Sterne geschaut. Denn im Wissenschaftsbuch für Kinder stand ja: Teleskope sind zum in die Sterne gucken da und dabei hab ich dann eine völlig neue Welt entdeckt.

  • Welches sind Ihre unvergesslichsten Astroerlebnisse als Hobbyastronom?
Oh mein Gott, soll ich ein Buch schreiben? Mich befriedigt immer noch nach über 30 Jahren die einfache Betrachtung des Himmels und seiner Phänomene – tags wie nachts. Mit möglichst wenig Technik, aber einem optisch perfekten Teleskop stimmen die Bedingungen, dann geht es unter die Haut. Meine Liebligsobjekte sind Sonne, Mond, Planeten. Ich habe schnell herausgefunden, welche Himmelsobjekte besonders schön anzuschauen sind und welche sich im Laufe der Zeit verändern. Denn eine galaxie sieht immer gleich aus, eine Protuberanz auf der Sonne verändert sich in Minuten und die Jupiteratmosphäre innerhalb von Tagen.
  • 1978 fing schon der Fernrohrbau mit einer Papprolle und Omas Ersatzbrille an. Wie ging’s weiter?
Mit gefühlten 50 Papp-, Holz- und Plastikrohr-Bauhaus-Teleskopen. Ich bin in Köln zu Optikern und habe mir mit Hundeblick erbettelt, was zu kriegen war. Die Teleskope wurden nach und nach besser, aber waren immer noch kleiner als heute das einfachste Einsteigerteleskop aus China. Ich wollte aber nicht ein gutes Fernrohr, ich wollte Teleskope basteln. Inspiriert haben mich Bücher aus der Bibliothek und später so ab 16 Jahren aus der Sternwarten-Bibliothek.
  • Wie wurde Ihnen klar, dass Sie auch beruflich Teleskope bauen wollen?
Nach vermutlich zu viel Schwarzwaldklinik und einem grandiosen Mediziner-Test (der war war sehr umstritten zu der Zeit) hab ich studiert, nach einer gewissen Zeit habe ich aber mehr von Sport allert Art (weiteres Hobby) und von Teleskopen geträumt, als von Krankheitsbildern und Fällen. Fast zeitgleich bin ich einigen Teleskophändlern in die Arme gefallen, die sagten: Wir verkaufen, du baust. Zu dem Zeitpunkt war ich um die 30 und meine Fernrohre hatten inzwischen ein profesionelles Niveau und ich kannte jeden Teleskophändler in Deutschland und darüber hinaus. Außerdem habe ich für sie auf Messen gearbeitet und mich als Qualitäts-Spürhund einspannen lassen. Ich kann die Präzision und optische Qualität eines Teleskops mit kleinstem Aufwand und unter widrigen Bedingungen genau diagnostizieren. Muss wohl ’ne Begabung sein.

Matthias Wirths CLT-Tubus im Rohbau; Volkssternwarte Köln

  • Was galt es alles bei der Konstruktion des neuen Volkssternwarten-Teleskops CLT (Cologne Large Telescope) zu beachten?
Ein Teleskop muss ja nicht nur optisch gut sein: Genaue Gläser, hochpräzise gehalten und gefasst ist das eine. Es muss  auch unter den gegebenen Umständen optimal funktionieren. Hier sind Stadtlage, Sternwartenkuppel als Zuhause und der Publikumszuspruch einer öffentlichen Sternwarte zu berücksichtigen. Mit einem starken Motor alleine wird man nicht Weltmeister, Aerodynamik und Straßenlage sind mehr als miteinscheidend. Dies ist meine gern genommene Metapher und die Bedingungen hier auf der Volkssternwarte sind alles andere als einfach.
  • Sind nach fast sechs Monaten nun alle Kinderkrankheiten beseitigt, so dass das neue Teleskop wieder für Besucher bereit steht?
Die meisten Kinderkrankheiten sind beseitigt. Was noch fehlt, kann durch Manpower ausgeglichen werden. Wir müssen die Himmelsobjekte zum Einstellen noch anvisieren, das wird später automatisch gehen. Der Teleskoptubus, den ich gebaut habe, hat allerdings von anfang an funktioniert. Ich bin jedenfalls mit meinem Werk zufrieden. Die Bildqualität, an der mir ja so viel am Herzen liegt, ist sehr gut, und das unter den erschwerten Bedingungen von voller Kuppel bis zur Stadtbeleuchtung.

Matthias Wirth erklärt das CLT bei seiner Einweihung

  • Wie war der Astronomietag 2013? Wollten trotz des grauen Himmels viele Besucher das große Teleskop sehen?
Natürlich, gerade nachdem das neue Sternwarten-Teleskop ja durch die Medien in den Mittelpunkt gerückt wurde. Die Schlange vor der Treppe zur Kuppel riss nicht ab. Ich selbst habe einige der 20-minütigen Teleskopvorführungen gemacht. Auch das weitere Angebot wie Vorträge, Ausstellungen und das Programm für die Kids wurde gut angenommen.
  • Letztes Jahr waren Sie auch mit dem Bau des wohl weltgrößten Apo-Fernglases beschäftigt. Hat der Auftraggeber Sie auch zum Aufbau nach China eingeladen?
Jawoll. Der beste Lohn für die Arbeit ist wohl ein Blick durch das Gerät auf einen Planeten wie Saturn oder Jupiter. Bei der Abnahme des Binos durch den angereisten chinesischen sowie deutschen Händler war ich anwesend und habe sie von meiner Unverzichtbarkeit beim Aufbau in der Nähe von Hongkong überzeugt. Bezahltes Vergnügen mit ein wenig Arbeit die Spaß macht. Ha! ;)
  • Das Apo-Riesen-Bino wurde sogar für das Guiness-Buch der Rekorde angemeldet?
Hab ich von meinem Auftaggeber gehört. Der ist immer sehr findig in solchen Dingen (Händler halt) und hat einen Antrag gestellt: als größtes (Linsen-)Fernglas der Welt. Was meiner Meinung nach auch stimmt. Der Antrag ist angenommen, wird derzeit geprüft und dann schauen wir mal!

Matthias Wirth am Apo-Bino; APM Telescopes, Markus Ludes

  • Nach diesen Großprojekten, was steht denn da als nächstes auf der Liste?
Eine kleine Serie von optisch besonders guten Planetenteleskopen (5 baugleiche Instrumente), die Teleskopausstattung der Terrasse unserer Volkssternwarte bis zum Ende des Jahres und ein großer Maksutov-Cassegrain mit 40cm optischem Durchmesser. Im nächsten Jahr folgt dann ein Spiegelteleskop mit einer 80cm-Optik.
  • Das Universum in einem Satz:

Vielen Dank für das Interview!

20.03.2013

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