Archiv für Mai 2012



Volles Programm: Transits im Doppelpack und Sichelpaar am Abend

Wie angekündigt gab es vorgestern (22. Mai) ein großes Astronomieprogramm im Bonner Raum. In gleich zwei Vorträgen zum Thema Transit berichtete zuerst Exoplanetenjäger Artie Hatzes über extrasolare Transitplaneten von Kepler und Corot, anschließend ging es erneut quer durch 400 Jahre Venustransit-Geschichte und als Abschluss wurde noch in kleiner Runde am Abendhimmel die Venus neben der erst 44 Stunden alte Mondsichel beobachtet.

Zwei Tage vor seinem 55. Geburtstag berichtete Artie Hatzes, Deutschlands führender Exoplanetenforscher und Direktor der Tautenburger Sternwarte, beim letzten DLR-Astroseminar 2012 über extrasolare Planeten im Allgemeinen bzw. über die mit Corot und Kepler entdeckten Transitplaneten im Besonderen. In gebrochenem Englisch – der Texaner lebt jetzt seit 12 Jahren in Thüringen – führte er durch den 90-minütigen Vortrag. Unter anderem ging es auch um seine Mitentdeckung des Gesteinsplaneten Corot-7b, dessen Masse immer noch nicht genau genug bestimmt ist (neueste Beobachtungen werden gerade ausgewertet), und seltsamerweise scheint es dort ein Exo-Australien zu geben.

Bei der Vorstellung der beiden Weltraumteleskope brachte Hatzes sogar eine amüsante Verschwörungstheorie ins Spiel, denn genau einen Tag nach dem Start des NASA-Satelliten Kepler im März 2009 fielen beim europäischen Gegenstück zwei CCDs aus und seitdem geht Corot mit nur noch einem CCD-Chip auf Planetensuche. Es hieß außerdem, dass die Entscheidung zur Verlängerung der Corot-Mission noch im Juni fallen soll.

Viele Exoplaneten (26 bestätigt von Corot, 61 bestätigt von Kepler) sind kochende Welten, allerdings so dunkel wie Asphalt bzw. unser Mond.

Und wo versteckt sich weiteres Leben im Universum?

Als Abschluss zeigte der Thüringer Professor sein Lieblingsbild. Die als „Pale Blue Dot“ bekannte Voyager-Aufnahme entstand am Valentinstag 1990 und zeigt die 0,1 Pixel große Erde aus einer Entfernung von über 6 Milliarden Kilometern (42 AE).

Besonders bei der anschließenden Fragerunde kam Hatzes‘ ganze Körpersprache zum Einsatz, dass man sich sogar an einen TV-Comedian erinnert fühlte. Meine Frage wurde ebenso mit vielen Gesten beantwortet. Er erzählte, wie er Ende der 60er Jahre als junger Teenager viel Cream hörte und unbedingt Drummer werden wollte. 1969 verfolgte er das Apollo-Programm und als ihn seine Mutter schon im Juni nach einem Weihnachtsgeschenk fragte, wünschte er sich ein Fernrohr. Weihnachten 1969 kam und als der 12-jährige Artie Hatzes sein großes Geschenk aufmachte und einen weißen langen Tubus entdeckte, sah er seine Zukunft: er wollte Astronom werden. Wäre also das Apollo-Programm nicht gewesen, der heutige Astronom hätte vielleicht eine Laufbahn als Musiker eingeschlagen und wäre Drummer geworden.

Wie mir der Texaner mit griechischen Wurzeln später noch erzählte, handelt es sich bei dem Fernrohr um ein 60mm-Tasco mit 1000mm Brennweite. Den Refraktor besitzt er noch heute – er steht in seinem Büro in Tautenburg – und hat damit sogar den Venustransit 2004 beobachtet. Als Hobbyastronom führte er damals sogar ein Beobachtungsbuch und konnte als Jugendlicher noch die Milchstraße über Austin sehen.

Viele Fragen wurden gestellt, z.b. ging es kurz um den Corot-Nachfolger Plato, wobei der Exoplanetenforscher mutmaßte, ob er dann in naher Zukunft vielleicht schon direkt vom griechischen Strand aus die neuesten Daten analysieren wird. Und wie war das nochmal mit dem Blickwinkel und den Transitplaneten?

Danach ging’s mit Daniel und einem Remscheider Sternfreund von der DLR in Köln direkt zum Argelander-Institut nach Bonn. Die Wartezeit wurde in der Institutsbibliothek verbracht, denn der Venustransit-Vortrag sollte erst um halb 8 beginnen. Stefan hatte ihn schon in Essen gehalten, Paul wenige Tage danach in Bonn und nun folgte das gemeinsame Double-Feature mit der dritten Aufführung ihres Projekts „Transits in Time“. Leider bekam ihr Vortrag nicht die Aufmerksamkeit, die er verdient hätte, für die wenigen Zuhörer wurden die 90 Minuten dennoch vollgepackt mit Himmelsmechanik, Astronomiegeschichte, Keyboard-Klangeinlagen und persönlichen Eindrücken des letzten Venustransits sowie der abschließenden „Transit-Sonate“.

Historische Perönlichkeiten, nur Punkte auf der Weltkarte, kamen sogar selbst zu Wort.

Himmelsmechanik in Noten: mit Sonifikation wird Astronomie hörbar.

Die Sonne mit Venustransit zum Greifen nah.

Paul zeigt wieder seinen Glückstreffer von 2004, ein Foto das eigentlich selbst verrät, wann es nur aufgenommen worden sein kann.

Und nach 90 Minuten folgt als musikalischer Abschluss eine Zeitreise durch 400 Jahre Venustransit – für 400 Sekunden haut Paul nochmal in die Tasten. „Transits in Time“ ist nicht nur eine audiovisuelle Reise mit großen Astronomen durch die Jahrhunderte, auch andere Berühmtheiten der Weltgeschichte bleiben nicht unerwähnt.

Sogar die Titantic tauchte zwischenzeitlich auf.

Eine vierte Aufführung der vertonten Venustransit-Geschichte wird es schon am nächsten Samstag (26. Mai) auf der 31. Planetentagung in Violau geben.

Nach dem Double-Feature ging’s direkt nach draußen auf die Wiese, wo Wilfried schon seinen Refraktor in den abendlichen Himmel richtete. Es war nur leicht bewölkt und so konnten die Zuhörer sogar noch mit eigenen Augen einen Blick auf die schmale Venussichel werfen.

Ich holte auch meinen Richfielder aus dem Auto und zielte auf den Abendstern, der bereits genau in zwei Wochen vor der Sonnenscheibe vorbeiziehen wird.

Die verbleibenden Sternfreunde versuchten mit Fernrohr und Stefans  10×42-Fernglas die ganz junge Mondsichel zu erwischen – ein Sichelpaar in der fortschreitenden Dämmerung.

Und während Daniel grübelte, machte Stefan meinen Refraktor zum Brigde-Richfielder.

Tatsächlich gelang’s mir als erstem die schmale Mondsichel keine zwei Tage nach der Sonnenfinsternis im Okular zu sichten. Anschließend ging’s dann auch mit bloßem Auge. In dem kleinem Bild ist die erst 44 Stunden alte Mondsichel zwischen Venus und heller Laterne nur als hauchdünne Linie zu erkennen, mit der größeren Version geht’s besser. Daniels Bilder des Abends gibt’s hier und hier.

Durch meinen 10x vergrößernden Richfielder ließen sich Venus- und Mondsichel gut ablichten, das Sichelpaar ist hier in etwa richtigem Größenverhältnis dargestellt.

24.05.2012

Neue Entfernung von NGC 2960

Die LINER-Galaxie NGC 2960 (Mrk 1419) im Sternbild Wasserschlange gehört zu 10 Megamaser-Galaxien, mit denen die Hubble-Konstante mit einer Genauigkeit von 3% bestimmt werden soll. Im Rahmen dieses Projekts wurden von Mai 2009 bis Januar 2011 insgesamt 12 Beobachtungen von je 12 Stunden durchgeführt; auch das 100m-Radioteleskop bei Effelsberg kam bei dieser VLBI-Kampagne zum Einsatz. Die Megamaser-Emission von NGC 2960 stammt von einer Edge-on-Gasscheibe, die das zentrale Schwarze Loch mit 10 Millionen Sonnenmassen umgibt; die Scheibenradien liegen bei 0,4 bis 1,2 Lichtjahren. Diese neuen Beobachtungen ermöglichten es auch, die Entfernung der 12,5mag hellen aktiven Galaxien neu auf rund 264 Millionen Lichtjahre zu bestimmen.

Die Wasserdampf-Megamaser-Emission in NGC 2690 wurde vor 10 Jahren ebenfalls mit dem Effelsberger 100m-Radiospiegel nachgewiesen.

23.05.2012

Extreme Planetenatmosphäre von WASP-12b

Sie ist ungefähr doppelt so groß wie Jupiter, vermutlich so schwarz wie Asphalt und mit 3.000 Kelvin kochend heiß wie ein Stern. Das ist die extrasolare Planetenwelt, die in nur 26 Stunden um den Stern WASP-12 kreist. Dieses Bild bestätigen am 11. April 2011 bei 12 Erdumkreisungen durchgeführte Beobachtungen des HST. Die NIR-Daten zeigen, dass die Tagseite des Gasplaneten von 2.700 bis zu 3.200 Kelvin aufgeheizt wird, d.h. der 250.000 Kilometer große Exoplanet ist so heiß wie ein M4- oder M5-Stern. Auf der zum Stern gerichteten Hemisphäre führt dies offensichtlich zur Bildung eines Hot Spots, weshalb der elongierte Gasriese WASP-12b vielleicht wie diese Darstellung zu HD 189733 b aussieht.

Der 11,7mag helle Heimatstern steht im Sternbild Fuhrmann, genau auf einer Linie zwischen 48 und 49 Aur, und außerdem befindet er sich nur 7° nordöstlich des Sternhaufens M 35.

ESA, NASA, Giovanna Tinetti

ESA, NASA, Giovanna Tinetti

23.05.2012

Weitere Galaxien bei z=7 im UltraVista-Feld

Nach der kürzlich gemachten ersten Entdeckung einer 12,9 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie (z=6,944) in der UltraVista-Aufnahme des COSMOS-Feldes, wurde gestern über weitere Funde berichtet. Insgesamt wurden dabei vier neue Emissionslinien-Galaxien mit Rotverschiebungen um z=7 entdeckt, zusätzlich gibt es noch sechs weitere Kandidaten.

Das hier gezeigte Objekt befindet sich an der Position 10 01 52.31 +02 25 42.3 und steht direkt neben einem hellen Stern 12. Größe, einer Galaxie mit 15,0mag sowie vielen weiteren Welteninseln. Der markierte Lichtpunkt ist mit einer Rotverschiebung von z=7,04 ebenfalls 12,9 Milliarden Lichtjahre entfernt.

ESO/UltraVISTA team

23.05.2012

Fotos der Sonnenfinsternis von letzter Nacht

Hier einige sehenswerte Eindrücke der ringförmigen Sonnenfinsternis, die für uns Mitteleuropäer zu nachtschlafender Zeit während der vergangenen Nacht (20./21. Mai) stattfand, und über die Daniel mit einem Live-Blog inkl. Fotos aus aller Welt berichtete. Weitere Galerien mit den schönsten Bildern gibt’s z.b. hier:

„So amazing! First Solar Eclipse for me!“, Elon Gane

Partielle Phase mit Wolkenstrahlen, Elon Gane

Sonnenfinsternis im Monument Valley, Ben Cooper von launchphotography.com

Sonnenuntergang mit Feuerring in Texas, Simon Taghioff

Chromosphäre zur Ringphase in China, James Kevin Ty

Wolken vor der Ringphase, James Kevin Ty

Sonnenfinsternis über San Francisco, Marco Mehl

21.05.2012

9,5mag helle Nova im Schlangenträger

Vor vier Stunden wurde via Twitter über eine Nova-Entdeckung im Sternbild Schlangenträger berichtet. Nach Aufnahmen aus der vergangenen Nacht auf Sonntag hat sie bereits eine Helligkeit von 9,5mag erreicht. Sie befindet sich genau 5,5° westlich des Lagunennebels M 8 an der Position 17 39 56.00 -24 47 42.0.

Leider hat’s sich nach einem klaren Abendhimmel doch leider zugezogen, sonst hätte ich’s mit dem Fernglas mal versucht.

20.05.2012

Supernova in NGC 4424 heißt jetzt 2012cg

Wie schon am Freitag gebloggt, wurde einen Tag zuvor in NGC 4424 eine neue Supernova vom Typ Ia entdeckt, die jetzt offiziell SN 2012cg heißt und mittlerweile bereits heller als 15,0mag ist. Röntgenstrahlung konnte bisher nicht nachgewiesen werden, dafür gelang mit am Freitag aufgenommenen NIR-Spektren eine erste Bestimmung der Expansion der Explosionswolke: Die Mg II-Linie verriert eine Geschwindigkeit der Trümmer des Weißen Zwerges von etwa 15.500 km/s. „It is likely the highest velocity ever reported for this feature“, heißt es in der Meldung, was außerdem bestätigt, dass es sich dabei tatsächlich um eine sehr junge Supernova handelt.

Eine Übersichtsaufnahme von der Nacht auf Samstag zeigt NGC 4424 mit der Supernova neben weiteren hellen Galaxien des Virgohaufens.

20.05.2012

Kepler: Supermerkur mit Gesteinsschweif

Nicht nur extrasolare Jupiter zeigen kometenähnliche Gasschweife wie etwa der Planet bei HD 209458 (7,7mag), so wurde jetzt mit dem Weltraumteleskop

Copyright: MIT

Kepler ein kleiner Gesteinsplanet entdeckt,  der einen Schweif aus verdampfenden Oberflächenmaterial besteht. Durch eine regelmäßige Lichtabschwächung mit einer Periode rund 16 Tagen wurde dieser Planet bei einem 16,0mag schwachen Stern im Sommersternbild Schwan aufgespürt. Das Sternsytem KIC 12557548 befindet sich nur 1° von iota Cyg in der westlichen Flügelspitze entfernt. Der Heimatstern ist 0,7 Sonnenmassen schwer, besitzt die 0,65-fache Größe der Sonne und ist 4.400 Kelvin heiß, so dass es sich dabei um einen kühlen Hauptreihenstern des Spektaltyps K handelt.

Die von Kepler aufgenommene Lichtkurve zeigt ein unregelmäßiges Muster, denn die Helligkeitsänderung variiert zwischen 0,15 bis maximal 1,3%. Zuerst vermutete man einen Stern, der von zwei Planeten umkreist wird. Doch am besten passen die Kepler-Daten, wenn zusätzlich zu einem kleinen Planeten ein Schweif während des Transits sichtbar ist. Der aus Staubteilchen bestehende Strom bildete sich aus verdampfendem Material der 2.000 Kelvin heißen Oberfläche.  Der Planet besitzt ein Zehntel der Erdmasse (oder doppelte Merkurmasse) und ist nur halb so groß wie unser Heimatplanet (etwa so groß wie Mars). Zudem berichten die Forscher in ihrer Arbeit über die mögliche Zusammensetzung des Schweifmaterials und stellen zwei Entwicklungsmodelle des Staubstroms vor.

Copyright: MIT

19.05.2012

Tungunska-Meteorit unter dem See

„It is likely that the mystery of Tunguska is coming to an end.“ Das schrieb Ende April der italienische Astrophysiker Luigi Foschini in seinem Blog und verweist damit auf eine neue Veröffentlichung zum Tunguska-Ereignis von Juni 1908. Etwa 10 Meter unter dem 50 Meter tiefen Cheko-See fand man mit neuesten Bodenuntersuchungen eine Anomalie, bei der es sich vermutlich um den Überrest der großen Tunguska-Explosion handelt. Dieser Fund ist ein weiterer Beleg für die 2007 entstandene Impakttheorie zur Entstehung des Sees. Das unter dem Grund des Sees verborgene Objekt soll nach den italienischen Forschern rund 20 Meter groß sein. Foschini  kam 2008 zu einem ähnlichen Ergebnis und errechnete genau 100 Jahre nach dem Fall eine Impaktorgröße von 7 bis 16 Metern.

19.05.2012

Zoom-Venussichel im Abendrot

Vor zwei Tagen habe ich mich zur Abenddämmerung nochmal mit 14x Zoom auf die Sicheljagd gemacht. Dabei ist mir dieser tolle Venus-Schnappschuss geglückt. Ich tippe mal einfach auf eine Taube aus der Nachbarschaft.

Hier die Venussichel bei voller Auflösung der 14x-Zoomkamera.

Und das komplette Bild zeigt ein kräftiges Abendrot, die Venus ist oberhalb der Bildmitte als heller Punkt zu erkennen. In der größeren Version ist bereits die Sichelform sichtbar.

18.05.2012


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