Gestern Abend fand im Deutschen Museum Bonn der vorletzte Vortrag zur Heinrich-Hertz-Sonderausstellung statt, wofür als Gastredner der Regensburger Wissenschaftshistoriker Roland Wittje eingeladen wurde. Vor dem alten Bonner Teilchenbeschleuniger waren u.a. der von Hertz in Bonn – seine Berufung an den Rhein kam Dezember 1888 – nachgebaute Parabolspiegel mit drehbarem Polarisationsgitter (rechts) und ein Nachbau von 1995 (Mitte) des Referenten aufgestellt und bereits an Strom angeschlossen.
Vor dem Beginn der Veranstaltung sah man sogar die Amateurfunkstation im Ausstellungsbereich mal in Aktion.
Der Vortrag führte in die damalige Elektrodynamik der Deutschen (Wilhelm Weber) und der Briten (Michael Faraday, James Clerk Maxwell) ein, die schließlich Ende der 1870er Jahre durch seinen Lehrer Hermann von Helmholtz, den „Reichskanzler der Physik“, auf Heinrich Hertz traf. Es wurde die Gedankenwelt und die Herangehensweise des Physikers Hertz sowie der Entwicklungsprozess seiner Experimente geschildert (beginnend im Oktober 1886 als er sich auf’s Wintersemester vorbereitete), mit denen er in Karlsruhe bekanntermaßen zum Nachweis von elektromagnetischen Wellen gelangte: Ein Deutscher hatte ungewollt die gegenteilige Ansicht der Maxwellianer bestätigt, was der britische Physiker Oliver Heaviside 1889 ganz ironisch so kommentierte: „I see that Hertz is not a Maxwellian though he is learning to be one.“ Von der Briten stammt somit ebenfalls der Ausdruck der elektromagnetischen Welle, Hertz hingegen sprach von Strahlen elektrischer Kraft, Fernwirkung, Induktionswellen oder beschrieb sie als sich im Äther ausbreitende Luftwellen.
Der Referent hatte sich 1995 für seine Diplomarbeit mit den bahnbrechenden Versuchen auseinandergesetzt, die Geräte nach Hertz’schem Vorbild nachgebaut und damit die Experimente nachgestellt, um eine Ahnung von der Arbeitsweise des Physikers vor 125 Jahren zu bekommen. Im letzten Drittel des Vortrags folgte dann auch der expertimentelle Teil. Mit einem ebenfalls historischen Funkeninduktor, der auch Teil der Sonderausstellung ist, wurde an den Metallplatten ein Strom von ein paar 1.000 Volt angelegt. In einigem Abstand zu diesem Primärkreis konnte man am kreisförmigen Empfänger bei genauem Hinsehen an der wirklich winzigen Funkenstrecke tatsächlich einen bläulichen Funken springen sehen. Durch Drehung des Empfängers jeweils um 90 Grad ließ sich sogar die Polarisation der erzeugten Funkwelle erkennen. Die Auswirkungen der sprichwörtlich spannenden Vorführung sah man etwa in Form einer nebenstehenden flackernden Lampe und in einer mitgebrachten Neonröhre, die leicht zum Leuchten angeregt wurde – das Mikro wurde schon vorher ausgestöpselt.
Danach folgte der Versuch am originalen und mittlerweile 120 Jahre alten Hertz’schen Parabolspiegel, was selbst für den Wissenschaftshistoriker eine Premiere war. Der sichtbare blaue Funken im Sender entsteht hinter der Befestigung und kann dennoch …
… auf der Rückseite des linken Empfängerspiegels einen kaum sichtbaren Funkensprung erzeugen, was vom Publikum gesehen wurde, aber eine Profikamera nicht festhalten konnte. Das macht deutlich, dass die unsichtbaren Wellen reflektiert werden können, was auf diese Weise ebenfalls Hertz entdeckt hat, und mit dem drehbaren Drahtgitter zeigte sich erneut, dass sie polarisiert sein müssen – sich also merkwürdigerweise nur in einer Ebene ausbreiten.
Der am Hertz’schen Empfängerspiegel zu sehende Funken entstand an der keilförmigen Schneide, die Funkenstrecke an dieser Stelle ist geschätzt nicht mehr als einen Millimeter groß.
In der abschließenden Fragerunde wurde auch der frühe Tod des Physikers mit nur 36 Jahren angesprochen. Wie erläutert wurde, gehen Hertz-Biografen heute davon aus, dass eine Quecksilbervergiftung bei seinen Berliner Versuchen mit Batterien ursächlich ist und nach dem Referenten könnten zusätzlich die ständige Belastung für Auge (anstrengende Beobachtung winziger Funken: „Flimmern vor den Augen“ und „Mühe im Fixieren“) und Ohr (Krach der Induktoren) bei seinen berühmten Karlsruher Experimenten hinzukommen. Ahnungslos folgerte aus den anfänglichen Beschwerden vermutlich eine angeschlagene Gesundheit, weshalb der geniale Physiker anfälliger für Krankheiten war und der Schnupfen, den er sich im Juni 1892 in den feuchten Räumen des Bonner Instituts zuzieht, war dann der Anfang vom Ende. Nach schmerzvollen anderthalb Jahren stirbt er schließlich – wie es heute heißt – durch die klimatischen Verhältnisse im Institutsgebäude.
14.12.2012
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